Mittwoch, 15. Mai 2024

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Augen zu und Haken dran

An drei Stellen wurde über den Vertrag zur Bildung der großen Koalition entschieden. Ob in Berlin, in München oder in Karlsruhe: In allen Parteien gab es heftiges Gegrummel, oft auch offene Kritik an den Vereinbarungen. Was genau war auf den Parteitagungen zu hören und wie verlaufen die Argumentationslinien?

Redakteur am Mikrophon: Bernd Kallina | 14.11.2005
    Zunächst zur CDU. Hier hat sich Mandy Schielke bei den Delegierten umgehört:

    "Ich bin sehr zufrieden, weil ich glaube, dass das Wichtigste ist, dass die Koalition überhaupt zustande kommt und dass wir eine Öffnung haben für eine neue Politik. Das müssen wir jetzt mit Fleisch füllen und ausgestalten, und da traue ich Angela Merkel, wenn sie Kanzlerin ist, sehr, sehr viel zu.

    Ich denke, dass im Bereich Arbeitsmarkt noch etwas mehr hätte verhandelt werden können, aber da stand die SPD vor und die Gewerkschaften. Insofern muss ich sagen, der Steuerteil ist nicht verkehrt. Er gefällt mir gut. Die Unternehmenssteuerreform wird kommen. Bis dahin werden die degressiven Abschreibungen wieder erhöht, wie sie mal vor 2000 unter unserer Regierung auch waren. Ich denke das ist ein Investitionsanreiz und wird Arbeitsplätze schaffen.

    Mehr als über einzelne Punkte freue ich mich darüber, dass es in den Wochen der Verhandlungen gelungen ist, mit einer Reihe von Sozialdemokraten ein wirklich vertrauensvolles Verhältnis zu gewinnen und viele Gräben des Wahlkampfes zu überwinden. Wenn sich jetzt die beiden Großen, die sich so lange bekämpft haben, zusammentun und wirklich partnerschaftlich miteinander arbeiten, haben wir die Chance. Ich sage nicht, dass es unbedingt so kommen wird, aber wir haben die Chance, dass es aufwärts geht.

    Was wir an dem Koalitionsvertrag nicht so gefällt, ist die Debatte über den Türkei-Beitritt in die EU. Mir fehlt die eindeutige Aussage zur privilegierten Partnerschaft. Man ist da sehr weit gegangen.

    Ja, es ist ein Kompromiss, aber ich glaube, ich bin am zufriedensten mit dem Teil der Entbürokratisierung, dass wir das anpacken wollen und dass es die Bundesregierung mit anpacken will, dass man also die EU-Normen eins zu eins übernimmt, aber gleichzeitig überlegt, was können wir im Bund und in den Ländern vereinfachen.

    Ich bin mit dem, was erreicht worden ist im Rahmen der Möglichkeiten, zufrieden. Das ist unstrittig. Man hätte sich hier und da etwas anderes gewünscht, aber der Wähler hat so entschieden und dementsprechend haben wir eine Koalition der Vernunft. Deswegen sollte man mit dem Erreichten zunächst zufrieden sein und hoffen, dass es möglichst schnell wirkt.

    Mich ärgert zum Beispiel, dass wir die Steuersenkungspartei waren und von Steuersenkungen jetzt keine Rede mehr ist und wir den Bürgern stattdessen in die Tasche greifen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Haushaltslage innerhalb der letzten acht Wochen so dramatisch verändert hat. Das ärgert mich so ein bisschen, dass das aus dem Wahlkampf plötzlich nicht mehr stimmt.

    Besonders zufrieden bin ich damit, dass man im Haushaltsbereich klar auf den Tisch gelegt hat, wo die Probleme liegen und dass wir wirklich große Schulden haben in Deutschland. Die Unterschrift der SPD unter dem Koalitionsvertrag zeigt ja dann eigentlich auch, dass die SPD feststellt, dass die letzten sieben Jahre eben doch nicht so erfolgreich waren, wie sie immer behauptet haben."

    Soweit das Stimmungsbild aus der CDU. Bei der SPD ist der Weg in die Große Koalition besonders schmerzlich, verliert sie doch nicht nur das Kanzleramt, sondern mit Müntefering einen – vor allem an der Parteibasis - besonders geschätzten Parteivorsitzenden. Stimmen von Parteitagsdelegierten, gesammelt von meinem Kollegen Hans-Jürgen Bartsch:

    "Ja gut, es sind ein paar Kröten dabei. Die drei Prozent Mehrwertsteuer sicherlich eine Geschichte. Die Frage Pendlerpauschale ist sicherlich für einige Leute schwer zu verkraften. Es sind andere Punkte, die wahrscheinlich der CDU sehr schwer gefallen sind. Aus meiner Sicht trägt das Ding weder eine sozialdemokratische Handschrift noch eine christdemokratische Handschrift. Ich glaube wenn man alles abwägt, ist es ein halbwegs fairer Kompromiss.

