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Baden-Württemberg
Die Folgen des Abituraufgaben-Diebstahls

Die Furcht vor der Abiturprüfung ist bei manchen Schülern groß. In Baden-Württemberg wurde der Druck nun jemandem offenbar zu groß: Unbekannte klauten aus dem Tresor einer Schule die Aufgaben für Mathematik und Englisch. Der Diebstahl hat nicht nur Auswirkungen auf die baden-württembergischen Prüfungen.

Von Thomas Wagner | 12.04.2017
    Schülerinnen und Schüler sitzen in einer Turnhalle an Einzeltischen und machen Abiturprüfungen. Vor ihnen liegen Englisch-Wörterbücher.
    Schüler eines Magdeburger Gymnasiums bei den Abiturprüfungen (Jens Wolf / dpa)
    Abituraufgaben geklaut, direkt aus dem Tresor des Solitude-Gymnasiums Stuttgart: Das hat man nun davon, mutmaßt die Kölner Gymnasiastin Abiturientin Katharina Schulz, zurzeit im Osterurlaub am Bodensee und denkt über die Gründe des Diebstahls nach:
    "Vielleicht auch einfach durch größeren Druck, dass deshalb die Wege gegangen werden und deshalb die Aufgaben geklaut werden auch vonseiten der Schüler."
    Alternativaufgaben liegen bereits vor
    Ob Leistungsdruck oder andere Gründe ausschlaggebend waren - fest steht nur: Unbekannte Täter sind in das Solitude-Gymnasium Stuttgart-Weilimdorf eingebrochen, haben dort den Tresor geknackt und versiegelte Umschläge mit den Abituraufgaben für Mathematik und Englisch geöffnet. Das hat allerdings Auswirkungen weit über Baden-Württemberg hinaus:
    "Es ist so, dass wir erstmals in diesem Jahr als Kultusministerkonferenz einen bestimmten Aufgabenpool haben für bestimmte Fächer. Da gehören Englisch und Mathematik dazu. Und daher sind es Aufgaben, die in allen Bundesländern gleichermaßen gestellt werden können. Also das hat bundesweite Auswirkungen", so Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann, die nun unverhofft, so kurz vor Ostern, einiges zu tun hat: Erst einmal müssen die betroffenen Bundesländer von dem Diebstahl informiert werden. Und klar ist selbst den Schülern, die in Ferien von dem Diebstahl erfahren, dass diese Aufgaben wohl nicht mehr in den anstehenden Abiturprüfungen auf den Tisch kommen.
    "Die werden ja geändert, die Aufgaben."
    "Ich denke mal, dass es da neue Aufgaben gibt, nicht dass man nun wirklich leichter durchkommt."
    Genauso ist es: Alternativaufgaben liegen bereits vor. Und die sind, bekräftigt Kultusministerin Susanne Eisenmann, weder leichter noch schwerer als die ursprüngliche Prüfung. Und auch die angesetzten Abiturtermine, nämlich der 28. April für Englisch und der 3. Mai für Mathematik, werden aufgrund des Diebstahls nicht verschoben.
    "Überstunden machen muss jetzt vor allem die Druckerei, die diese Aufgaben jetzt drucken muss, eben für Baden-Württemberg, aber auch in den anderen Bundesländern, wo es notwendig ist. Wir haben natürlich auch Ersatzaufgaben, die wir jetzt einsetzen, die das gleiche Niveau haben und die gleichen Grundlagen haben. Aber das können wir gewährleisten. So gesehen wird der Abiturtermin wie geplant stattfinden."
    Eisenmann: Diebstahl kein Argument gegen zentral gestellte Aufgaben
    Allerdings fällt der Diebstahl ausgerechnet in jenes Schuljahr, in dem überhaupt zum ersten Mal ein Teil der Abituraufgaben über einen zentralen Aufgaben-Pool des "Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen" der Berliner Humboldt-Universität gestellt werden. Kein Wunder, ruft der Vorgang auch die Kritiker zentraler Aufgabenstellungen auf den Plan. Zu ihnen gehört Doro Moritz, baden-württembergische Landesvorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft.
    "Es zeigt sich jetzt, dass eine Zentralisierung im Problemfall auch Auswirkungen auf alle hat. Wir sind kein Freund einer Zentralisierung. Wir halten das nicht für notwendig."
    Aus Sicht von Kultusministerin Susanne Eisenmann darf der Diebstahl der Abi-Aufgaben bei Stuttgart trotz der bundesweiten Folgen aber gerade nicht als Argument gegen zentral gestellte Abituraufgaben herhalten.
    "Ich glaube, dass insgesamt die Zielsetzung schon richtig ist, dass wir versuchen, zu einer besseren Vergleichbarkeit der Aufgaben zu kommen. Das ist ja die Grundidee, die hinter der zentralen Aufgabenstellung steht. Dass natürlich durch so einen Einbruch andere Bundesländer betroffen sind, ist richtig. Aber ich würde sagen: Der Weg, das Niveau des Abiturs und auch die Abiturnoten in allen Bundesländern näher aneinander zu führen – der Ansatz bleibt trotzdem richtig. Und da sollte man sich durch so einen Einbruch auch von einem guten Weg nicht abbringen lassen."