Hans Peter Probst: Am Telefon ist Rolf Peffekoven, er ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften in Mainz und hat dem Sachverständigenrat angehört. Guten Tag.
Rolf Peffekoven: Guten Tag, Herr Probst.
Probst: Ein Wachstum zwischen 1,5 und zwei Prozent, im Schnitt 1,7 zugrunde gelegt für das laufende Jahr, das ist auf jeden Fall deutlich mehr als in den letzten Jahren, es geht also aufwärts. Aber kann man schon von einem Aufschwung reden?
Peffekoven: Es geht sicher aufwärts, und das ist auch erfreulich, aber 1,7 Prozent, wenn sie denn zustande käme, das ist eben eine Wachstumsrate, die nicht ausreicht, um die wirklichen Probleme unserer Volkswirtschaft zu lösen. Das Hauptproblem ist ja nach wie vor die hohe Arbeitslosigkeit, und da zeigt sich ja, auch wenn wir ein Wachstum von 1,7 erreichen würden, wird es im Grunde bei der hohen Arbeitslosigkeit über vier Millionen auch im nächsten Jahr bleiben. Und das ist das einzig Betrübliche an der Prognose.
Probst: Eines der Probleme schient auch zu sein, dass die wirtschaftlichen Impulse vorrangig weiter nur aus dem Ausland kommen, die Binnenkonjunktur also nicht in Fahrt kommt.
Peffekoven: Genau so ist es. Wir profitieren im Augenblick von der Entwicklung der Weltwirtschaft, und hier wird insbesondere eine starke Zunahme des Welthandels prognostiziert. Als ein exportorientiertes Land werden wir davon natürlich Vorteile haben. Das Problem wird sein, dass gerade diese Entwicklung natürlich unter einem Risiko steht, unter dem einer weiteren Aufwertung des Eurowechselkurses, was die Exporte erschweren würde. Deshalb wäre es gut, wenn wir Sorge dafür tragen würden, dass auch die Binnennachfrage in Deutschland angeregt wird und das sieht leider bisher nicht positiv aus, und da wird auch die Wirtschaftspolitik ihrer Hauptaufgabe haben, in Deutschland endlich die schlechte Stimmung zu beseitigen, dass Konsumenten und Investoren wieder Vertrauen in die weitere Entwicklung bekommen. Es kann sehr wohl möglich sein, dass wir sehr bald dann auf die binnenwirtschaftlichen Kräfte angewiesen sind.
Probst: Mehr ein psychologisches Problem, dass die Bürger Kaufzurückhaltung weiter üben, verunsichert sind wegen der Reformen und der dadurch auf sie zukommenden Belastungen?
Peffekoven: Ich bin seit einiger Zeit der Meinung, dass wir nicht in der Hauptsache ein Konjunkturproblem in Deutschland haben, sondern ein Problem, dass wichtige Strukturreformen nach wie vor nur schleppend verwirklicht werden und das große Problem, dass wir ein kaum noch vorhandenes Vertrauen in die Finanz- und Wirtschaftspolitik haben. Und so lange das nicht der Fall ist, werden Investoren und Konsumenten nicht bereit sein, sich in längerfristigen Anschaffungen, Engagements und Investitionen festzulegen. Das wird eben die Entwicklung bei Konsum und Investition wohl auch in diesem Jahr weiter beeinträchtigen und insofern bleibt es dabei: wenn es zu diesem Aufschwung kommt, ist er vom Ausland initiiert.
Probst: Das Erstaunliche dabei ist ja, dass sich dies trotz der beiden vorgezogenen Steuerreformstufen so einstellt, Angstsparen gewissermaßen, denn das Geld scheint ja vorhanden zu sein.