    Kompromisse sind überall notwendig und bei so zwei gegensätzlichen Parteien geht es in Ordnung.

    Ich bin nicht so zufrieden, weil die strukturellen Probleme ausgeklammert sind und man jetzt im Grunde genommen die Staatskasse füllt und mit den grundlegenden Fehlern weitermacht. Da muss noch was nachgelegt werden.

    Wir haben die ganze Zeit Wahlkampf gemacht gegen die Merkel-Steuer. Das tut schon weh. Auf der anderen Seite, wo sonst hätten Kürzungen stattgefunden, das hätte gerade die Renten auch getroffen. Wenn man dann wirklich zu Rentenkürzungen gegriffen hätte, das wäre es nicht gewesen. Von daher ist das dann unter den Kröten immer noch die kleinste sozusagen. Die Basis auf dem Parteitag war ganz klar, die klare Diskussion, also Leute, das könnt ihr doch nicht machen, weil es natürlich eine Frage der Glaubwürdigkeit ist.

    Na ja, es ist ein Kompromiss. Jeder hat was dafür bezahlt, jeder hat was dafür bekommen. Und unter uns: die Sozialdemokraten fahren da deutlich besser mit als die Christdemokraten.

    Dem kleinen Mann wird wieder mehr in die Tasche gegriffen als dem großen. Das ist so das Ergebnis, was ich empfinde und was ich denke, was es einfach ist."

    Frage:
    "Aber nun hat doch gerade Ihre Partei die Reichensteuer durchgesetzt?

    Die Reichensteuer in Anführungsstrichen. Ich hätte mir mehr gewünscht. Was dabei rumkommt glaube ich ist nicht gerade sehr viel. Wenn für die Renten ein bisschen mehr übrig bleibt, dass man das Rentenalter auch nicht hochsetzt. Ich meine das gleicht ja auch einer Rentenkürzung zum Beispiel würde ich sagen, dass man das Augenmerk mehr darauf gelenkt hätte. – Nur was ich natürlich nicht verstehe auf der anderen Seite ist, dass die Unternehmen jede Menge Gewinne einfahren und ihre Angestellten und Mitarbeiter entlassen. Ich weiß auch nicht, wie man das in den Griff kriegen könnte.

    Es wird eine Rahmenbedingung geschaffen, so dass die Betriebe, die Unternehmen bei ihren Entscheidungen nicht darauf verweisen können, sie sind in einer schwierigen Situation, denn wir haben grundsätzlich die Situation, dass die Belastung für die Betriebe nicht so dramatisch hoch ist, wie das immer dargestellt wird, und wir sind in der Lage, aufgrund der Belastung, die relativ gering ist, doch einen sozialen Rahmen zu bieten, der hier auch soziale Sicherheit bietet. Zu investieren in einem Bereich mit sozialer Unsicherheit, passiert nicht. Das kennen wir. Und aus dem Grunde wird hier auch ein Rahmen geschaffen, der es möglich macht zu investieren."

    Die Stimmung in der SPD. Auch die CSU ging ein wenig gerupft aus den Koalitionsverhandlungen hervor. Die wechselnden Entscheidungen des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber prägten die Stimmung in der CSU, wo unsere Korrespondentin Barbara Roth auf Stimmenfang ging.

    "Ich muss sagen das sieht eigentlich recht positiv aus, angefangen von dem 0,5prozentigen Wachstum bis zur Private Partnership, bis zur Stutzung der Bankenaufsicht. Also ich muss sagen da habe ich in diesem Koalitionsvertrag doch jetzt schon einige positive Aspekte gefunden.

    Wir hätten vielleicht die Reichensteuer nicht gewollt. Wir hätten mehr Wirtschaftsförderung gewollt. Aber es sind halt Dinge, die man zusammen mit einem Koalitionspartner auf den Weg bringt. Ich hätte mir auch vorgestellt, dass man den Kündigungsschutz etwas anders gestaltet. Aber ich denke man kann einiges erreichen, wenn wir diszipliniert vorangehen.

