Christiane Kaess: Herr Hommel, die Tarifverhandlungen der Lokführer in der GDL sind gestern gescheitert. Haben Sie Verständnis für die ablehnende Haltung Ihrer Kollegen?
Klaus-Dieter Hommel: Also ich glaube, die GDL sollte dieses Sommertheater endlich beenden. Unser Angebot annehmen und gemeinsam an den Verhandlungstisch kommen und dann dabei versuchen, ihre Forderungen mit uns gemeinsam umzusetzen.
Kaess: Das Argument der anderen Seite ist ja, die Lokführer hätten viel mehr Verantwortung zu tragen als die restlichen Bahnmitarbeiter und seien besser ausgebildet.
Hommel: Ich halte von dieser Diskussion überhaupt nichts, und es scheint in der Öffentlichkeit immer nur deutlich zu werden, dass ein Lokführer Verantwortung trägt. Denn Lokführer sind natürlich bekannt, aber ich denke, andere Kolleginnen und Kollegen bei der Bahn tragen in gleicher Weise Verantwortung, wenn beispielsweise ein Lokführer zur gleichen Zeit für einige hundert Reisende die Verantwortung übernehmen muss, muss ein Kollege auf dem Stellwerk, ein Fahrdienstleiter dies zur gleichen Zeit für mehrere tausend tun. Und seine Ausbildung ist ebenso qualifiziert wie die seines Kollegen vorne auf dem Zug.
Kaess: Verdienen die Lokführer zu wenig?
Hommel: Die Frage, ob hier jemand zu wenig oder zu viel verdient, ist sicherlich schwer zu beantworten. Ich meine, alle Kolleginnen und Kollegen bei der Bahn haben eine gerechte Entlohnung verdient. Dafür haben wir uns eingesetzt. Wir haben einen ordentlichen Abschluss gemacht, und wir werden jetzt - und das haben wir im Übrigen schon vor einem Jahr begonnen - über die Entgeltstruktur insgesamt weiterverhandeln. Und um diese Frage, die sich ja jetzt sehr deutlich auch in der Öffentlichkeit stellt, was ist gerecht und was ist ungerecht, zu klären, werden wir unsere Kolleginnen und Kollegen einbeziehen. Wir werden in einer sehr breiten Diskussion über die Spannungsverhältnisse im Entgeltsystem der Bahn reden.
Kaess: Es werden ja immer wieder Vergleiche mit der Luftfahrt und der Ärzteschaft angeführt. Dort gibt es auch unterschiedliche Tarifverträge. Sind diese Vergleiche angebracht?
Hommel: Also diese Vergleiche sind mit Sicherheit nicht angebracht, denn ein Unternehmen wie bei der Bahn AG, wo mehr als 230.000 Beschäftigte rund um die Uhr Hand in Hand zusammenarbeiten müssen, wäre eine Spaltung der Tarifverträge für alle Kolleginnen und Kollegen auf Dauer schädlich und würde am Ende auch dazu führen, dass wir sehr, sehr viele berufsgruppenspezifische Tarifverträge machen müssten. Und das kann überhaupt niemand beherrschen.
Kaess: Sie haben die Entzweiung der Gewerkschaften der Bahngewerkschaften angesprochen. Wie ist es denn dazu gekommen?
Hommel: Ja, das ist ein sehr langer Prozess. Wir haben bereits vor vielen Jahren den Kollegen der GDL, dem Vorstand der GDL gemeinsame Verhandlungen angeboten. Die Transnet und die GDBA haben sich vor einigen Jahren zu einer Tarifgemeinschaft, zuerst zu einer Verhandlungsgemeinschaft zusammengeschlossen, weil wir der Meinung waren, so besser unsere Ziele umsetzen zu können. Wir hatten schon unterschriftsreife Vereinbarungen mit dem Vorstand der GDL. Die GDL hat dann immer kurz vor Toresschluss sich von diesen Verabredungen verabschiedet. Inhalt dieser Vereinbarungen war, der GDL in gemeinsamen Verhandlungen die Federführung für die Lokführer zu übertragen. Das hat man abgelehnt und offensichtlich aus organisationspolitischen oder man muss sogar sagen aus egoistischen Gründen.
Kaess: Gibt es jetzt Gespräche zwischen Ihrer Gewerkschaft und der GDL?
Hommel: Derzeit gibt es keine Gespräche. Wir haben immer wieder deutlich gemacht - und das möchte ich an dieser Stelle auch noch mal unterstreichen -, dass wir nach wie vor bereit sind, mit der GDL gemeinsam Tarifpolitik zu betreiben. Die Voraussetzung ist natürlich, dass die GDL von ihrer Forderung nach einem Spartentarifvertrag Abstand nimmt und letztendlich ihre Zuständigkeit für die Lokführer wahrnimmt.
Kaess: Können Sie sich erklären, dass die Gespräche gestern von beiden Seiten so unterschiedlich bewertet worden sind. Von der GDL ist ja zu hören, sie habe keinen Optimismus für weitere Gespräche, und vonseiten der Bahn heißt es, man gehe davon aus, nächste Woche eine Lösung zu finden oder einer Lösung näher zu kommen.