Peffekoven: Nun war das, was als Steuerentlastung Anfang des Jahres vorgesehen war, mit 9 Milliarden ein sehr geringer Betrag, das sind noch nicht einmal 0,4 oder 0,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Davon kann man sicher keine Stärkung der Binnennachfrage erwarten. Das ist vielleicht ein Beitrag zu seiner Entwicklung von 0,1 Prozent. Was wir bräuchten, wäre eine stärkere Steuerentlastung und dringend eine Steuerreform mit Entlastung in Deutschland, und für mich war überraschend, dass auch der Bundesfinanzminister und der Wirtschaftsminister dazu wenig gesagt haben, er muss mit diesem Jahreswirtschaftbericht Stellung nehmen und das wird er auch getan haben. Zu dem Gutachten des Sachverständigenrates, der als die beiden wichtigsten Probleme in Deutschland die Sanierung des Staatshaushaltes und eine Reform des Steuersystems auch im Titel des Gutachtens angesprochen und dazu müsste die Bundesregierung nun konkrete Vorschläge vorlegen.
Probst: Da wogt ja noch der Streit zwischen Regierungslager und Opposition hin und her, wer denn was vorzulegen hat. Sie sagten eben, wenn das prognostizierte Wachstum dann so eintritt in der Tat, könnte sich dann auch bei uns das Phänomen einstellen, was man "jobless growth" nennt, also dass wir ein wirtschaftliches Wachstum haben, ohne dass es auch nur nennenswert neue Arbeitsplätze gibt.
Peffekoven: Das sagen die Zahlen, die mir als Wirtschaftsbericht vorgelegt worden sind, das ist auch schon zuvor von den Forschungsinstituten und dem Sachverständigenrat bei ihren Prognosen so gesehen worden. Wir werden zwar erfreulicherweise ein Wachstum haben - im letzten Jahr haben wir Stagnation gehabt - dann ist 1,7 Prozent natürlich schon ein erfreulicher Fortschritt, aber das geht praktisch am Arbeitsmarkt vorbei und ist erneut ein Hinweis darauf, dass wir in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt nicht so sehr konjunkturelle als vielmehr strukturelle Probleme haben, und wir brauchten, um einen Effekt auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, sicher höhere Wachstumsraten als 1,7. Die 1,7 Prozent werden uns auch nicht viel dabei helfen, die Staatshaushalte ins Gleichgewicht zu bringen. Die relativ hohe Verschuldung - drittes Jahr in Folge über dem Grenzwert, den der Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgibt - dafür braucht man mehr Wachstum, wenn man diese Probleme in den Griff bekommen will.
Probst: Nun waren ja die Prognosen, wenn man mal über die letzten beiden Jahre, vor allen Dingen letztes Jahr zurückdenkt, immer sehr mit Risikofaktoren und Unsicherheit behaftet und mussten auch praktisch ständig nach unten korrigiert werden. Wenn Wirtschaft zum großen Teil auch Psychologie ist, spielen denn dann solche Vorhersagen, wie sie jetzt im Jahreswirtschaftsbericht getroffen werden, überhaupt in der Wirtschaft noch eine relevante Rolle?
Peffekoven: Prognosen sind immer Voraussagen unter ganz bestimmten Bedingungen und wenn diese später nicht eintreten, können auch die Prognosen nicht verwirklicht werden. Es gibt nach wie vor auch bei dieser Prognose Risiken, den einen Punkt habe ich schon angesprochen, das ist eben die Entwicklung in der Weltwirtschaft, auch die des Eurowechselkurses und dann sind natürlich auch politische Entwicklungen - kommt es wieder zu Anschlägen, Kriegen oder was auch immer. Aber ich denke, es ist doch ein gutes Zeichen, dass diese Prognose nicht nur von der Regierung getragen wird, sondern von den meisten, die sich mit Prognosen beschäftigen und ich denke auch, dass das ein gewisses Vertrauen in der Wirtschaft stärken kann. Es ist ja gerade heute auch der neueste IFO-Index veröffentlicht worden, auch der zeigt an, dass das Vertrauen gestiegen ist und das ist sicher eine gute Voraussetzung, aber keine Garantie dafür, dass nun auch diese positive Entwicklung zustande kommt.
Probst: Zum Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung war das Rolf Peffekoven, er ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften in Mainz und hat dem Sachverständigenrat angehört. Danke.
