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Bahnstreiks
Rufe nach einem Schlichter werden lauter

Der erneute und mittlerweile sechste Streik der Lokführergewerkschaft GDL soll gut vier Tage dauern. Die Streikankündigung sorgte für eine Welle des Protests - bei den Regierungsparteien, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Industrie. Ein Ausweg aus dem festgefahrenen Tarifkonflikt scheint schwer.

Von Dieter Nürnberger |
    Mitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) stehen am 15.10.2014 im Hauptbahnhof in Dresden.
    Der Tarifstreit bei der Bahn geht weiter. (Arno Burgi, dpa)
    Am heutigen Mittwoch um 15.00 Uhr soll es beim Güterverkehr losgehen, ab Donnerstag früh, 2 Uhr, soll dann auch der Personenverkehr betroffen sein - und zwar über das Wochenende hinweg bis Montag morgen um 4 Uhr.
    Der Streikaufruf mache sprachlos und sei eine Schikane, so die Konzernspitze der Bahn AG gestern abend in Berlin. Sprecher Achim Stauß:
    "Aus reinem Machtstreben werden Millionen von Bahnkunden schikaniert. Und das zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls am 9. November. Allein in Berlin wollen Hunderttausende mit Gästen aus aller Welt diesen Jahrestag unbeschwert feiern."
    Die Streikankündigung zog eine Welle des Protests nach sich. Sowohl von den Parteien der Regierungskoalition in Berlin und beispielsweise auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag befürchtet, dass die Streiks im Güterverkehr bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen in vielen Unternehmen führen werden. Der Deutsche Beamtenbund hingegen, dem die GDL organisatorisch angehört, zeigt Verständnis für die Forderungen der Lokführergewerkschaft.
    Die GDL will über einen eigenständigen Tarifvertrag auch für andere Berufsgruppen, neben den Lokführern, verhandeln.
    Bahn sah Einigung in greifbarer Nähe
    Am Wochenende hatten beide Seiten zuletzt miteinander gesprochen. Nach Darstellung der Bahn sei sogar eine Einigung in greifbarer Nähe gewesen. Der vom Konzern gemachte Vorschlag sah ein GDL-Verhandlungsmandat auch für Zugbegleiter vor, eine Berufsgruppe, die bislang von der mitgliederstärkeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG vertreten wird. Doch die Lokführergewerkschaft ließ die Verhandlungen platzen, sie spricht von einem Scheinangebot, letztendlich hätte die Konkurrenzgewerkschaft die Tarifhoheit über die Zugbegleiter behalten. GDL-Chef Claus Weselsky:
    "Die Bahn hat diesen Vorschlag als Vorbedingung gestellt - für generell inhaltliche Verhandlungen. Und deswegen sind wir gezwungen in den nächsten Arbeitskampf zu gehen. Weil die Arbeitgeberseite, die Deutsche Bahn AG, die Verhandlungen blockiert. Mit einer unglaublichen Forderung - nämlich, dass
    die Lokführergewerkschaft das Grundrecht der Koalitionsfreiheit abgibt."
    Die Bahn hat für die nächsten Tage wieder einen Ersatzfahrplan erstellt. Demnach sollen, wie auch schon bei den Streiks der vergangenen Wochen, rund 30 Prozent der Züge fahren. Schnelle Informationen für Reisende soll die Internetseite der Bahn bieten, ebenso die kostenlose Servicenummer 08000 996633.
    Unterdessen wird der Ruf nach einem neutralen Schlichter im festgefahrenen Tarifkonflikt immer lauter. Doch auch hier signalisiert Gewerkschaftschef Weselsky Ablehnung. Der von der GDL geforderte und vom Bundesarbeitsgericht 2010 rechtlich verankerte Grundsatz der Tarifpluralität sei nicht verhandelbar.