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Atom-Endlager
Die Suche beginnt von vorn

Die Endlagerkommission soll das Standortauswahlgesetz überprüfen und Kriterien für die Endlagersuche festlegen. Sie wird öffentlich tagen, um Transparenz herzustellen, und sie soll, wenn es irgend geht, im Konsens zu Ergebnissen kommen. Dass zwei Jahre dafür knapp bemessen sind, räumt auch der Bundestagspräsident ein und stellt eine Verlängerung in Aussicht.

Von Christel Blanke | 22.05.2014
    Ein Bauarbeiter, von hinten zu sehen, geht einen langen, runden, betonierten Gang entlang. An dessen Wänden verlaufen Rohre und Kabel.
    Im französischen Bure (Lothringen) hat die zuständige Behörde bereits den Bau eines Atommüllendlagers empfohlen. (dpa/picture alliance//ncy)
    Bundestagspräsident Norbert Lammert machte kein Hehl daraus, dass er die beiden Vorsitzenden der Endlagerkommission nicht um ihre Posten beneidet. Es gibt gemütlichere Aufgaben, sagte der CDU-Politiker zu Beginn der konstituierenden Sitzung des Gremiums. Und an die 32 Kommissionsmitglieder richtete Lammert den Appell, zwar gründlich, aber nicht ewig zu arbeiten. Die Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses wachse nicht mit der Dauer der Beratungen, so der Bundestagspräsident. Die Sorge ist nicht unbegründet.
    Seit Jahrzehnten wird um die Endlagerung hoch radioaktiven Mülls in Deutschland gestritten. Und die Fronten finden sich in der Kommission wieder. Je sechs Politiker aus Bund und Ländern sind vertreten. Außerdem acht Wissenschaftler, und je zwei Vertreter aus Umweltverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und der Wirtschaft. Den Vorsitz teilen sich der frühere Umweltstaatssekretär Michael Müller, SPD, und Ursula Heinen-Esser, die das gleiche Amt für die CDU innehatte. In einem sind sich die beiden auf jeden Fall schon einmal einig:
    "Michael Müller hat einen schönen Dreiklang geprägt und gesagt, dass wir uns aus der Tagespolitik raushalten sollen, dass wir offen zueinander sein sollen und das wir Vertrauen zueinander haben sollen. Aber der wichtigste Punkt ist, dass man sich erst einmal auch gegenseitig zuhört."
    Binnen zwei Jahren soll die Kommission Kriterien für die Suche nach einem Endlagerstandort entwickeln. Dazu gehören Sicherheitsfragen ebenso wie die Auswahl eines Wirtsgesteins. In Frage kämen Salz, Granit oder Ton. Mögliche Standorte soll die Kommission nicht benennen. Doch der Salzstock in Gorleben dürfte immer wieder Thema sein. Das Standortauswahlgesetz sieht vor, dass Gorleben Teil der Suche sein soll. Der Vorsitzende Müller und die Vertreter der Umweltverbände möchten das ändern. Doch der Salzstock sollte nicht aus politischen Gründen ausgeschlossen werden, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, SPD:
    "Politische Vorfestlegungen würden ja bedeuten, dass jeder denkbare andere Standort auch nicht mehr tatsächlich mit wissenschaftlichen Kriterien dann begründbar durchsetzbar wäre."
    Weil Gorleben im Topf bleiben soll, boykottieren diverse Umweltverbände und Bürgerinitiativen die Kommission. Erst nach langen Diskussionen erklärten sich der BUND und die Deutsche Umweltstiftung zur Mitarbeit bereit. Allerdings unter Vorbehalt, so Jörg Sommer, Vorstandschef der Umweltstiftung:
    "Wenn wir merken, der Prozess wird nicht partizipativ, die Bürger sollen nicht eingebunden werden, es läuft am Ende alles wieder auf Gorleben raus, wenn das also alles so einen Art Mitmachtheater werden soll, dann sind wir auch sehr schnell wieder weg."
    Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation ausgestrahlt lehnt die Kommission dagegen nach wie vor rundweg ab:
    "Das sind dann doch wieder die alten Gorleben-Seilschaften in dieser Kommission. Die Parteien sind völlig überrepräsentiert, die Atomlobby ist stark vertreten. Von daher habe ich nicht das Vertrauen, dass diese Kommission wirklich Ergebnisse erarbeitet, die diesen gesellschaftlichen Konflikt überwinden können."
    Die Kommission soll das Standortauswahlgesetz überprüfen und Kriterien für die Endlagersuche festlegen. Sie wird öffentlich tagen, um Transparenz herzustellen, und sie soll, wenn es irgend geht, im Konsens zu Ergebnissen kommen. Dass zwei Jahre dafür knapp bemessen sind, räumt auch der Bundestagspräsident ein und stellt eine Verlängerung in Aussicht. Aber nur, wenn es dafür nachvollziehbare Gründe gibt.