Peffekoven: Bitteschön, Herr Probst.
Rolf Peffekoven: Guten Tag, Herr Probst.
Probst: Ein Wachstum zwischen 1,5 und zwei Prozent, im Schnitt 1,7 zugrunde gelegt für das laufende Jahr, das ist auf jeden Fall deutlich mehr als in den letzten Jahren, es geht also aufwärts. Aber kann man schon von einem Aufschwung reden?
Peffekoven: Es geht sicher aufwärts, und das ist auch erfreulich, aber 1,7 Prozent, wenn sie denn zustande käme, das ist eben eine Wachstumsrate, die nicht ausreicht, um die wirklichen Probleme unserer Volkswirtschaft zu lösen. Das Hauptproblem ist ja nach wie vor die hohe Arbeitslosigkeit, und da zeigt sich ja, auch wenn wir ein Wachstum von 1,7 erreichen würden, wird es im Grunde bei der hohen Arbeitslosigkeit über vier Millionen auch im nächsten Jahr bleiben. Und das ist das einzig Betrübliche an der Prognose.
Probst: Eines der Probleme schient auch zu sein, dass die wirtschaftlichen Impulse vorrangig weiter nur aus dem Ausland kommen, die Binnenkonjunktur also nicht in Fahrt kommt.
Peffekoven: Genau so ist es. Wir profitieren im Augenblick von der Entwicklung der Weltwirtschaft, und hier wird insbesondere eine starke Zunahme des Welthandels prognostiziert. Als ein exportorientiertes Land werden wir davon natürlich Vorteile haben. Das Problem wird sein, dass gerade diese Entwicklung natürlich unter einem Risiko steht, unter dem einer weiteren Aufwertung des Eurowechselkurses, was die Exporte erschweren würde. Deshalb wäre es gut, wenn wir Sorge dafür tragen würden, dass auch die Binnennachfrage in Deutschland angeregt wird und das sieht leider bisher nicht positiv aus, und da wird auch die Wirtschaftspolitik ihrer Hauptaufgabe haben, in Deutschland endlich die schlechte Stimmung zu beseitigen, dass Konsumenten und Investoren wieder Vertrauen in die weitere Entwicklung bekommen. Es kann sehr wohl möglich sein, dass wir sehr bald dann auf die binnenwirtschaftlichen Kräfte angewiesen sind.
Probst: Mehr ein psychologisches Problem, dass die Bürger Kaufzurückhaltung weiter üben, verunsichert sind wegen der Reformen und der dadurch auf sie zukommenden Belastungen?
Peffekoven: Ich bin seit einiger Zeit der Meinung, dass wir nicht in der Hauptsache ein Konjunkturproblem in Deutschland haben, sondern ein Problem, dass wichtige Strukturreformen nach wie vor nur schleppend verwirklicht werden und das große Problem, dass wir ein kaum noch vorhandenes Vertrauen in die Finanz- und Wirtschaftspolitik haben. Und so lange das nicht der Fall ist, werden Investoren und Konsumenten nicht bereit sein, sich in längerfristigen Anschaffungen, Engagements und Investitionen festzulegen. Das wird eben die Entwicklung bei Konsum und Investition wohl auch in diesem Jahr weiter beeinträchtigen und insofern bleibt es dabei: wenn es zu diesem Aufschwung kommt, ist er vom Ausland initiiert.
Probst: Das Erstaunliche dabei ist ja, dass sich dies trotz der beiden vorgezogenen Steuerreformstufen so einstellt, Angstsparen gewissermaßen, denn das Geld scheint ja vorhanden zu sein.
