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Atmosphärisches Phänomen
Sonnenaufgang über Nowaja Semlja

Den Winter des Jahres 1596 verbrachte die Expedition des holländischen Seefahrers Willem Barents auf der russischen Doppelinsel Nowaja Semlja im Polarmeer. Bei der Beobachtung der Sonne entdeckte er ein bemerkenswertes optisches Phänomen.

Von Dirk Lorenzen | 24.01.2019
    Sonnenaufgang, beobachtet von der ISS (NASA)
    Nach der Entdeckung Spitzbergens hatten Eismassen die Gruppe zur Überwinterung auf der unwirtlichen Insel gezwungen.
    Am 24. Januar 1597 notierte Gerrit de Veer, der zur Mannschaft gehörte, in seinem Tagebuch, man habe die Sonne über dem Horizont gesehen - drei Tage später sogar als volle große Kugel.
    Eine Halluzination?
    Rein himmelsmechanisch ist das unmöglich. Denn auf der Breite, auf der die Expedition überwinterte, geht die Sonne erst in zwei Wochen auf. Die Beobachtung Gerrit de Veers wurde lange Zeit als Halluzination nach entbehrungsreicher Zeit abgetan. Doch die Berichte stimmen.
    Unsere Sonne erreicht jetzt den höchsten Stand des Jahres
    Die Sonne sorgt beim Auf- und Untergehen für viele skurrile atmosphärische Phänomene (NASA) (SDO / NASA)
    Liegen in der Atmosphäre Schichten wärmerer Luft über kalten Luftmassen - Meteorologen sprechen von Inversion - so kommt es zu bemerkenswerten optischen Phänomenen. Die Luftschichten wirken wie "Kanäle", die das Licht der deutlich unter dem Horizont stehenden Sonne nach oben leiten.
    Optisches Phänomen
    Das Bild der Sonne ist dann meist stark verformt, geradezu zerfasert. Manchmal erscheint die Sonne nur als heller Strich genau auf dem Horizont, zum Teil aber auch als stark gestauchtes, fast rechteckiges Bild.
    Wenn alles perfekt passt, kann die Sonne auch kreisrund am Himmel leuchten, obwohl sie noch drei Grad unter dem Horizont steht - so wie von Gerrit de Veer beobachtet. In Anerkennung seiner Entdeckung heißt dieses Phänomen inzwischen "Nowaja Semlja-Effekt".