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Bakterieller Feuerbrand bedroht Obstplantagen

Feuerbrand ist eine bakterielle Pflanzenkrankheit. Sie befällt besonders häufig Apfel- oder Birnenbäume. Im Landkreis Mansfeld-Südharz im Süden Sachsen-Anhalts hat sich der Erreger rasant ausgebreitet. Die Bauern rechnen mit Ernteausfällen im sechsstelligen Bereich.

Von Christoph D. Richter |
    Erwinia amylovora heißt das Bakterium, zu Deutsch Feuerbrand. Für Menschen ist es völlig ungefährlich, aber für Obstbäume höchst lebensbedrohend. Die Bäume sehen nach der Erkrankung richtiggehend verkohlt aus, so als wären sie von innen völlig ausgebrannt. Jetzt hat es eine Obstbauregion am südlichen Harzrand getroffen. Hier wütet der Erreger so schlimm wie seit 30 Jahren nicht mehr. Auf einer Fläche von rund 650 Hektar - das entspricht etwa 900 Fußballfeldern - sind Dutzende Obstbauern betroffenen. Einer von ihnen ist Heinz Friedrich aus Lutherstadt Eisleben. Ein diplomierter Landwirt und Besitzer eines Obstbaubetriebes in der dritten Generation.

    "Wir haben innerhalb der letzten vier Wochen die befallenen Triebe bis ins gesunde Holz zurückgeschnitten. Und das Holz verbrannt. Dabei haben wir schon 30 bis 40 Tonnen Äpfel vernichtet. Es ist ja nicht nur für dieses Jahr, die Äste fehlen auch in den nächsten Jahren. Die Bäume, die gerodet werden müssen, sind für die ganze Anbauzeit hinfällig."

    Die Feuerbrand-Bakterien werden durch Insekten oder Wind übertragen und dringen über die Blüten oder durch Risse in die Pflanze ein. Und breiten sich besonders bei feuchtwarmem Wetter rasant aus und sind hoch ansteckend. Weshalb der Feuerbrandbefall von Obst- oder Zierpflanzen bei den jeweiligen Landwirtschaftsämtern sofort gemeldet werden muss.

    Der Erreger selbst schlummert im Weißdorn, erläutert Pflanzenexpertin Regina Meine. Daher sei es jetzt besonders wichtig nicht nur die befallenen Bäume zu fällen, sondern, ...

    "… dass diese Hauptwirtspflanzen beseitigt werden."

    Bereits Mitte Juni wurden die ersten geschädigten Bäume im Südharz in Sachsen-Anhalt gesichtet, das auf halber Strecke zwischen Leipzig und Göttingen liegt. Im Laufe der Wochen wurde den betroffenen Bauern sowie den Verantwortlichen in Mansfeld-Südharz deutlich, in einem der bundesweit ärmsten Landkreise überhaupt, dass man - wegen fehlender Mittel - fremde Hilfe bräuchte. Im Rahmen der Gefahrenabwehr hat man daher - wie es heißt - den Katastrophenfall ausgelöst. Jetzt sägen, schneiden und roden rund 100 Forstarbeiter, die aus dem ganzen Land zusammen getrommelt wurden, gemeinsam mit Spezialisten von der Feuerwehr in 12 bis 14 Stundenschichten die befallenen Bäume und Büsche.

    "Unser Hauptaugenmerk lag darin, dass der Weißdorn in dem Schadensgebiet und die befallenen Bäume durch den Forst gerodet und aus dem Gebiet heraustransportiert wurden."

    Bis Dienstag habe man die Reste verbrannt, erläutert Krisenstabsleiter Ramon Friedling. Das sei jetzt aber durch die extreme Waldbrandgefahr nicht mehr möglich, weshalb die kontaminierten Hölzer nun gehäckselt, in Container verladen und in Verbrennungsanlagen gebracht werden, um den Baum-Sondermüll letztlich sicher zu entsorgen.

    Ein flächendeckender Einsatz von Antibiotika im Fall von Feuerbrand ist in Deutschland verboten. Nach Ansicht von Experten könnten dadurch Anwohner gefährdet werden, es bestehe aber auch die Gefahr, dass sich Antibiotika resistente Krankheitserreger entwickeln könnten. Das Risiko wollen die jeweiligen Landesämter für Landwirtschaft nicht eingehen, weshalb man bundesweit nach neuen Wegen sucht, um in Zukunft dem Feuerbrand in Griff zu bekommen. Auch Baden-Württemberg, dort insbesondere die Bodenseeregion, Bayern aber auch Österreich oder Norditalien waren in den letzten Jahren immer wieder von Feuerbrand-Epidemien betroffen. Was zu tun sei? Von einer Züchtung feuerbrandresistenter Obstbaumsorten hält Obstbauer Heinz Friedrich nichts. Da jetzt schon wieder neue Weißdornpflanzen - also der Hauptwirt für den Feuerbrand-Erreger - austreiben, hat er stattdessen einen völlig unkonventionellen Vorschlag zu machen:

    "Bisher ist es so gewesen, dass auf den Flächen, wo der Weißdorn überhandgenommen hat, Schafherden diese Flächen kurz gehalten haben und damit den Weißdorn keine Chance gegeben haben, den Feuerbrand zu verstreuen, zu verbreiten. Schafherden wären eine Sache,…"

    … deren Wirkung man im Kampf gegen die Verbreitung des Feuerbrand Erregers nicht unterschätzen solle, ergänzt Obstbauer Friedrich.

    Auch beim Magdeburger Landesumweltministerium schaut man mit Sorge auf den Feuerbrandbefall ganzer Obstplantagen. Und arbeitet aktuell an einer Verordnung, in der sachsen-anhaltische Obstbauern und Landwirte bereits ab August verpflichtet werden sollen - zur Abwehr des Feuerbrand-Erregers - rund um ihre Obstbaugebiete Schutzzonen zu schaffen. Pflanzenexperte Hans-Jürgen Schulz vom sachsen-anhaltischen Umweltministerium:

    "Wir müssen und wir kommen nicht drum herum, wenn wir nicht in 2014 eine Situation erleben wollen, wie 2013, dass wir im Lande insgesamt um die Obstbaugebiete einen Gürtel ziehen. Um die Anlagen herum, in einem Umkreis von 100 bis zu 500 Metern. Indem wir sagen, wer hier Grundeigentümer ist, hat die Pflicht die Wirtspflanzen dort zu beseitigen."

    In der Region Südharz kalkulieren die Obstbauern dieses Jahr mit Ernteausfällen im sechsstelligen Bereich. Sie gehen davon aus, dass es etwa drei bis vier Jahre dauern werde, bis man erst wieder mit einer vollen Ernte rechnen könne. Für manch einen ist es allerdings völlig unklar, wie es nach diesem Sommer überhaupt weitergehen soll.

    Im Herbst will man in Magdeburg zu einer bundesweiten Konferenz einladen. Um länderübergreifende Strategien zu entwickeln - damit das Thema Feuerbrandkrankheit für die Obstbauern irgendwann mal kein Thema mehr ist.