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Autor Bov Bjerg
"Warum jemand versucht, sich das Leben zu nehmen, ist schwer zu sagen"

In dem Roman "Auerhaus" ziehen sechs Freunde gemeinsam in eine WG, um sich um ihren Freund Frieder zu kümmern, dem nach einem Suizidversuch nahe gelegt wird, zu Hause auszuziehen. Es ist für mich sehr schwer zu sagen, warum jemand versucht, sich das Leben zu nehmen, sagt der Autor Bov Bjerg im DLF. Man kann das auf psychische Extremzustände schieben, aber es gibt genug andere Leute, die auch depressiv sind, aber nicht suizidgefährdet.

Bov Bjerg im Gespräch mit Ute Wegmann |
    Der Schriftsteller Bov Bjerg
    "Freundschaft. Und vielleicht allgemeine Solidarität", so beschreibt Bov Bjerg das Hauptthema von "Auerhaus". (Deutschlandradio / Matthias Horn)
    Ute Wegmann: Der Mann, der mein Gast ist, macht Kabarett. Er kennt die Lesebühnen Deutschlands, hatte einige selber gegründet. Er kann schauspielern, singen, schreiben. Weil er schreiben kann, ist er heute Gast im Büchermarkt.
    "Auerhaus" heißt sein überaus erfolgreicher Roman: Spiegelbestsellerliste, Literarisches Quartett, im Büchermarkt auf den Besten 7 im Deutschlandfunk. Bov Bjerg, die letzten Jahre stand das Kabarett im Mittelpunkt Ihres Arbeitslebens. Sie haben Lesebühnen gegründet: Dr. Seltsames Frühschoppen/Mittwochsfazit/Reformbühne Heim & Welt.
    Der Beginn der Lesebühnen fällt in den Zeitraum der Wiedervereinigung. Und ist - das ist schon eine Frage, vor allem ein Berliner Phänomen, auch wenn es in anderen Städten - München, Köln - ebenfalls Gründungen gab?
    Bov Bjerg: Es war in der Form ein Berliner Phänomen, ja, was sicherlich mit der Umbruchszeit 1989/'90 zusammen hing, in der wir ja auch damit angefangen haben. Es gab so etwas Ähnliches in Westberlin, das hieß "Die höhnende Wochenschau", das war eine Art Lesebühne, die nannten sich aber Sprechzeitung oder so, an der Wiglaf Droste, Michael Stein, Dr. Seltsam und viele andere Leute beteiligt waren, die vor allem aus der "taz" kamen, die zum Teil aus der "taz" rausgeflogen waren damals und die vor allem ihre unzensierte Sprechzeitung gegründet haben. Regelmäßig Sonntagsmittags um Eins. Und wir haben das gesehen und fanden das ganz super und wollten so etwas Ähnliches machen und haben dann Dr. Seltsames Frühschoppen gegründet, im Herbst 1989.
    Wegmann: Hatte und hat das Programm damals wie heute einen politischen Hintergrund?
    Bjerg: Nein! Anfangs war es, glaube ich, politischer, aber es hängt immer von den jeweiligen Leuten ab. Manche machen tagesaktuelle politische Texte oder Polemiken, Glossen, Satiren. Andere schreiben mehr Alltagstexte und viele machen beides.
    Wegmann: Sind Sie noch aktives Mitglied?
    Bjerg: Nein. Das letzte war das Mittwochsfazit mit Manfred Mauenbrecher und Horst Evers zusammen, aber das haben wir irgendwann aufgehört. Wir machen jetzt nur noch einmal im Jahr einen kabarettistischen Jahresrückblick, den wir ungeheuer oft spielen, über 50 Mal, im Dezember und Januar. Vor allem in Berlin und in Norddeutschland. Das ist mein Kabarettbein. Eine Art Extrem-Lesebühne, wo ich hauptsächlich auf Gag und auf politische Aktualität schreibe.
    Wegmann: Politik, Linguistik, Literatur haben Sie in Berlin, Amsterdam, Leipzig studiert. Mit der Kurzgeschichte "Howyadoin" gewannen Sie 2004 den MDR Literaturpreis, 2008 folgte das Romandebüt "Deadline", jetzt "Auerhaus". War das ein Abwägen zwischen Kabarett und Schriftstellerei?
