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Auswirkungen des Nitrofen-Skandals

Meurer: Wie schlimm ist denn die Sperrung für Sie?

    Neteler: Seit heute Morgen 9:00 Uhr haben wir die Verfügung, dass der Betrieb gesperrt ist, und wir dürfen keine Tiere abliefern. Wir verkaufen jede Woche zwölfhundert Mastschweine und auch noch mal dieselbe Menge an Ferkeln und im Moment geht nichts mehr. Jetzt müssen wir Probeschlachtungen und Untersuchungsergebnisse abwarten und sagen, ob wir belastet sind oder nicht. Meurer Den Verkauf können Sie nicht ohne weiteres in zwei Wochen nachholen?

    Neteler: Die Tiere werden schwerer und kommen in andere Gewichtsklassen, werden schlechter eingestuft. Das sind natürlich alles finanzielle Einbußen. Ansonsten bin ich relativ optimistisch. Die Futtersorten, die wir von der Fugema eingesetzt haben, haben relativ wenig Weizenanteile und insofern glaube ich auch kaum, dass irgendwie Rückstände da sind. Aber ausschließen kann man es nie.

    Meurer: Wie viele Tiere haben Sie im Stall?

    Neteler: Wir haben 24.000 Mastplätze für Mastschweine und 7.500 Sauen mit Nachzug. Das ergibt etwa diese 64.000 Tiere insgesamt.

    Meurer: Haben Sie im Moment noch genug Futter für diese vielen Tiere?

    Neteler: Wir haben vier Futterlieferanten und einer davon ist die Fugema gewesen, und es sind ja auch nur ein ganz geringer Teil der Tiere davon betroffen, die dieses Fugema-Futter gefressen haben. Also, insofern stellt sich das bei uns vielleicht nicht ganz so dramatisch dar.

    Meurer: Also, das heißt, die Sperrung gilt nur für einen Teil des Hofes, für einen Teil der Tiere?

    Neteler: Das kann ich Ihnen nicht sagen, aber wir haben die Sperrung insgesamt für den Betrieb, und jetzt müssen die Ärzte beziehungsweise Aufsichtspersonen erst einmal herausfinden, was gesperrt werden muss und was nicht. Ob der Betrieb insgesamt gesperrt bleibt, das wissen wir alles noch nicht.

    Meurer: Aus welchem Grund wissen Sie das nicht? Sie haben doch wahrscheinlich ein Fax oder einen Brief bekommen, oder?

    Neteler: Wir haben eine Verfügung, dass der Betrieb gesperrt ist. Es müssen auch nicht alle Schweine untersucht werden, weil sie ja gar nicht das Futter gefressen haben. Es müssen im Prinzip nur die Tierbestände untersucht werden, wo wirklich das Futter reingegangen ist, und das ist ja alles exakt nachweisbar. Die sind ja nach 9.001 und nach 14.001 zertifiziert, so dass wir da ganz exakte Unterlagen haben. Wir lassen auch jede Woche Futter untersuchen, aber auf Nitrofen haben wir es natürlich nicht untersuchen lassen. Wir haben auch gar nicht gewusst, dass es so etwas überhaupt noch gibt, nein.

    Meurer: Wie sehr, Herr Neteler, ärgern Sie sich über Ihren Futtermittellieferanten Fugema?

    Neteler: Ja, man kann sich schon ärgern, weil er uns ja auch noch bestätigt hat, dass wir nitrofen-freies Futter kriegen oder kein Weizen in diesem Futter eingesetzt worden ist, das aus dieser belasteten Halle in Malchin kommt. Aber ich kann mir sowieso nicht vorstellen, dass diese Halle alleine der große Verursacher sein soll. Ich weiß es nicht. Das entzieht sich meiner Erkenntnis.

    Meurer: Aber das sagen ja im Moment alle. Warum bezweifeln Sie das?

    Neteler: Ich weiß nicht, ob es im Grunde genommen überhaupt geht, dass man eine so große Menge überhaupt damit verseuchen kann. Ich weiß es nicht. Im Grunde genommen ist es Spekulation, was ich dann machen würde. Das mache ich nicht.

    Meurer: Sie haben ja, Herr Neteler, wenn ich das richtig sehe, gestern noch ein Fax von Fugema bekommen und da heißt es: Alles in Ordnung, kein Nitrofen. Jetzt ist doch Nitrofen gefunden worden. Wie erklären Sie sich das?

    Neteler: Es ist, wenn ich die Zeitung richtig gelesen habe, in einer Weizenpartie Nitrofen gefunden worden, aber nicht im Futter. Im Futter war es scheinbar nicht nachweisbar.

    Meurer: Aber der Weizen ist doch Teil des Futters?

    Neteler: Der Weizen ist ein Teil des Futters, aber er ist ja nicht in dem Teil des Futters gefunden worden, der beispielsweise an uns ausgeliefert worden ist. Das muss ja nun erst einmal nachgewiesen werden. Das Futter ist ja noch da. Und was wir gestern an Futter kriegen sollten, das haben wir zurückgeschickt und gar nicht mehr abgenommen. Wie das über die Berichterstattung gestern durch die Presse und durch das Radio ging, da haben wir alles sofort gestoppt.

    Meurer: Wie hoch wird der finanzielle Schaden für Sie sein? Lässt sich das überblicken?

    Neteler: Das kann ich im Grunde genommen noch gar nicht erfassen. Wir liefern in der Woche alleine zwölfhundert Mastschweine, das sind 150.000 Euro, die dort fehlen, und sicherlich noch einmal 100.000 Euro für Läufer, die wir verkaufen. Also, das kann ich Ihnen so überhaupt noch nicht beziffern, wie das sein wird. Das muss alles noch auf uns zukommen. Das ist alles sehr frisch.

    Meurer: Wie hoch auch immer - haben Sie irgendeine Idee, ob Sie Schadensersatz bekommen können?

    Neteler: Wenn die Firma das durchhält, mag das ja im Grunde genommen gehen. Aber da habe ich Bedenken. Bei diesen unglaublichen Summen, die da zustande kommen, zweifle ich an, ob die Firma das überhaupt durchhalten kann.

    Meurer: Die Sperrung an sich, Herr Neteler, akzeptieren Sie diese Maßnahme? Ist das in Ordnung?

    Neteler: Ja, was wollen Sie im Grunde genommen machen. Ich kann auf der einen Seite den Verbraucher verstehen, dass er verunsichert ist, aber ich habe für diese Dinge überhaupt kein Verständnis. Wir bemühen uns im Grunde genommen tagaus, tagein, das alles exakt zu machen, wir sind ein Teil der Lebensmittelkette insgesamt, und das versuchen wir auch exakt umzusetzen, dann passt einfach diese Verseuchung nicht ins Bild hinein. Aber ob man sie in Zukunft grundsätzlich vermeiden kann - es gibt 800 bekannte Schadstoffe, die wir in Deutschland kennen -, ja, nun suchen Sie mal. Ich weiß es im Grunde genommen nicht. Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen.

    Meurer: Alwin Neteler war das, Miteigentümer des Tierzuchtgutes in Losten, ein Schweinezucht- und Mastbetrieb. Herr Neteler, ich wünsche Ihnen alles Gute, danke und auf Wiederhören.