Samstag, 20. April 2024

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Ausstellung zur Rezeption des Werks
"Beethoven spielt immer eine Rolle"

Um ihn führt und führte auch für Komponisten kein Weg herum: Ludwig van Beethoven. Dabei sei seine Größe zwar mitunter ein Hemmschuh gewesen, sagte der Musikwissenschaftler Simon Obert im Dlf. Aber das habe Komponisten nicht daran gehindert, sich mit seinem Werk auseinanderzusetzen.

Simon Obert im Gespräch mit Raoul Mörchen | 07.06.2021
Beethoven-Denkmal in Wien.
Einschüchternde Größe: Beethovens Schaffen beeinflusst bis heute die Kompostion (picture-alliance / dpa | Bernhaut)
Beethoven traf viele künstlerische Entscheidungen, die die Musik für Generationen bis heute bestimmt hat. Denn immer wieder haben sich Komponisten mit ihm auseinandergesetzt. Die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung werden nun in einer Sonderausstellung im Museum des Beethoven-Hauses in Bonn gezeigt. Viele der Ausstellungsstücke wie Musikhandschriften, Textmanuskripte oder Ton- und Bilddokumente stammen aus dem Archiv der Paul Sacher Stiftung in Basel.
Simon Obert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Paul Sacher Stiftung. Im Deutschlandfunk sagte er, Beethovens Größe sei im 19. Jahrhundert zwar ein Hemmschuh gewesen, habe die Komponisten aber nicht gehindert, sich mit ihm auseinanderzusetzen oder sich mit ihm auseinandersetzen zu müssen.
Mauricio Kagel, Ludwig van – Hommage von Beethoven (1969).Detail aus dem "Garten" des "Beethoven-Hauses" (gestaltet von Ursula Burghardt),Requisite für den Film Ludwig van Sammlung Mauricio Kagel, Paul Sacher Stiftung, Basel
Auch die Neue Musik ringt mit Beethoven: "Ludwig van – Hommage von Beethoven" von Mauricio Kagel (Beethovenhaus Bonn / Brigitte Dannehl)

Zitate von Bartók bis Strauss

Im 20. Jahrhundert sei dies insofern anders, als dass Beethoven da schon in eine gewisse historische Ferne gerückt sei, betonte Simon Obert. Dennoch sei er auch durchs ganze 20. Jahrhundert eine Größe gewesen, mit der man sich habe auseinandersetzen müssen.
Bei Béla Bartók finde sich beispielsweise ganz klar ein Bezug zur deutsch-österreichischen Musiktradition und ihrem Verständnis. Auch bei dem ungarischen Komponisten György Kurtág zeige sich eine minutiöse, detailreiche Auseinandersetzung mit Beethoven, erläuterte der Musikwissenschaftler.
Richard Strauss, Metamorphosen. Studie für 23 Solostreicher (1944–45).Zweite Partiturreinschrift mit Dirigiereintragungen von Paul Sacher, S. 50.Sammlung Paul Sacher, Paul Sacher Stiftung, Basel
Umstrittenes Zitat: In seinen "Metamorphosen" greift Strauss auf Beethovens Trauermarsch zurück (Beethovenhaus Bonn / Sammlung Paul Sacher)
Und schließlich zitiere auch Richard Strauss in seinem Spätwerk "Metamorphosen" Beethoven – mit einem Rückgriff auf den "Trauermarsch" aus der Sinfonie "Eroica". Simon Obert:
"Das umstrittene daran ist, dass Strauss das am Ende des Zweiten Weltkriegs bringt, und es wohl gedanklich verknüpft mit einer Trauer um oder einem Gedanken an den Untergang der deutschen Kultur, wofür hier Beethoven herbeizitiert wird. Und das hat natürlich etwas problematisches an sich, 1945."

Beethoven wird vom Sockel geholt

In der zweiten Hälfte zeigten sich dann auch zunehmend Beispiele, wie Beethoven wie andere große Komponisten "vom Sockel geholt" werde.
Zwar habe es in der Beethoven-Rezeption der neuzeitlichen Musik nie einen "Boom" gegeben wie bei Gustav Mahler oder Franz Schubert beispielsweise, so Simon Obert. Dafür aber immer eine konstante Form der Auseinandersetzung: "Auch hier zeigt sich, dass Beethoven der kanonisierte Komponist ist, er spielt immer eine Rolle, ohne großes Auf und Ab."