    Bjerg: Nein, ich hab nach einiger Zeit bei den Lesebühnen, und das waren ja einige Jahre, die ich regelmäßig aufgetreten bin, dass die Form der Texte, die dafür nötig ist, doch einschränkt. Die Texte dürfen eine bestimmte Dauer nicht überschreiten. Sie sollten idealerweise eine bestimmte Gagdichte haben und zwar Gags, die sich auch beim Vorlesen schnell vermittelten. Also alles, was ein bisschen länger oder subtiler ist, hat es dann auf den Bühenn schwer. Das wurde mir auf eine Art zu eng. Ich will das gar nicht abwerten, aber ich hab dann lieber längere Geschichten geschrieben und konnte die zum Teil noch vortragen auf den Bühnen, hab aber gemerkt, dass es den Rahmen sprengt und hab mich dann selber aufgespalten, einerseits die Literatur zu machen und andererseits die Texte , die auf Gags geschrieben sind.
    Wegmann: Nun haben Sie einen Roman mit jugendlichen Protagonisten geschrieben. Aber es sollte ja kein Jugendroman werden, oder?
    Bjerg: Nein, es sollte kein Jugendroman werden. Es war klar, dass es ein Ich-Erzähler sein sollte, der über die Zeit, die er mit den Freunden im Auerhaus verbringt, erzählt, nach dem die Zeit vorbei ist. Er blickt zurück. Er ist vielleicht 20 Jahre.
    Wegmann: Angesiedelt in den frühen 80er-Jahren. Sie selber sind Jahrgang 65. Ist "Auerhaus" ein Erinnerungsbuch?
    Bjerg: Für mich persönlich? ...Ja, auch. Es sind einige autobiografische Bezüge drin. Aber das Motto des Buches sagt alles, was die Fragen nach den autobiografischen Bezügen betrifft: "Alle Personen sind erfunden, alle Handlungen verjährt". Dieses paradoxe Motto würde ich gern so stehen lassen.
    Wegmann: Dorfleben in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Eine Gruppe junger Menschen kurz vor dem Abitur. Beschäftigt mit der Suche nach dem Sinn des Lebens, beschäftigt mit der Abgrenzung von Elternhaus, dörflicher Enge und einem angeordneten Regelwerk. Sie wollen mehr als ein Leben in den Ordnern "birth - school – work – death". Sie kommen in einer WG zusammen, um sich um ihren Freund Frieder zu kümmern, dem nach einem Suizidversuch und Psychiatrieaufenthalt nahe gelegt wird, zu Hause auszuziehen. Das alte Haus seiner Großeltern wird die neue Heimat für die Jugendlichen. Sie kriegen ihren Alltag gut geregelt, haben auch eine Menge Spaß. Zeitkolorit klingt immer nur in Nebensätzen an: Gastarbeiterfamilien stehen Schlange vor Telefonzellen. Musterung bei der Bundeswehr und Berlin als Fluchtort für Verweigerer. Baader, Meinhof, Kiffen, freier Sex, vor allem die Polizei als Staatsmacht und generell die Auseinandersetzung mit Autoritäten. Politik bleibt aber Nebensache. Haben Sie das bewusst ausgespart?
    Bjerg: Ja, hab ich. Wenn man über die Politik der 80er-Jahre schreibt oder wie sie Jugendliche beschäftigt hat, gerät man leicht in ein Fahrwasser: Opa erzählt vom Krieg. Und das wollte ich auf Teufel komm raus vermeiden. Ich finde es auch nicht so interessant. Dafür gibt es Geschichtsbücher, den Journalismus aus den 80er-/90er-Jahren, wo man etwas nachlesen kann. Man muss in Romanen nicht unbedingt eins zu eins die tagesaktuellen Probleme der NATO-Nachrüstung oder des Kalten Krieges verhandeln.
