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Auslaufmodell Mehrweg
Dosen und Einwegflaschen auf dem Vormarsch

Das Ziel ist klar: 80 Prozent. So groß sollte der Anteil von Mehrwegverpackungen bei Getränken sein. Das schreibt die Verpackungsverordnung vor. Der Trend aber geht seit Jahren immer weiter in die entgegengesetzte Richtung. Die neuesten Zahlen stammen aus dem Jahr 2012, und die gab die Bundesregierung heute bekannt.

Von Philip Banse | 11.12.2014
    Nach der Sortierung werden die gebrauchten Getränkekartons zu großen Ballen gepresst und zwischengelagert. Anschließend erfolgt das Recycling in der Papierfabrik.
    2012 wurden nur gut 45 Prozent aller Getränke in Mehrwegverpackungen verkauft. (picture alliance /dpa)
    Der Trend weg vom Mehrweg setzt sich fort, wie die neusten Zahlen der Bundesregierung belegen: 2012 wurden nur gut 45 Prozent aller Getränke in Mehrwegverpackungen verkauft. Vor zehn Jahren kamen noch gut 70 Prozent der Getränke in Mehrwegverpackungen daher. Nur Bier erfüllt mit 86 Prozent die vorgeschriebene Mehrwegquote. Bei Mineralwasser, Erfrischungsgetränken und vor allem alkoholischen Mischgetränken scheint Mehrweg ein Auslaufmodell. Und selbst die nach Ansicht des Umweltbundesamts ökologisch zweitbeste Verpackung, nämlich Einwegverpackungen aus Karton, wird immer seltener, hat nur noch einen Anteil von 1,3 Prozent. Diesen Trend kommentiert der ökologische Sprecher der Grünen Peter Meiwald so:
    "Es ist insgesamt einfach enttäuschend, dass wir es nicht hinbekommen in Deutschland, die Ziele, die wir uns selber gesetzt haben, oder die Ziele, die die Bundesregierung sich selber gesetzt hat, umzusetzen, sondern, dass wir immer mehr abgleiten in die ökologisch unvorteilhafte Verpackung."
    Pfand hat Einweg gefördert
    Mehrweg-Verpackungen werden ersetzt durch Einwegverpackungen, vor allem beim Mineralwasser. Ein Grund für den Einwegboom liege im - genau Einwegpfand, sagt Jürgen Heinisch von der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, die die Mehrwegquoten für die Bundesregierung berechnet hat. Das Einwegpfand war ja eingeführt worden, um Einweg unattraktiver zu machen.
    In der Tat hat das Pfand dazu geführt, dass unsere Parks sauberer sind. Aber statt Einweg zu bekämpfen, hat das Pfand Einweg gefördert. Denn Discounter und Supermärkte haben sehr schnell Einweg-Pfandautomaten aufgestellt und können so mit ihren Eigenmarken alle Vorteile des Einweg nutzen: Viele unterschiedliche Getränke ohne platzraubende Kästen auf minimaler Verkaufs- und Lagerfläche.
    Mehrweg braucht doppelten Lagerplatz
    Mehrweg dagegen verlangt doppelten Lagerplatz, einmal für die vollen und einmal für die leeren Flaschen. Auch der Lobbyverband der Einwegverpackungshersteller argumentiert: Einwegverpackungen seien so erfolgreich, weil die Nachfrage einfach gross sei. Falsch, sagen Umweltschützer und Grüne: Die Verbraucher wollten eigentlich oft Mehrweg kaufen, seien aber verwirrt. Eine Umfrage in München gibt dem Argument Nahrung:
    "Ich dachte immer, wenn man sie zurückgeben kann, sind sie Mehrwegflaschen."
    "Ich meine, ich kann die dort zurückgeben. Ich stecke die dort in den Automat und bekomme einen Bon, dann ist es doch Mehrweg, oder?"
    "Ich glaube Einweg. Oder Mehr...? Ich weiß es nicht."
    Umweltschützer fordern: Einweg soll teurer werden
    Umweltschützer und Grüne fordern daher, dass Einweg- und Mehrweg-Verpackungen ganz eindeutig gekennzeichnet werden. Dazu hatte die Bundesregierung auch mal eine Verordnung auf den Weg gebracht, sie aber wieder auf Eis gelegt, weil die Kennzeichnung angeblich nicht mit Europarecht zu vereinbaren sei. Dann wollte die Bundesregierung zumindest die Regale beschriften mit Einweg und Mehrweg. Diese Verordnung hängt seit Monaten im Bundesrat. Umweltschützern und Grünen reicht all das sowieso nicht aus. Sie fordern wie Peter Meiwald von den Gründen seit Jahren eine Lenkungsabgabe für Einwegverpackungen von 25 oder mehr Cent, sprich Einweg soll teurer werden:
    "Es geht letztlich darum, auch die Kosten zu erhöhen, wenn ökologisch unvorteilhafte Verpackungen ausgibt. Das heißt, man würde ein Pfand erheben wie bisher und darüber hinaus muss man dann noch eine Abgabe erheben, aus der man dann zum Beispiel eine vernünftige Informationskampagne für die Bevölkerung zum Nutzen von Mehrwegverpackungen finanzieren könnte."
    Das lehnt der Verband der Einwegverpackungsindustrie ab, man dürfte die "gestiegene Nachfrage der Verbraucher" nach Einweg "nicht bestrafen". Die Bundesregierung habe so eine Lenkungsabgabe vor einem Jahr untersuchen lassen, sagte der parlamentarische Staatssekretär des Bundesumweltministeriums, Florian Pronold. Ergebnis: Nicht sinnvoll.
    "Es gibt eine Skepsis dahingehend, auch weil es viele Verbraucher so nicht akzeptieren würden."
    Wie gedenkt die Bundesregierung auf die erneut gesunkene Mehrwegquote zu reagieren? Wie will sie ihre eigene Verpackungsverordnung durchsetzen? Diese Anfrage per Mail ließ das Umweltministerium unbeantwortet.