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Auschwitz-Gedenken
"Wir alle müssen uns erinnern"

Zwar fiel wegen des Streits zwischen Polen und Russland ein Schatten auf den Tag, doch am Ende war es eine würdige Gedenkfeier: Die Überlebenden von Auschwitz erinnerten an ihr Leid und die Gräueltaten der Deutschen – und mahnten Lehren für Konflikte der Gegenwart und Zukunft an.

Von Sabine Adler | 27.01.2015
    Der Auschwitz-Überlebende Roman Kent entzündet eine Kerze am Denkmal für die Opfer des Faschismus in Auschwitz-Birkenau.
    Der Auschwitz-Überlebende Roman Kent entzündet eine Kerze am Denkmal für die Opfer des Faschismus in Auschwitz-Birkenau - am 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers. (picture alliance / dpa / Andrzej Grygiel)
    Nicht den Politiker, sondern den ehemaligen Häftlingen allein sollte heute die Bühne in Auschwitz gehören. Dennoch fiel wegen des Streits zwischen Polen und Russland ein Schatten auf das Gedenken. Am Nachmittag fand in einem Zelt vor dem roten Klinkertor des Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau mit rund 2.000 Gästen der Festakt statt. Manche trugen gestreifte Tücher, die an die Häftlingskleidung erinnerten. Mitten durch die Stuhlreihen führte das Bahn-Gleis, das einst an der Selektionsrampe endete.
    Bevor der erste Ex-Häftling sprach, richtete sich der polnische Präsident an die verschiedenen Opfer des Lagers und an die Befreier. Er erwähnte auch die Opfer des sowjetischen Geheimdienstes in Katyn, die in diese Zeit gehörten.
    Halina Birenbaum, eine polnische Lyrikerin, kam mit 14 Jahre nach Auschwitz, sah am Ende ihrer zwei Jahre Haft die Sprengung der Gaskammern, wurde auf dem Todesmarsch angeschossen, ihre Befreiung erlebte sie erst am 3. Mai in Neustadt Glewe: "Wir mussten zuschauen, wie immer wieder Menschen ins Gas geführt wurden. Es wurde nicht gefragt, wieso, warum. Nein. Wir haben immer nur diesen schwarzen Rauch gesehen. Wir haben immer wieder festgestellt, dass dieser Ort in eine Hölle verwandelt wurde, dieses nichtlegale Auschwitz. Wie oft bin ich hier gestorben?"
    Kasimirz Albin gehörte zum allerersten Zug, der mit über 700 Häftlingen in Auschwitz ankam, auf seinem Unterarm ist die Nummer 118 eintätowiert. An die Worte seiner Peiniger erinnert er sich genau: "Ihr seid hier im deutschen Konzentrationslager Auschwitz. Als feindliche Elemente des Dritten Reiches. Juden haben das Recht, zwei Wochen zu leben, Priester einen Monat, Jugendliche und Gesunde drei Monate. Für Widerstand gegen die Direktion oder für Flucht gibt es die Todesstrafe. Der einzige Weg hier raus führt durch den Schornstein."
    Appell an die Politiker der Welt
    Dem 93-Jährigen gelang am 27 .Februar 1943 als einem von ganz wenigen Häftlingen die Flucht aus Auschwitz. Roman Kent, 86 Jahre alt, in Lodz geboren, appellierte an die Politiker der Welt: "Wir alle müssen uns erinnern, denn wenn ihr, die Verantwortlichen Politiker in aller Welt, Euch erinnert und diese Erinnerung anderen vermittelt, dann wird der Holocaust, dann werden andere Gräueltaten wie Darfur, Biafar, Kosovo und andere Übergriffe wie die jüngsten in Paris nicht mehr stattfinden können auf dem Antlitz der Erde."
    Der in New York lebende, Präsident Auschwitzkomitees forderte, Kinder Toleranz zu lehren, damit sie lernen, dass Hass nie rechtens, Liebe nie falsch sein kann. Roman Kent erzählte, wie sehr er sich als Elftes Christliches Gebot wünschen würde: Du sollst nie beiseite stehen. Mutige hätten selbst in der Hölle anderen geholfen. Die Überlebenden wollten nicht, dass ihre Vergangenheit zur Zukunft ihrer Kinder wird.
    Polens Außenminister setzt sich in die Nesseln
    Es war eine würdige Gedenkfeier. Der polnische Präsident Komorowski hatte niemanden und damit auch den russischen Präsidenten Putin nicht explizit eingeladen. Während Joachim Gauck, der deutsche Bundespräsident, und viele andere Präsidenten trotzdem kamen, war der Kreml mit Präsidialamtschef Sergej Iwanow vertreten. Petro Poroschenko aus Kiew wiederum war eingeladen worden, von der Ministerpräsidentin Kopacz persönlich. Polens Außenminister Schetyna hatte sich darüber hinaus in die Nesseln gesetzt mit der Behauptung, nicht die Russen, sondern die Ukrainer hätten Auschwitz befreit.
    Der polnische Präsident Komorowski sprach von dieser Ukrainischen Armee: "Wir stehen hier an einem Ort, der zeigt, wohin diese Welt führen kann, was genau hier 70 Jahre zurückgerechnet geschehen ist, dass nämlich die 60. Armee der Ersten Ukrainischen Front der Roten Armee dieses Lager befreit hat."
    Der polnischen Außenminister hatte das Ukrainische Heer als ein aus Ukrainern rekrutiertes Heer dargestellt , tatsächlich gehörten ihm Sowjetsoldaten vieler Ethnien an, es sollte die Ukraine befreien.