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Bankenrettung
Portugals Miró-Auktion in London abgesagt

Im letzen Moment und nach heftigen Protesten ist eine Versteigerung von 85 Werken des Malers Joan Miró abgeblasen worden, mit der Portugal zwischen 35 und 80 Millionen Euro verdienen wollte. Die Bilder waren eine der wenigen guten Investitionen der Privatbank BPN vor ihrer Verstaatlichung. Seitdem ist BPN zu einem Symbol für Korruption, Betrug und ruinöse Bankenrettung geworden ist.

Von Tilo Wagner | 05.02.2014
    Eine Mitarbeiterin des Auktionshauses Christie's in London betrachtet am 30.1.2014 das Bild 'Femmes et oiseaux' des spanischen Malers Joan Miro, das Christie's Anfang Februar versteigern will.
    Preview der Miro-Auktion in London (picture alliance / dpa / Andy Rain)
    Über dem größten Bankenskandal der portugiesischen Geschichte liegt immer noch ein Mantel des Schweigens. Der Journalist Pedro Coelho hat im Auftrag des Privatsenders SIC eine 90-minütige Reportage über den Finanzbetrug gedreht und ist mit seinen Interviewanfragen fast immer ins Leere gelaufen. Von 51 namentlich bekannten Schlüsselfiguren des Bankenskandals waren nur fünf bereit, vor der Kamera Rede und Antwort zu stehen:
    "Der Fall steht für eine Vermischung von Politik- und Finanzwelt. Die Aufklärung eines derartig komplexen Skandals kommt meistens voran, wenn eine der beiden großen politischen Parteien ein Interesse daran hat. Aber alle großen Kreditnehmer der Bank waren Leute, die irgendwie mit den Parteien verbunden sind, die die Politik Portugals in den vergangenen 40 Jahren bestimmt haben. Offenbar lässt sich dieser Fall so schwer lösen, weil kein politisches Interesse daran besteht."
    Aufstieg und Fall
    Ende der 1990er-Jahre gründete José Oliveira e Costa, ein ehemaliger konservativer Staatssekretär im Finanzministerium und Ex-Mitglied des Direktoriums der portugiesischen Staatsbank, ein privates Finanzinstitut. Die "Banco Português de Negócios", BPN, entwickelte sich zu einem Geldinstitut für überwiegend wohlhabende und einflussreiche Portugiesen. Mehrere ehemalige Minister saßen in den Gremien der Bank, der portugiesische Fußballverband trat als Werbeträger auf und internationale Kontakte zu schillernden Persönlichkeiten wie dem libanesischen Waffenhändler Abdul El-Assir wurden geknüpft. Selbst Portugals jetziger Staatspräsident Cavaco Silva und seine Familie verdienten mit lukrativen Aktiengeschäften knapp 350.000 Euro.
    Hinter den Türen arbeitete die Geschäftsführung der Bank ein kompliziertes System aus, wie private Investoren über eine Briefkastenbank auf den Kapverdischen Inseln steuerfrei ihr Geld anlegen konnten. An ehemalige Parteifreunde verteilte Oliveira e Costa riesige Kredite, ohne Garantien einzufordern. Statistiken und Gewinnberechnungen wurden von der Bank systematisch gefälscht. Portugals Staatsbank, unter Führung des heutigen EZB-Vizepräsidenten Vítor Constâncio, ließ sich immer wieder täuschen. Eines der wenigen handfesten Projekte war die Idee, ein Miró-Museum in Portugal zu eröffnen, nachdem die Bank im Jahr 2006 eine Sammlung von 85 Werken des katalanischen Malers erstanden hatte. Doch daraus wurde nichts. Mit dem Ausbruch der internationalen Finanzkrise kam auch die BPN unter massiven Druck. Die sozialistische Regierung schätzte die Finanzierungslücke auf über 700 Millionen Euro und verstaatlichte die Bank im November 2008.
    Umstrittene Rettung
    Der Wirtschaftswissenschaftler Eugénio Rosa saß zu jenem Zeitpunkt als Abgeordneter der kommunistischen Partei im Parlament und bezweifelte damals wie heute den Sinn und Zweck dieser Bankenrettung:
    "Die Regierung hat behauptet, dass die Verstaatlichung notwendig sei, um schwerwiegende Konsequenzen für das portugiesische Bankensystem abzuwenden. Ich war der Meinung, wir sollten die BPN bankrott gehen lassen. Das portugiesische Bankensystem ist im europäischen Vergleich wesentlich konzentrierter. Die fünf größten Banken bestimmen 80 Prozent des Marktes. Und die BPN war keine dieser großen Banken, sondern nur auf Platz 30 der größten Banken in Portugal."
    Das Drama um die Skandalbank fing jetzt erst richtig an, bestätigt auch der Journalist Pedro Coelho:
    "Der Staat hat viel weniger Geld mit den korrupten Machenschaften von Oliveira e Costa verloren und viel mehr, seitdem die staatliche Sparkasse die BPN übernommen hat."
    3,5 Milliarden Euro hat die Regierung bereits in die Bankenrettung fließen lassen. Und weitere 3,5 Milliarden Euro liegen in einer Gesellschaft, die die faulen Kredite des Geldinstituts verwaltet. Pedro Coelho glaubt, dass die Sparkasse die verstaatlichte BPN zu einer versteckten Bad Bank hat werden lassen, auch um dort eigene faule Kredite zu parken:
    "Meine Quellen haben mir bestätigt, dass die Sparkasse die faulen Kredite in die ehemalige BPN und die soliden Geschäfte in das Portfolio der Sparkasse übertragen hat."
    Die konservative Regierung hat die Reste der BPN vor über zwei Jahren an eine portugiesisch-angolanische Privatbank verkauft: für nur 40 Millionen Euro. Die Verantwortung für die faulen Kredite müssen die neuen Eigentümer nicht übernehmen, sondern können bis 2020 nicht lukrative Geschäfte wieder an den Staat abgeben. Bis dahin wird auch nicht klar sein, wie viele Milliarden die Bankenrettung den portugiesischen Steuerzahler tatsächlich kosten wird. Fest steht: Die Millionen-Einnahmen aus der Versteigerung der Miró-Bilder sind da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.