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Aus für Mühlhausen macht Bürger und Soldaten fassungslos

In den vergangenen Jahren wurden in den Bundeswehrstandort Mühlhausen 52 Millionen Euro investiert. Jetzt wird der Standort geschlossen. Die Stadt verliert einen wichtigen Arbeitgeber: 850 Dienststellen fallen weg, 200 Familien sind betroffen.

Von Blanka Weber |
    "Die Soldatinnen und Soldaten haben sich in Mühlhausen sehr wohlgefühlt, und wenn der Standort aufgegeben wird, ein Standort, in den in den letzten Jahren 52 Millionen Euro investiert wurden, dann trifft das auf Unverständnis bei den Soldaten genauso wie bei den Bürgerinnen und Bürgern hier in Mühlhausen."

    Johannes Bruns ist Oberbürgermeister der acht größten Stadt in Thüringen. Seit einem knappen Jahr ist er im Amt und das, sagt er, ist das Traurigste bislang – den Bundeswehrstandort zu schließen:

    "Wenn natürlich dann auch noch solche Informationen über den Äther gehen, dass der Euro Hawk 500 Millionen Euro gekostet hat und quasi zu einer Nullnummer wird, dann ist man völlig fassungslos, wenn man das dann sieht. Ein Standort wird aufgegeben, da werden Steuergelder quasi in Größenordnungen versenkt, ein Standort, an dem eben auch Menschen hängen, sowohl wirtschaftlich, familiär, als auch heimatlich gebunden, einfach wegfällt, man ist dann einfach auch schon in der Tat fassungslos und da stellen sich natürlich auch Fragen."

    Frage eins: Was geschieht jetzt mit dem Gelände? Gibt es neue Investoren?
    Frage zwei: Warum ist es beim Umbau der Bundeswehr egal, dass allein in Mühlhausen 52 Millionen Euro in den vergangenen Jahren investiert worden sind? Und dann noch der Euro-Hawk, jene Technik, die trotz Reißleine ziehen 500 bis 600 Millionen Euro gekostet haben soll. Nicht nur der Oberbürgermeister Johannes Bruns schüttelt den Kopf:

    "Und das ist - glaub ich auch – bei den Bundeswehrangehörigen nicht gut angekommen, wie das gelaufen ist, wie der Prozess gelaufen ist."

    850 Dienstellen – einfach weg. Allein in Mühlhausen. 100 bis 200 Familien sind betroffen, so genau kann man das nicht sagen, erklärt der Sprecher der Stadt. Auf jeden Fall haben solche Entscheidungen Auswirkungen bis in Kindergärten, Schulen und schmälern deutlich das, was in die Stadtkasse wieder zurückfließt aus den Umsätzen von Handwerk und Gewerbe. Geld, das also künftig fehlt.

    Keine Investoren, keine Interessenten
    Ein Zahlenspiel, das im Unstrut-Hainich-Kreis, in Westthüringen, niemand versteht. Mühlhausen hat es am härtesten getroffen, heißt es. Vielleicht auch, weil der Vorgänger des jetzigen Stadtoberhauptes als Parteiloser keine Stütze im Rücken hatte und damit auch keine Lobby in Berlin? Der Neue – jetzt – er muss es ausbaden. Investoren gibt es noch nicht. Interessenten für das Gelände wohl auch nicht. Dafür aber viele nette Worte, auch von der Landesregierung, sagt Johannes Bruns:

    "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Das ist so, ja. Und wir sind dabei, natürlich, mit dem Land, der Landesentwicklungsgesellschaft eine Planung vorzunehmen und die ist fast abgeschlossen und von daher sind wir auf einem guten Weg, aber wir wissen nicht, was kommen wird. Definitiv. Das ist eine Aufgabe, die macht man nicht eben so, die macht man vermutlich auch nur einmal im Leben als Bürgermeister und das ist ein offener Prozess."

    Doch nicht nur die Diskussion um verschwendete Gelder ärgert den Oberbürgermeister, es ist der Imageschaden für seine Region, der jetzt bleibt. Dabei könnte Politik gut funktionieren, eben, wenn die richtigen Reißleinen gezogen würden. Den Kopf in den Sand stecken - das will Johannes Bruns nicht, auch wenn er gerade noch den Weggang eines zweiten großen Arbeitgebers der Stadt verkraften musste. Sechs Jahre war er Sozialdezernent der Stadt, bevor der gebürtige Sauerländer Oberbürgermeister in Thüringen wurde. Promoviert hat der Sozialwissenschaftler einst über Restrukturierung altindustrieller Regionen. Nun gilt es, Mühlhausen "neu zu denken", wie er es formuliert.

    "Wir wollen auch nicht jammern. Ich sag immer, wenn wenig Geld, dann muss man eben mehr Geist investieren und das wollen wir hier auch tun."

    Zum Abschied der Bundeswehr gab es in Mühlhausen den großen Zapfenstreich - als besondere Ehre für den 200-jährigen Traditionsstandort – wie es hieß. Eine Ehre, die mehr Begleitmusik ist für den Rückbau der Bundeswehr, dort, wo millionenschwere sogenannte Beschaffungsmaßnahmen wie der Euro Hawk kritisch beäugt werden.