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Banken können "Risiken nun voll auf den Verbraucher abwälzen"

Es sei nicht nachvollziehbar, dass Bankkunden, die im Online-Banking auf Betrüger herein fallen, für ihre Schäden haften müssen, kritisiert Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg das Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

Nils Nauhauser im Gespräch mit Ursula Mense |
    Ursula Mense: Bankkunden müssen für ihre Schäden haften, wenn sie im Online-Banking auf Betrüger hereinfallen und ihre Geheimnummern weitergeben. Das hat gestern der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden. Für uns Anlass, uns das Online-Banking und wie es richtig gemacht wird noch einmal erklären zu lassen, aber auch, um über die Haftung der Banken zu sprechen – ein Thema, das Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg am Herzen liegt, den ich kurz vor der Sendung gefragt habe, was er an dem Urteil aus Karlsruhe auszusetzen hat.

    Nils Nauhauser: Für uns ist das Urteil überhaupt nicht nachvollziehbar. Die Banken wissen ja seit 2004, also schon seit vielen, vielen Jahren, dass diese Betrugsmasche existiert und wie die Betrüger genau vorgehen. Und darauf nur zu antworten mit irgendeinem kleinen versteckten Hinweis, was man beim Online-Banking alles beachten muss, das ist viel zu wenig. Die Banken könnten weitaus mehr machen: Sie könnten technisch aufrüsten, es wäre auch möglich, die Transaktionen zu scannen und dann gegebenenfalls den Verbraucher zurückzurufen, wenn da plötzlich eine Überweisung nach Lettland oder nach Griechenland erfolgt, die sonst noch nie vorher passiert ist.

    Mense: Das heißt, Ihrer Meinung nach müssten die Banken mehr Mühe aufwenden, auch technischer Art, um Online-Kunden auf Missbräuche und Tricks aufmerksam zu machen?

    Nauhauser: Absolut! Die Banken treiben ja ihre Kunden gerade in das Online-Banking und in elektronische Zahlungssysteme, weil sie damit ja einen Haufen Kosten sparen. Die Risiken wälzen sie aber voll auf den Verbraucher ab, das kann so nicht sein.

    Mense: Nun ist es ja bekannt, dass man nicht unbedingt Mails anklicken soll und dann einem Link zu folgen. In dem Fall war es aber wohl anders. Hat man in solchen Fällen überhaupt eine Chance zu erkennen, dass man nicht auf der Bankenseite gelandet ist?

    Nauhauser: Es gibt tatsächlich inzwischen so gute Kopien der Webseiten der Banken, dass der Verbraucher nicht die geringste Chance hat zu erkennen, ist das jetzt die Original-Website, oder ist das irgendeine Kopie, auf der ich mich gerade befinde. Das ist leider sehr raffiniert und es ist ja nun so, dass viele auch nicht so technikversiert sind, und da ist das natürlich dann ein Ding der Unmöglichkeit, das zu erkennen.

    Mense: Würden Sie denn jetzt so weit gehen, dass Sie sagen, dass mit diesem Urteil die Anreize für die Banken, mitzudenken und Kunden immer über lauernde Gefahren zu informieren, die sich ja auch ändern, dass diese Anreize geschwächt worden sind?

    Nauhauser: Ja! Die Banken können ja diese Risiken nun voll auf den Verbraucher abwälzen. Immerhin haben die Banken ja auch seit einigen Jahren ein bisschen umgestellt und haben auch schon neue Verfahren eingeführt. Mobile TAN gibt es, dann gibt es TAN-Generatoren. Das ist deutlich sicherer als die alten TAN-Listen oder diese nummerierten TAN-Listen. Insofern ist das auch ein Eingeständnis der Banken, dass das alte System nicht so richtig sicher war. Aber die Richter sind sozusagen der Entwicklung nicht gefolgt in ihrem Urteil.

    Mense: Gibt es denn etwas, worauf wir Verbraucher, wenn wir Online-Kunden sind, achten können, sollten, um sicher zu sein beim Online-Banking, oder einigermaßen sicher?

    Nauhauser: Man muss jetzt nicht verrückt werden wegen diesem Fall. Uns liegen wirklich kaum Beschwerden zum Missbrauch bei Online-Banking vor und insofern läuft das in der Regel rund. Aber es ist trotzdem gut, wenn man ein paar Sachen beherzigt. Klar ist, dass die Bank einem normalerweise keine Mail schreiben wird und auch nie auffordern wird, irgendwelche TANs irgendwo einzugeben. Da sollte man immer misstrauisch werden. Und wichtig ist natürlich auch, dass man alle Sicherheitsvorkehrungen trifft. Darüber kann man sich auch im Internet informieren, da gibt es eine gute Website, das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik stellt da einige Informationen bereit, das sollte man sich vielleicht auch mal durchlesen.

    Mense: Kann man denn noch sagen, in welchen Fällen die Banken haften?

    Nauhauser: Hier in diesem Fall – das war ja der erste, der beim BGH verhandelt wurde -, da war es so, dass die Richter gesagt haben, der Kunde hat hier zehnmal TAN-Nummern eingegeben. Die Bank hat auf ihrer Webseite irgendwo gewarnt – das muss nicht besonders auffällig sein -, sie hat gewarnt vor dieser Betrugsmasche, also hätte der Verbraucher diese Betrugsmasche kennen müssen und hätte das nicht tun sollen und deswegen haftet der Verbraucher selbst. Andere Fälle sind ja bis jetzt noch nicht vor dem BGH gelandet.

    Mense: Die Geschichte mit den TAN-Nummern ist aber offenbar immer wieder ein Problem. Es gibt da verschiedene Methoden. Vielleicht skizzieren Sie noch mal kurz, welche Sie favorisieren.

    Nauhauser: Die TAN-Listen und die nummerierten TAN-Listen sind definitiv nicht mehr Stand der heutigen Technik, schon seit Jahren nicht mehr. Besser sind mobile TANs, wo man so eine TAN-Nummer auf ein Handy geschickt kriegt, weil man hier zwei Apparate hat. Da kann praktisch der Computer vielleicht angegriffen werden durch einen Trojaner, aber solange nicht gleichzeitig Computer und Handy manipuliert sind, ist man da sicher. Oder es gibt TAN-Generatoren, da bekommt man so eine Chip-Karte und steckt das in ein Kartenlesegerät und dann spuckt das Kartenlesegerät eine entsprechende TAN aus, mit der man dann die Transaktion durchführen kann. Das ist weitaus sicherer.

    Mense: Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg über Online-Banking, TAN-Nummern und die Haftung der Banken.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.