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Autos und Daten
VW und Amazon schrauben an der Cloud

Der Autobauer Volkswagen will mit Hilfe Amazons seine Fabriken vernetzen. Auf einer auch für Zulieferer offenen Industrieplattform sollen weltweit Daten aller Anlagen und Systeme des Konzerns vernetzt werden. Das Ziel: effizientere Abläufe und geringere Kosten. Ende 2019 sollen erste konkrete Dienste in Betrieb gehen

Von Dietrich Mohaupt | 27.03.2019
Ein VW-Logo glänzt am 25.09.2015 in der Morgensonne am VW Werk in Wolfsburg.
Eine Datenwolke mit Amazons Hilfe soll VW effizienter machen (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
Nach der "Automotive Cloud" in Kooperation mit Microsoft jetzt also die "Industrial Cloud" – und wieder ist mit Amazon ein US-Gigant Partner des VW-Konzerns. Bei dem Schulterschluss mit Microsoft ging es um Fahrzeugvernetzung, autonomes Fahren und digitale Mobilitätsdienste – diesmal steht die Integration der Daten aller Maschinen, Anlagen und Systeme aus sämtlichen 122 Fabriken und den Verwaltungen des VW-Konzerns auf der Tagesordnung. Das soll helfen, Abläufe und Produktionsprozesse zu optimieren – um Kosten zu sparen. VW will nämlich viel Geld ausgeben für die Transformation zur Elektromobilität, kündigte Vorstandsboss Herbert Diess bei der Jahrespressekonferenz Mitte des Monats an:
"Bis 2028 bringt der Konzern fast 70 neue Elektromodelle auf den Markt – statt 50, wie bisher geplant. Dafür investieren wir allein bis 2023 mehr als 30 Milliarden Euro und elektrifizieren unser Portfolio in allen Fahrzeugsegmenten!"
Unterschiedliche Software-Systemen führen oft zu Schwierigkeiten
Der Konzern müsse mit seinen Autos deutlich mehr Geld verdienen, um das leisten zu können, so Diess weiter. Und das soll mithilfe der Industrial Cloud einfacher werden. Server weltweit verknüpfen, dort gespeicherte Daten zentral verarbeiten. Amazon liefert dafür offenbar Kapazitäten, die VW dringend braucht. Aktuell arbeiten Fahrzeugfabriken des Konzerns in aller Welt und auch angebundene Zulieferer mit teils völlig unterschiedlichen Software-Systemen – das führt in der Wolfsburger Zentrale immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Übersicht über aktuelle Fahrzeugauslieferungen oder den Status von Montagebändern. Da schlummere ein großes Effizienzpotenzial, meint Stefan Bratzel, Experte für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule für Wirtschaft in Bergisch-Gladbach.
"Produktion ist nach wie vor bei den Automobilherstellern der Kern ihrer Wertschöpfung, und wer es dort schafft, zu niedrigeren Kosten zu produzieren, hat enorme Vorteile. Und solche Web-Services, das Outsourcing solcher Dienstleistungen kann natürlich sehr stark dabei helfen."
Eine stärkere Bindung ist ebenso möglich wie mehr Kontrolle der Lieferanten
Vor allem für die Autozulieferer könnte die neue Software-Plattform des VW-Konzerns ein echtes Problem werden, glaubt Stefan Bratzel. Die Hersteller hätten bereits in den vergangenen Jahren immer mehr Daten über Produktionsabläufe und Entwicklungen bei den Zulieferern verlangt – dieser Trend zum "gläsernen Zulieferer" könnte sich jetzt weiter verstärken.
"Im Falle der Integration in eine solche Plattform wäre sicherlich dieser Prozess eines gläsernen Lieferanten noch stärker ausgeprägt – im positiven Sinne könnte eine stärkere Bindung zu dem Lieferant hergestellt werden, indem sehr effizient zusammengearbeitet wird. Im negativen Sinne lässt er sich dadurch natürlich noch besser kontrollieren und auch dirigieren."
Volkswagen hat sich mit der Industrial Cloud eine Mammut-Aufgabe gestellt – mittelfristig sollen rund 220 IT-Experten des Konzerns gemeinsam mit Amazon-Experten in mehreren IT-Entwicklungszentren an der Umsetzung arbeiten. Ziel ist es laut VW, die Industrial Cloud und erste konkrete Dienste und Funktionen bereits Ende 2019 in Betrieb zu nehmen.