Diskussion über Verteidigungsausgaben
Auch Bundeskanzler Merz gegen Fixierung auf Fünf-Prozent-Ziel

In der Diskussion über die deutschen Militärausgaben hat sich auch Bundeskanzler Merz gegen einer Festlegung auf ein bestimmtes Prozente-Ziel ausgesprochen. Im ZDF sagte Merz, statt über Prozentzahlen des Bruttoinlandsprodukts zu diskutieren, sollte es mehr um konkrete militärische Fähigkeiten gehen.

    Mehrere im Bau befindliche Pumas in olivgrüner Farbe stehen nebeneinander in der Halle.
    Deutschland will mehr für Rüstung ausgeben. Über ein konkretes Prozentziel wird aber diskutiert. (picture alliance / dpa / Philipp Schulze)
    Der Kanzler fügte hinzu, es sei notwendig, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft verteidigen zu können. Derzeit sieht das NATO-Ziel jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Deutschland hält dieses Ziel ein.
    Entzündet hatte sich die Diskussion an einer Äußerung von Bundesaußenminister Wadephul vor dem gestrigen Treffen der NATO-Außenminister in der Türkei. Merz' CDU-Kollege hatte gesagt, Deutschland unterstütze den Vorschlag von US-Präsident Trump nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung.

    Widerspruch von Pistorius und Klingbeil

    Von den SPD-Ministern Pistorius und Klingbeil kam prompt Widerspruch: Wie Merz sprach sich auch Verteidigungsminister Pistorius gegen eine Festlegung auf fünf Prozent aus. Er sagte, entscheidender als die Prozentzahl sei, dass die NATO-Fähigkeitsziele erfüllt würden. Ähnlich äußerte sich Bundesfinanzminister Klingbeil. Er sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", er rate dazu, dass jetzt niemand vorpreschen und über Zahlen spekulieren sollte. Im Juni werde es beim nächsten NATO-Gipfel eine gemeinsame Linie geben. Das werde die Richtschnur für die Bundesregierung sein, fügte der SPD-Vorsitzende hinzu.

    "Glatter Irrsinn"

    Andere Vertreter der SPD reagierten heftiger auf Wadephuls Äußerungen: Der Bundestagsabgeordnete und Außenpolitiker Stegner sagte dem Magazin "Stern": "Es wäre glatter Irrsinn, wenn wir bei solchen Beträgen landen würden." Zwar müsse man mehr tun, das sei klar. Dafür hätten Union und SPD auch die Schuldenbremse für Sicherheitsausgaben gelockert. "Aber fünf Prozent, das kann man sich nicht vorstellen. Ich fände es auch falsch und bin sicher, dass das nicht kommen wird", betonte Stegner. Der SPD-Außenpolitiker Ahmetovic warnte Wadephul vor vorschnellen Festlegungen.

    "Prozent-Fetischismus"

    Harte Kritik kam auch von den Oppositionsparteien. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Düring, sprach gegenüber dem "Spiegel" von einem - Zitat - "Prozent-Fetischismus" in der Debatte. "Sicherheit im Bündnis entsteht nicht durch das Erfüllen starrer Quoten, sondern durch verlässliche Beiträge, die sich am tatsächlichen Bedarf orientieren", sagte Düring.
    Linken-Fraktionschef Pellmann meinte, es sei "ein verheerender Einstieg von Außenminister Wadephul, die bereits exorbitanten Militärausgaben noch weiter erhöhen zu wollen". Die Bundesregierung könne nicht "dringend gebrauchten Entlastungen für mittlere und kleine Einkommen mit dem Finanzierungsvorbehalt" abmoderieren und gleichzeitig "fast unbegrenzte finanzielle Mittel für Aufrüstung" bereitstellen.
    Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Boehringer, nannte fünf Prozent Verteidigungsausgaben "praktisch nicht finanzierbar". Denn dies wären für Deutschland jährlich rund 220 Milliarden Euro, sagte Boehringer dem Sender "Welt TV". Dass Wadephul Trumps Fünf-Prozent-Forderung "eins zu eins ohne jede Verhandlung" übernehme, sei "komplett absurd".

    CSU-Chef Söder unterstützt Wadephul

    Unterstützung bekam der Bundesaußenminister hingegen vom CSU-Vorsitzenden Söder. Dieser sagte nach einem Treffen mit Vertretern der Verteidigungsindustrie in München: "3,5 Prozent - der harte Kern wird mindestens das sein, was wir investieren müssen, möglicherweise sogar mit Ergänzung auf bis zu fünf Prozent. Er gehe aber davon aus, dass die Nato bei jenen 3,5 Prozent landen werde, da ja auch die USA keine fünf Prozent investierten. "Das finde ich, ist machbar, das ist schaffbar, das müssen wir auch tun, und zwar ohne Tricks, sondern mit Klarheit."

    Lob vom NATO-Generalsekretär

    NATO-Generalsekretär Rutte begrüßte die Äußerungen Wadephuls. Er sagte zum Abschluss der Beratungen der NATO-Außenminister im türkischen Antalya, die Bundesregierung nehme hier eine führende Rolle ein. Die Steigerung der Ausgaben für die Sicherheit sei dringend erforderlich. Allerdings halten auch in der NATO viele Länder fünf Prozent reine Verteidigungsausgaben für unrealistisch. Vergangene Woche war ein Vorschlag Ruttes bekannt geworden, wonach die Mitgliedsstaaten bis spätestens 2032 ihre Militärausgaben auf 3,5 Prozent des BIP sowie verteidigungsbezogene Ausgaben auf 1,5 Prozent des BIP steigern sollen.
    Diese Nachricht wurde am 16.05.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.