Hommel: Ja, das ist natürlich schwierig. Ich bin bei diesen Gesprächen nicht dabei gewesen, aber aus den öffentlichen Verlautbarungen ist ja deutlich geworden, worum es dem Vorstand der GDL geht. Weniger um die Durchsetzung ihrer Forderungen, sondern insbesondere darum, einen eigenständigen Tarifvertrag abzuschließen. Das ist natürlich aus ihrer Sicht nachvollziehbar, wenn man es aus organisationspolitischer Sicht sieht, aber es zeigt doch ganz deutlich, wo die Schussrichtung liegt. Eigentlich sind die Forderungen gar nicht entscheidend. Hier geht es darum, Machtpolitik für die eigene Klientel durchzusetzen.
Kaess: Rechnen Sie mit weiteren Streiks?
Hommel: Das ist schwer zu sagen. Ich hoffe, dass diese Streiks ausbleiben, insbesondere im Hinblick auf die Kunden selbstverständlich, aber natürlich auch insbesondere im Hinblick auf die Kolleginnen und Kollegen. Denn der Riss, der hier durch die Mitarbeiter geht, wird immer schwerer zu kitten, je länger die Auseinandersetzung dauert.
Kaess: Herr Hommel, falls sich die Bahn doch auf einen separaten Tarifvertrag mit der GDL einlässt, ist Ihr Tarifvertrag dann hinfällig wegen der eingebauten Revisionsklausel?
Hommel: Nein, dieser Tarifvertrag ist nicht hinfällig. Wir haben eine Revisionsklausel, wir werden dann entscheiden, was wir zu tun haben. Wir wären dann in der Lage, unseren Tarifvertrag zu kündigen und erneut mit der Bahn zu verhandeln, mit all den Konsequenzen, die sich daraus ergeben können.
Kaess: Sie haben ja selbst Lokführer in Ihrer Gewerkschaft. In welchen Konflikt bringt Sie das denn im Moment?
Hommel: Das ist eine schwierige Situation. Wir haben mit unseren Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Sie sind auf unserer Seite, sie tragen unser Ergebnis mit. Und es geht hier nicht nur um Lokführer. Man darf das überhaupt nicht nur auf eine Berufsgruppe beziehen. Das Problem besteht insbesondere darin, dass wir Beschäftigungssicherung und einen Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag bis zum Jahr 2010 mit der Bahn vereinbart haben. Und dieser gesamte daran anschließende Konzernweite Arbeitsmarkt wäre in Gefahr. Und das wäre eine große Problematik für alle Kolleginnen und Kollegen im Bahnkonzern.
Klaus-Dieter Hommel: Also ich glaube, die GDL sollte dieses Sommertheater endlich beenden. Unser Angebot annehmen und gemeinsam an den Verhandlungstisch kommen und dann dabei versuchen, ihre Forderungen mit uns gemeinsam umzusetzen.
Kaess: Das Argument der anderen Seite ist ja, die Lokführer hätten viel mehr Verantwortung zu tragen als die restlichen Bahnmitarbeiter und seien besser ausgebildet.
Hommel: Ich halte von dieser Diskussion überhaupt nichts, und es scheint in der Öffentlichkeit immer nur deutlich zu werden, dass ein Lokführer Verantwortung trägt. Denn Lokführer sind natürlich bekannt, aber ich denke, andere Kolleginnen und Kollegen bei der Bahn tragen in gleicher Weise Verantwortung, wenn beispielsweise ein Lokführer zur gleichen Zeit für einige hundert Reisende die Verantwortung übernehmen muss, muss ein Kollege auf dem Stellwerk, ein Fahrdienstleiter dies zur gleichen Zeit für mehrere tausend tun. Und seine Ausbildung ist ebenso qualifiziert wie die seines Kollegen vorne auf dem Zug.
Kaess: Verdienen die Lokführer zu wenig?
Hommel: Die Frage, ob hier jemand zu wenig oder zu viel verdient, ist sicherlich schwer zu beantworten. Ich meine, alle Kolleginnen und Kollegen bei der Bahn haben eine gerechte Entlohnung verdient. Dafür haben wir uns eingesetzt. Wir haben einen ordentlichen Abschluss gemacht, und wir werden jetzt - und das haben wir im Übrigen schon vor einem Jahr begonnen - über die Entgeltstruktur insgesamt weiterverhandeln. Und um diese Frage, die sich ja jetzt sehr deutlich auch in der Öffentlichkeit stellt, was ist gerecht und was ist ungerecht, zu klären, werden wir unsere Kolleginnen und Kollegen einbeziehen. Wir werden in einer sehr breiten Diskussion über die Spannungsverhältnisse im Entgeltsystem der Bahn reden.
Kaess: Es werden ja immer wieder Vergleiche mit der Luftfahrt und der Ärzteschaft angeführt. Dort gibt es auch unterschiedliche Tarifverträge. Sind diese Vergleiche angebracht?
