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Astronomie
Der blutende Bär

In den Nächten des Herbstes nähert sich der mächtige Große Bär wieder dem Nordhorizont. Gegen 23 Uhr steht er am tiefsten - seine Tatzen berühren dann fast den Boden.

Von Dirk Lorenzen | 03.10.2014
    Für die Indianer am Sankt-Lorenz-Strom stellen die drei Deichselsterne des Großen Wagens Jäger dar, die einem gewaltigen Bären nachstellen.
    Der Sage nach tyrannisierte der Bär die Menschen und fraß das Vieh. Als die Jäger den Bären mit Speeren attackierten, konnten sie ihn nur verletzen, aber nicht töten. Denn das Fell des Bären war zu dick.
    Das verwundete Tier floh und die Jäger rannten ihm durch die Wälder immer weiter hinterher bis an den Rand der Welt und schließlich sogar an den Himmel. Dort geht die Jagd seitdem ewig weiter.
    Wenn im Verlauf der Herbstnächte der Bär am Nordosthimmel wieder aufsteigt, tropft Blut aus seinen Wunden auf die Erde - und färbt die Blätter an den Bäumen rot.
    Diese Geschichte korrigiert elegant einen Fehler am Himmel: Denn Braun- oder Eisbären haben nur einen winzigen Schwanz. Die drei Deichselsterne müssen also etwas anderes sein, zum Beispiel Jäger.
    Ein kurioses Objekt im Großen Bären passt ebenfalls zur Indianer-Geschichte. Nahe des linken oberen Sterns im Wagenkasten, also genau am Steiß des Bären, befindet sich Messier 40.
    Der französische Astronom Charles Messier sah offenbar einen Nebel, tatsächlich ist dort aber lediglich ein enger Doppelstern. Vielleicht haben die Jäger den Nebel erwischt...
    Ob verwundet oder nicht: Der Große Bär tapst jetzt nachts über den Nordhimmel - und die Blätter werden wieder rot.