    Dieser Vertrag beinhaltet große Einschnitte für die Bürgerschaft insgesamt in Deutschland, und ich hoffe und wünsche, dass vor allem diese Koalition in der Form auch die vier Jahre durchhält.

    Ich stimme dem Vertrag zu. Notwendiges Übel, damit es wieder weitergeht in Deutschland.

    Der Koalitionsvertrag ist sicherlich nicht das, was wir uns ursprünglich vor dem Bundestagswahlkampf vorgestellt haben. Wir sind jetzt in der Situation einer Großen Koalition, und wir haben die Gemeinsamkeiten auf einen Nenner bringen müssen. Deshalb müssen wir heute sage ich einmal die Kröte schlucken und diesem Vertrag auch zustimmen. Die soziale Balance ist in Persona Horst Seehofer am Kabinettstisch vertreten. Wir sehen durchaus Akzente, die die CSU in den Verhandlungen gesetzt hat, nämlich im Ausgleich zwischen Wirtschaftsinteressen und Arbeitnehmerinteressen.

    Das sind Kompromisse noch und noch, ganz anders wie man es ursprünglich mal gedacht hat. Das macht Schwierigkeiten, das zu vermitteln bei den Bürgern. Das ist eminent schwierig. Beispiel: Thema Kilometerpauschale, weil das ja viele, viele Pendler speziell bei uns in Unterfranken betrifft. Die fahren teilweise am Tag 20, 30, 40, 50 Kilometer zu ihrer Arbeitsstätte und sind froh, dass sie die haben, müssen sie behalten und werden da erheblich belastet. Aber es geht wohl nicht anders, weil die Alternative wäre nur Neuwahlen."

    Soweit die Stimmung in der CSU. Die CDU-Vorsitzende und künftige Kanzlerin Angela Merkel hat deutlich gemacht, dass auch jetzt, nach den Koalitionsverhandlungen, immer noch die Position der CDU gilt, wie sie im Wahlprogramm festgeschrieben ist:

    Angela Merkel:
    "Nichts, aber auch gar nichts, was wir in unserem Regierungsprogramm für richtig befunden haben, ist dadurch, dass wir in der Koalitionsverhandlung nicht alles durchsetzen konnten, falsch geworden. Wir stehen zu dem, was wir aus Überzeugung im Regierungsprogramm für richtig gehalten haben. Das ist gar keine Frage!
    Aber Politik ist eben nicht die Kunst des Wünschbaren, sondern, um mit unserem ersten Vorsitzenden Konrad Adenauer zu sprechen, Politik ist die Kunst des Möglichen. So Konrad Adenauer und weiter: Das heißt sie muss mit einem gesunden Realismus ihr Handeln den Gegebenheiten anpassen."

    Auch die anderen Parteichefs argumentierten so. Edmund Stoiber, der CSU-Vorsitzende, auf dem Parteiausschuss in München:

    Edmund Stoiber:
    "CSU pur gibt es halt nur in Bayern. Dort haben wir die absolute Mehrheit. Wir haben nicht alles erreicht, weil manches nicht gegangen ist mit der SPD. Die Frage des Bündnisses für Arbeit gesetzlich festzulegen, ist mit der SPD nicht möglich gewesen und nicht möglich. Eine Veränderung in der Politik hinsichtlich von Kernkraftwerken ist gegenwärtig mit der SPD nicht möglich. Der vorliegende Koalitionsvertrag ist für mich eine gute Grundlage für einen Neuanfang in unserem Land."

    Kritik mussten sich die Kritiker der jetzigen Koalitionsvereinbarung anhören. Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber nahm sich die Kritiker aus der Wirtschaft vor:

    Edmund Stoiber:
    "Ich habe sehr viel Verständnis und gute Beziehungen zur Wirtschaft, aber ich akzeptiere nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer nicht akzeptablen Haltung und Art und Weise so kritisiert zu werden, wie das gegenwärtig Herr Pischetsrieder von VW tut oder wie das der Chef von Mercedes tut oder wie das Herr Wedekind von Porsche tut. Diese Damen und Herren, meine Damen und Herren, entlassen Tausende von Leuten, kippen sie der Politik vor die Tür und tun so, als hätten sie damit nichts zu tun, und kritisieren dann uns noch wegen der Politik, die wir machen."