    "Es gibt genug andere Leute, die auch depressiv sind, aber nicht suizidgefährdet"
    Wegmann: Freundschaft ist das große Thema. Freundschaft hat in Ihrer Geschichte eine große Selbstverständlichkeit. Das ist wunderbar gezeichnet von Ihnen. Der Ich-Erzähler hilft dem Freund – wie alle anderen auch, ohne ihn wie einen Kranken zu behandeln. Frieders Gedanken über das Leben und seine Fragen entsprechen ja auch den Gedanken aller anderen, er unterscheidet sich nicht. Außer wenn es um die Bewältigung der Sinnfrage geht. Da erweist er sich als der Andershandelnde, der, der das Leben nicht leicht nehmen kann, der nicht an eine Verbesserung glaubt. Etwas lastet auf ihm, was er nicht los wird, was er nicht beeinflussen kann. Er sagt: "Ich wollte mich nicht umbringen. Ich wollte bloß nicht mehr leben. Ich glaube, das ist ein Unterschied."
    Frieders Suizidversuch, ist das sein Weg aus Rollenmustern und Erwartungen?
    Bjerg: Auch das wird im Buch angedeutet. Es ist für mich sehr schwer zu sagen, warum jemand versucht, sich das Leben zu nehmen. Man kann das auf psychische Extremzustände schieben, aber es gibt genug andere Leute, die auch depressiv sind, aber nicht suizidgefährdet. Warum Frieder im Buch das versucht, darüber kann man nur spekulieren. Einiges ist angedeutet, was seine strenge Erziehung angeht, eine religiöse Erziehung, die dazu führt, dass das ,was das Leben schön machen kann, nicht mehr in der Lage ist, wahrzunehmen oder es nicht wahrnehmen darf, weil es aberzogen ist. Ob es ein Weg raus ist? Für ihn ist der Einzug im Auerhaus ein Weg raus, mit den anderen. Das ist für ihn eine zeitweilige Heilung.
    Wegmann: Der Schriftsteller Bov Bjerg ist heute Gast im Büchermarkt mit seinem Erfolgsroman "Auerhaus". Wenn Sie es auf einen Satz bringen müssten, was ist das Hauptthema Ihres Romans?
    Bjerg: Freundschaft. Und vielleicht allgemeine Solidarität. Ein Begriff,der aus der Mode gekommen ist, aber das trifft es ganz gut.
    Wegmann: Und Verantwortung?
    Bjerg: Ja, auch Verantwortung. Es ist ja doch auch erstaunlich, wie die sechs Jugendlichen nicht nur füreinander veratnwortlich sind, sondern auch ihr alltägliches Leben im Griff haben. Sie gehen zur Schule, machen Abitur, oder auch nicht. Es ist nicht so, dass alles zusammenbricht und sich in Verantwortungslosigkeit auflöst.
    Wegmann: Was mir sehr gut gefällt: Sie haben die Stelle gerade vorgelesen, mit welcher Selbstverständlichkeit Höppner für den Freund da ist, obwohl er mit Suizid, ob im Leben oder in der Literatur , nichts anfangen kann. Und dass er auch nicht nachfragt. Es wird nicht analysiert, nicht diskutiert. Er wird einfach so angenommen, wie er ist. Und zum Schluss muss Höppner trotz der Nähe ja feststellen, dass er nur einen Bruchteil von ihm kannte.
    Bjerg: Ich glaube, Höppner und Frieder sprechen nicht über den Suizidversuch, weil beiden klar ist, wie müßig es ist, darüber zu sprechen. Höppner versteht Frieders Verzweiflung, ohne sie benennen zu können. Es ist vielleicht auch Zufall, wer von den beiden welche Rolle einnimmt.
    Wegmann: Jetzt klingt das alles so ernst, ...
    Bjerg: ...es ist ja auch ein ernstes Thema ...
    Wegmann: Ja, das ist es, aber man muss ja trotzdem sagen, dass der Sound Ihrer Geschichte schnell ist, lakonisch, es gibt amüsante Dialoge, lustige Vergleiche, heitere Alltagssituationen. Allein die Szene mit der gestohlenen Musterungsakte, eine völlig absurde Szene, die Mappe legen sie ins Eisfach und Vera sagt nur: "Kalter Krieg" und macht damit eine ganze Welt auf, oder das Bild des "Rückwärts-Klauens", als Höppner alles Gestohlene, weil er beobachtet wurde, genauso heimlich wieder zurückstellen muss, oder eine andere Szene, da heißt es: "Für den guten Film war es zu spät, wir mussten den anspruchsvollen nehmen."(S.180).