Peffekoven: Nun war das, was als Steuerentlastung Anfang des Jahres vorgesehen war, mit 9 Milliarden ein sehr geringer Betrag, das sind noch nicht einmal 0,4 oder 0,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Davon kann man sicher keine Stärkung der Binnennachfrage erwarten. Das ist vielleicht ein Beitrag zu seiner Entwicklung von 0,1 Prozent. Was wir bräuchten, wäre eine stärkere Steuerentlastung und dringend eine Steuerreform mit Entlastung in Deutschland, und für mich war überraschend, dass auch der Bundesfinanzminister und der Wirtschaftsminister dazu wenig gesagt haben, er muss mit diesem Jahreswirtschaftbericht Stellung nehmen und das wird er auch getan haben. Zu dem Gutachten des Sachverständigenrates, der als die beiden wichtigsten Probleme in Deutschland die Sanierung des Staatshaushaltes und eine Reform des Steuersystems auch im Titel des Gutachtens angesprochen und dazu müsste die Bundesregierung nun konkrete Vorschläge vorlegen.
Probst: Da wogt ja noch der Streit zwischen Regierungslager und Opposition hin und her, wer denn was vorzulegen hat. Sie sagten eben, wenn das prognostizierte Wachstum dann so eintritt in der Tat, könnte sich dann auch bei uns das Phänomen einstellen, was man "jobless growth" nennt, also dass wir ein wirtschaftliches Wachstum haben, ohne dass es auch nur nennenswert neue Arbeitsplätze gibt.
Peffekoven: Das sagen die Zahlen, die mir als Wirtschaftsbericht vorgelegt worden sind, das ist auch schon zuvor von den Forschungsinstituten und dem Sachverständigenrat bei ihren Prognosen so gesehen worden. Wir werden zwar erfreulicherweise ein Wachstum haben - im letzten Jahr haben wir Stagnation gehabt - dann ist 1,7 Prozent natürlich schon ein erfreulicher Fortschritt, aber das geht praktisch am Arbeitsmarkt vorbei und ist erneut ein Hinweis darauf, dass wir in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt nicht so sehr konjunkturelle als vielmehr strukturelle Probleme haben, und wir brauchten, um einen Effekt auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, sicher höhere Wachstumsraten als 1,7. Die 1,7 Prozent werden uns auch nicht viel dabei helfen, die Staatshaushalte ins Gleichgewicht zu bringen. Die relativ hohe Verschuldung - drittes Jahr in Folge über dem Grenzwert, den der Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgibt - dafür braucht man mehr Wachstum, wenn man diese Probleme in den Griff bekommen will.
Probst: Nun waren ja die Prognosen, wenn man mal über die letzten beiden Jahre, vor allen Dingen letztes Jahr zurückdenkt, immer sehr mit Risikofaktoren und Unsicherheit behaftet und mussten auch praktisch ständig nach unten korrigiert werden. Wenn Wirtschaft zum großen Teil auch Psychologie ist, spielen denn dann solche Vorhersagen, wie sie jetzt im Jahreswirtschaftsbericht getroffen werden, überhaupt in der Wirtschaft noch eine relevante Rolle?
Peffekoven: Prognosen sind immer Voraussagen unter ganz bestimmten Bedingungen und wenn diese später nicht eintreten, können auch die Prognosen nicht verwirklicht werden. Es gibt nach wie vor auch bei dieser Prognose Risiken, den einen Punkt habe ich schon angesprochen, das ist eben die Entwicklung in der Weltwirtschaft, auch die des Eurowechselkurses und dann sind natürlich auch politische Entwicklungen - kommt es wieder zu Anschlägen, Kriegen oder was auch immer. Aber ich denke, es ist doch ein gutes Zeichen, dass diese Prognose nicht nur von der Regierung getragen wird, sondern von den meisten, die sich mit Prognosen beschäftigen und ich denke auch, dass das ein gewisses Vertrauen in der Wirtschaft stärken kann. Es ist ja gerade heute auch der neueste IFO-Index veröffentlicht worden, auch der zeigt an, dass das Vertrauen gestiegen ist und das ist sicher eine gute Voraussetzung, aber keine Garantie dafür, dass nun auch diese positive Entwicklung zustande kommt.
Probst: Zum Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung war das Rolf Peffekoven, er ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften in Mainz und hat dem Sachverständigenrat angehört. Danke.
Peffekoven: Bitteschön, Herr Probst.