    Peer Steinbrück, der designierte Finanzminister, richtete seine Kritik an die parlamentarische Opposition aus der FDP:

    Steinbrück:
    "Und wenn ich mir Herrn Solms und andere FDP-Politiker angucke die sagen, es dürfen keine Steuervergünstigungen abgebaut werden, es dürfen keine Steuern erhöht werden wie die Mehrwertsteuer, dann lassen sie Ihnen und den Bürgerinnen und Bürgern ja die Frage offen, wie denn dann. Denn alleine durch Einsparungen bei diesem Haushalt ohne schwere Kolateralschäden, ohne schwere Einschnitte ins soziale Netz ist das Problem ja nicht zu lösen. Das heißt die FDP gibt in dieser Frage immer nur halbe Antworten oder gar keine."

    Das Haushaltsdefizit und seine Beseitigung erläuterte der CDU-Chefin Angela Merkel:

    Angela Merkel:
    "Wir werden von diesen 35 Milliarden Euro zehn Milliarden direkt einsparen, davon übrigens acht im Bereich der sozialen Sicherungssysteme, eine unglaubliche Anstrengung. Damit muten wir auch vielen etwas zu. Wir werden fünf Milliarden Subventionsabbau machen. Beim Subventionsabbau wissen wir ganz genau: Auch hier ist es so, wenn Wind- und andere Fonds geschlossen werden, dann mag das noch einigermaßen akzeptabel sein. Bei dem Subventionsabbau in vielen anderen Bereichen ist die Freude bei den Betroffenen schon nicht mehr ganz so groß. Das heißt hier ist die Sache schon politisch sehr viel schwieriger. Dann haben wir 15 Milliarden von den 35, die wir durch Einsparungen damit erwirtschaften. Wir machen Einnahmeverbesserungen in Höhe von zehn Milliarden Euro, also zwei Prozent Mehrwertsteuererhöhung, und wir haben dann noch zehn Milliarden Euro für Einmaleffekte, das heißt also für Verkauf von Bundesvermögen, zur Verfügung.
    Liebe Freunde, wir haben viel darüber gestritten. Sind die Sparanstrengungen groß genug? Da kann man sicherlich manches sagen. Da war zum Beispiel eine der Fragen: Wollen wir zum Beispiel die Renten kürzen? Wollen wir zum Beispiel Familienleistungen kürzen? Wollen wir Investitionen kürzen? Das scheidet aber aus, weil damit auch die Spielräume zur Neuverschuldung geringer werden. Und wir haben uns das nicht leicht gemacht. Aber nach meiner Auffassung – ich komme nachher bei der Rentenreform noch mal darauf zurück – haben wir uns dann entschieden, die Renten über das notwendige Maß an Reformen nicht zu kürzen. Dann sind die Spielräume des Bundes ausgesprochen gering. Wenn man sich einmal mit dem Bundeshaushalt beschäftigt wird man feststellen, dass dann fast keine Möglichkeiten mehr sind."

    Sigmund Gabriel, für die SPD als Umweltminister vorgesehen, verteidigte die Erhöhung der Mehrwertsteuer:

    Sigmar Gabriel:
    "Das ist ein schwieriges Thema, keine Frage. Wir haben uns das auch nicht gewünscht. Aber wir haben auch, um diese Wirkung der Mehrwertsteuer abzuschwächen, die eben erst in 2007 angesetzt und wollen durch die starken Investitionen in 2006 die Binnennachfrage anschieben. Man muss allerdings natürlich auch wissen, dass eine hohe Staatsverschuldung und ein weiter wachsendes staatliches Defizit für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands mindestens genauso gefährlich ist wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Von daher hatten wir ein bisschen die Wahl zwischen Pest und Cholera."

    Auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch verteidigte auf dem CDU-Bundesausschuss die Steuerpolitik:

    Roland Koch:
    "Der Haushalt des Jahres 2007 wird in seiner Gesamtbilanz, egal mit Einmaleffekten oder sonst etwas, nur noch halb so viel Verschuldensrisiken haben als in 2006. Und ab dem Jahr 2007 und 2008 und 2009, den diese Regierung noch mitverantwortet, gibt es einen sehr soliden Plan zu sagen, wir haben weniger als ein Drittel der Schulden, die uns in der Eröffnungsbilanz übertragen worden sind pro Jahr, und wir schaffen jedes Jahr mit einem Sicherheitsabstand von einigen Milliarden wieder verfassungsgemäße Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland. Davor will ich nicht davonlaufen, meine Damen und Herren, sondern ich glaube, dass es Sinn macht, daran mitzuwirken, wenn man das in der Bundesrepublik Deutschland erreichen kann. Und ohne uns ging’s ja nicht. Sonst würden wir das nicht vorfinden, was wir hier heute haben."