    Ein Humor, der unaufdringlich daherkommt, wie zufällig oder selbstverständlich. Ist das Mutterwitz?
    Bjerg: Den der Höppner hat?
    Wegmann: Nee, den Sie haben.
    Bjerg: Da kann ich schlecht Ja oder Nein sagen.
    Wegmann: Woher kommt denn der Humor?
    Bjerg: Ich hab schon versucht, unterhaltsam zu schreiben. Ich hab den Roman x-fach überarbeitet. Seite um Seite, Absatz um Absatz, Satz um Satz. Und immer, wenn ich das Gefühl hatte, es hängt durch oder ist ein pflichtschuldiges Runtererzählen, hab ich mir überlegt, was dahin könnte. Entweder muss was gestrichen werden oder es muss interessanter werden. Das habe ich einigermaßen versucht umzusetzen. Und natürlich ist ein gutes Mittel, etwas interessanter zu machen, der Witz. Und wenn er nicht zu aufdringlich ist, dann hilft er auch, ein ganzes Buch unterhaltsamer zu machen
    "Ich bewundere Leute, die in der Lage sind, etwas Trauriges zu schreiben, ohne den Witz als Rückversicherung zu haben"
    Wegmann: Gibt es denn für den Humor Vorbilder in Ihrem Leben?
    Bjerg: Hau, das bin ich noch nie gefragt worden. Es gibt Kabarettisten, die ich sehr verehre und deren Witz ich sehr verehre. Das ist zum einen Gerhard Polt, es ist aber auch Georg Schramm, der mit seinen Bühnenfiguren einen Witz vermitteln kann, wovor ich meinen Hut ziehe. Das Rührende, das Berührende, das Tragikkomische sind dort enthalten wie auch mal ein Kalauer. Aber nie zu viel. Sowohl Gerhard Polt als auch Georg Schramm sind für mich auf der Bühne tragikomische Genies und insofern sind die beiden tatsächlich in gewisser Weise auch Vorbilder, aber es gibt viele andere auch. Ich hab' meinen Kinder in den letzten Jahren viel vorgelesen. Und was mir sehr gut gefallen hat, auch von der Art des Witzes her, ist "Rico, Oskar und die Tieferschatten" von Andreas Steinhöfel, ein ganz toller Autor mit einem tollen Witz, den er über die Figuren transportiert und über ihre Art, die Welt zu sehen.
    Wegmann: Bei Andreas Steinhöfel mischt sich ja auch immer die Tragik mit der Komik. Ist das auch etwas, das auch für Sie wichtig ist?
    Bjerg:Ja, ich bewundere Leute, die in der Lage sind, etwas Trauriges zu schreiben, ohne den Witz als Rückversicherung zu haben. Das gibt es nicht sehr oft, und wenn es das gibt, dann werden die Romane oder Geschichten praktisch nicht gelesen, weil sie zu traurig sind.
    Wegmann: Sprechen wir noch mal über den Titel: "Auerhaus" – der Titel "Our House" von Madness. 1982. Die Dorfbewohner kannten das Lied nicht, dafür aber Auerochsen. So ist das Auerhaus entstanden.
    In dem Titel von Madness "Father wears his Sunday best"
    oder: "Our mum she's so house-proud And a mess is not allowed". Also hier geht es ja ebenfalls um die bürgerliche Enge. Und um den Ausbruch und die Abnabelung davon. Entstand so der Titel?
    Bjerg: Nee, ich hatte den Text tatsächlich kaum im Kopf . Ich hatte den Titel und seinen Drive sehr im Ohr, mag den Song und auch Madness. Es hat sich dann beim Schreiben ergeben, dass daraus der Titel wurde. Den Songtext hab ich dann erst wiederentdeckt, als Robert Stadlober und Andreas Spechtel den Song gecovert haben für das Buch. Und eine großartige Coverversion gemacht haben, die sich vom Original sehr unterscheidet, weil sie sehr verlangsamt ist, sehr zurückgelehnt und von der Musik, auf die man Pogo tanzen kann, nicht mehr viel hat . Und da hab ich das erste Mal wieder auf den Text gehört.
    Wegmann: Aber es gibt noch eine Playlist mit Doris Day/Soft Cell "Tainted love"/Talking Heads/Supertramp/Laurie Anderson. Pet Shop Boys/David Bowie "Heroes". - da hab ich mich gern erinnert ...