Hommel: Also diese Vergleiche sind mit Sicherheit nicht angebracht, denn ein Unternehmen wie bei der Bahn AG, wo mehr als 230.000 Beschäftigte rund um die Uhr Hand in Hand zusammenarbeiten müssen, wäre eine Spaltung der Tarifverträge für alle Kolleginnen und Kollegen auf Dauer schädlich und würde am Ende auch dazu führen, dass wir sehr, sehr viele berufsgruppenspezifische Tarifverträge machen müssten. Und das kann überhaupt niemand beherrschen.
Kaess: Sie haben die Entzweiung der Gewerkschaften der Bahngewerkschaften angesprochen. Wie ist es denn dazu gekommen?
Hommel: Ja, das ist ein sehr langer Prozess. Wir haben bereits vor vielen Jahren den Kollegen der GDL, dem Vorstand der GDL gemeinsame Verhandlungen angeboten. Die Transnet und die GDBA haben sich vor einigen Jahren zu einer Tarifgemeinschaft, zuerst zu einer Verhandlungsgemeinschaft zusammengeschlossen, weil wir der Meinung waren, so besser unsere Ziele umsetzen zu können. Wir hatten schon unterschriftsreife Vereinbarungen mit dem Vorstand der GDL. Die GDL hat dann immer kurz vor Toresschluss sich von diesen Verabredungen verabschiedet. Inhalt dieser Vereinbarungen war, der GDL in gemeinsamen Verhandlungen die Federführung für die Lokführer zu übertragen. Das hat man abgelehnt und offensichtlich aus organisationspolitischen oder man muss sogar sagen aus egoistischen Gründen.
Kaess: Gibt es jetzt Gespräche zwischen Ihrer Gewerkschaft und der GDL?
Hommel: Derzeit gibt es keine Gespräche. Wir haben immer wieder deutlich gemacht - und das möchte ich an dieser Stelle auch noch mal unterstreichen -, dass wir nach wie vor bereit sind, mit der GDL gemeinsam Tarifpolitik zu betreiben. Die Voraussetzung ist natürlich, dass die GDL von ihrer Forderung nach einem Spartentarifvertrag Abstand nimmt und letztendlich ihre Zuständigkeit für die Lokführer wahrnimmt.
Kaess: Können Sie sich erklären, dass die Gespräche gestern von beiden Seiten so unterschiedlich bewertet worden sind. Von der GDL ist ja zu hören, sie habe keinen Optimismus für weitere Gespräche, und vonseiten der Bahn heißt es, man gehe davon aus, nächste Woche eine Lösung zu finden oder einer Lösung näher zu kommen.
Hommel: Ja, das ist natürlich schwierig. Ich bin bei diesen Gesprächen nicht dabei gewesen, aber aus den öffentlichen Verlautbarungen ist ja deutlich geworden, worum es dem Vorstand der GDL geht. Weniger um die Durchsetzung ihrer Forderungen, sondern insbesondere darum, einen eigenständigen Tarifvertrag abzuschließen. Das ist natürlich aus ihrer Sicht nachvollziehbar, wenn man es aus organisationspolitischer Sicht sieht, aber es zeigt doch ganz deutlich, wo die Schussrichtung liegt. Eigentlich sind die Forderungen gar nicht entscheidend. Hier geht es darum, Machtpolitik für die eigene Klientel durchzusetzen.
Kaess: Rechnen Sie mit weiteren Streiks?
Hommel: Das ist schwer zu sagen. Ich hoffe, dass diese Streiks ausbleiben, insbesondere im Hinblick auf die Kunden selbstverständlich, aber natürlich auch insbesondere im Hinblick auf die Kolleginnen und Kollegen. Denn der Riss, der hier durch die Mitarbeiter geht, wird immer schwerer zu kitten, je länger die Auseinandersetzung dauert.
Kaess: Herr Hommel, falls sich die Bahn doch auf einen separaten Tarifvertrag mit der GDL einlässt, ist Ihr Tarifvertrag dann hinfällig wegen der eingebauten Revisionsklausel?
Hommel: Nein, dieser Tarifvertrag ist nicht hinfällig. Wir haben eine Revisionsklausel, wir werden dann entscheiden, was wir zu tun haben. Wir wären dann in der Lage, unseren Tarifvertrag zu kündigen und erneut mit der Bahn zu verhandeln, mit all den Konsequenzen, die sich daraus ergeben können.
Kaess: Sie haben ja selbst Lokführer in Ihrer Gewerkschaft. In welchen Konflikt bringt Sie das denn im Moment?
Hommel: Das ist eine schwierige Situation. Wir haben mit unseren Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Sie sind auf unserer Seite, sie tragen unser Ergebnis mit. Und es geht hier nicht nur um Lokführer. Man darf das überhaupt nicht nur auf eine Berufsgruppe beziehen. Das Problem besteht insbesondere darin, dass wir Beschäftigungssicherung und einen Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag bis zum Jahr 2010 mit der Bahn vereinbart haben. Und dieser gesamte daran anschließende Konzernweite Arbeitsmarkt wäre in Gefahr. Und das wäre eine große Problematik für alle Kolleginnen und Kollegen im Bahnkonzern.