    Josef Schlamann, der Vorsitzende der Mittelstandvereinigung der CDU, gehört zu den Kritikern der Steuerpolitik:

    Schlarmann:
    "Der erste Webfehler ist, dass die Sanierung der Haushalte nicht in erster Linie über die Ausgabenseite angegangen wird, sondern über die Einnahmenseite. Es gibt keine Volkswirtschaft, in der bei Erhöhung der Abgabenquote und Erhöhung der Staatsquote mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Das ist ein zentraler Punkt. Der zweite Webfehler ist das Thema Reformen. Wenn Sie das Regierungsprogramm nehmen, dann sollten die eigentlichen Wachstumsimpulse durch die grundlegenden Reformen geschaffen werden: durch die grundlegende Reform des Arbeitsmarktes, durch die grundlegenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme und durch eine schnelle Unternehmenssteuerreform. Da sollten die Wachstumstreiber gesetzt werden. Und wenn ich nur den Koalitionsvertrag nach diesem Maßstab nehme, dann fehlen diese Treiber für Wachstum und Beschäftigung."

    Alexander von Bismarck stimmte gegen die Koalitionsvereinbarung:

    Alexander von Bismarck:
    "Sie geben meinen Kindern zehn Milliarden Neuverschuldung in das nächste Jahr mit, und wir haben im Wahlkampf sehr massiv dafür gestritten, dass wir nicht mehr Politik machen wollen auf Kosten unserer Kinder. Und ich muss Ihnen sagen, aus grundsätzlichen Erwägungen kann ich so etwas nicht mehr mitmachen, dass ich meinen Kindern noch mehr Schulden hinterlasse."

    Franz Müntefering, der designierte Arbeitsminister und scheidende SPD-Vorsitzende, sieht den Arbeitsmarkt als zentrale Aufgabe der Koalition. Seine Erkenntnis:

    Franz Müntefering:
    "Die deutsche Wirtschaft muss stark sein. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir Arbeit haben können und dass wir Wohlstand in diesem Land sichern können. Auch wenn manche uns das nicht glauben, Sozialdemokraten wissen, dass bei den Bilanzen schwarze Zahlen gut sind. Das ist eine Stelle, wo schwarz unwidersprochen gut ist. Die müssen erfolgreich sein können, die Unternehmen. Und so machen wir auch unsere Politik, denn das ist die Voraussetzung dafür, dass wir Arbeitsplätze haben und neue bekommen können. Es ist keine Garantie, wie wir in den vergangenen Jahren leider haben lernen müssen.
    Mit starker Wirtschaft verbindet sich die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die Voraussetzungen, die dafür gegeben sein müssen: Qualifikation, Forschung und Technologie, Zukunftsfähigkeit des Landes insgesamt. Damit verbindet sich ein gerechter Lohn, ein Lohn, der auch wieder sicherstellt in Deutschland, dass die, die jobben, die, die arbeiten, die den ganzen Monat unterwegs sind, die jeden Tag wo hinfahren und gehen, mit dem, was sie dort als Lohn bekommen, auch leben können, sich und ihre Familie auch ernähren können. Wir wollen, dass es in Deutschland Wohlstand gibt in der Gesellschaft, eine prosperierende Wirtschaft, aber auch gerechte Löhne und gerechte Bedingungen für die Menschen, die als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Wirtschaft unterwegs sind. Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. Das bleibt eine Leitlinie sozialdemokratischer Politik."

    Sanieren, reformieren, investieren – das ist das Motto dieser Koalition, sagte Edmund Stoiber, und Angela Merkel weiß, worum es jetzt geht und wie in vier Jahren – diese Zeitspanne nannten alle Spitzenpolitiker für die Bestandszeit dieser Koalition – vom Bürger gewertet werden wird:

    Angela Merkel:
    "Am Ende der Großen Koalition, nach vier Jahren, werden wir an einer einzigen Frage beurteilt werden: Geht es den Menschen in diesem Land besser? Haben mehr Menschen Arbeit? Haben die Menschen Arbeit, von der sie leben können? Haben sie anspruchsvolle Arbeitsplätze? Haben sie zukunftsfähige, haben sie sichere Arbeitsplätze? Es geht um mehr Teilhabe. Es geht darum, dass wir es schaffen, wieder den Menschen Licht am Ende eines Tunnels zu zeigen, und es geht darum zu zeigen, dass Politik gestalten kann, auch in Zeiten der Globalisierung. Viele glauben daran leider nicht mehr."