    Bjerg:: Einzelne Songs, da hab ich noch mal gemerkt , wie wichtig die für mich waren. Wie toll ich die fand. Laurie Anderson zum Beispiel fand ich ganz großartig, auch künstlerisch originell und eigen. Sie taucht ja auch am Rand auf. Ansonsten habe ich aber, Sie haben das vorhin schon erwähnt, den Zeitkolorit sehr zurückgenommen. Nicht nur den der 80er-Jahre, was die politischen oder gesellschaftlichen Umstände angeht, sondern auch, was sich über Songs vermittelt. Der einzige Song ist
    "Our House" von Madness. Für mich ist es kein Buch, das stark von der Erinnerung an 80er-Jahre Songs lebt.
    Wegmann: Sie haben das nicht gehört während des Schreibens?
    Bjerg: Nein, ich kann keine Songs hören. Ich kann traurige Klassik hören, bei der nicht gesungen wird. Das ist aber das Äußerste.
    "Dieses Ende bringt den Ich-Erzähler erst dazu, die Geschichte zu erzählen"
    Wegmann: Der Roman beginnt mit einer Episode auf Frieders Höhepunkt der Widersetzung gegen dörfliche Enge: Er fällt den dörflichen Weihnachtsbaum. Dann folgt die Geschichte des ersten Suizidversuchs, das WG-Leben bis zur Auflösung. Dem folgt ein Kapitel Wunschdenken, oder wie der Erzähler Höppner selber sagt: "Bornierter Eskapismus" – Wie es für alle in einer heilen Welt hätte enden können, und dann fragt man sich, was wäre wirklich daran heil gewesen für den einen oder anderen, der sich genau der Enge entziehen wollte? Nicht bornierter Eskapismus, sondern ein Unhappy-End ist Ihre Lösung. War das von Anfang an klar?
    Bjerg: Das war klar, dieses Ende bringt den Ich-Erzähler erst dazu, die Geschichte zu erzählen. Der Zwischenabspann mit dem heilen Ende, der hat sich erst während des Schreibens ergeben.
    Wegmann: Ich finde das schön, dass Höppner das selber als "bornierten Eskapismus" bezeichnet. Kommen wir noch zu einem anderen Buch, das noch ein e-book ist. "Ohne Brille kann ich rechts und links nicht unterscheiden" - Kurzgeschichten.
    Bjerg: Das sind Kurzgeschichten aus den letzten zwei Jahrtausenden.
    Wegmann: Gut! Alltagsgeschichten.
    Bjerg: Tatsächlich auch Lesebühnengeschichten. Ich weiß gar nicht, ob das e-book noch erhältlich ist. Es soll als e-book nicht mehr zur Verfügung stehen, weil es als Hardcover kommt.
    Wegmann: Was auffällt, egal aus wie vielen Jahrhunderten sie sind: Das Heitere im Alltäglichen, scheinbar Normalen und Banalen zu entdecken und das wiederum nüchtern und detailreich und sehr amüsant wiederzugeben, das ist als brillanter Beobachter Ihre absolute Stärke. Auffällig ist aber, wenn man die Geschichten liest, dass man denken könnte, dass Ihnen das Dorf doch zu schaffen macht. In einer Geschichte: "Im Kreisel": Brilliante Dorfbeschreibungen, bei denen man denkt: So war es. So ist es. So sind die Leute. Hat das Dorf tiefe Spuren bei Ihnen hinterlassen?
    Bjerg: Ich glaube nicht. Es sind ein paar Geschichten aus der Jugend des Erzählers, bei der Kreiselgeschichte kommt er zurück, um an einer Beerdigung teilzunehmen. Es ist immer einfacher, aus der Distanz mit einem neuen Blick Situationen zu erfassen, als wenn man ständig drin ist.
    Wegmann: Unsere Sendung ist zu Ende. Leider. Bov Bjerg war heute Gast im Büchermarkt.
    Bov Bjerg: "Auerhaus"
    Blumenbar Verlag 2015, 237 Seiten, 18 Euro
    Bov Bjerg: "Ohne Brille kann ich links und rechts nicht unterscheiden"