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Barry Hearn
Der Erfinder des Darts-Hype

Mit seinen Spielhallen machte der Brite Barry Hearn in den 70er-Jahren Snooker und Darts zu populären Kneipen-Sportarten. Heute zählt er zu den wichtigsten Sportpromotern in Großbritannien.

Von Friedbert Meurer | 01.01.2017
    Der Sport-Promoter Barry Hearn
    Der Sport-Promoter Barry Hearn (imago sportfotodienst)
    Es war im Juni 1979. Barry Hearn war gerade dabei, Snooker, also Pool-Billard, mit einem Freund zu spielen. Das Spiel war knapp, da hielt ihm der Besitzer der Snooker-Hall ein Telefon entgegen. Am anderen Ende der Leitung war das Krankenhaus. Seine Frau bekomme jetzt die Presswehen. Es sei allerhöchste Zeit. Nicht für Barry Hearn, den Mann aus der englischen Arbeiterklasse. Er spielte die Partie Snooker noch zu Ende, immerhin ging es um 50 Pfund Spieleinsatz.
    Zur Geburt seines Sohns kam er um 20 Minuten zu spät. Seine Frau habe ihm das nie verziehen, sagt Barry Hearn, Jahrgang 1946, heute, verheiratet sind die beiden aber immer noch.
    "Ich mag Essex. Ich bin im industriellen Nachkriegs-Großbritannien aufgewachsen", erzählt Hearn bei einer Veranstaltung. "Wir wollten immer Bäume sehen. Margaret Thatcher hatte die Idee, die Leute sollten ihr eigenes Haus besitzen. Das ist der Traum der Arbeiterklasse."
    Heute hat Barry Hearn ein Haus, er kauft gerne Land auf und hat ein Vermögen von mindestens 30 Millionen Pfund – Stand 2014. Hearn, einer der wichtigsten Sport-Promoter in Großbritannien ist im Ost-Londoner Stadtteil Dagenham großgeworden, in einer Siedlung mit Sozialwohnungen. Sein erstes Geld habe er sich in einer Gärtnerei hart verdient, erzählt er gerne. Dann wurde er Buchhalter, hatte einen sicheren Job. Er fing an, Snooker-Halls, Spielhallen mit Billard-Tischen zu kaufen. Ende der siebziger Jahre fing die BBC an, live zu übertragen – aus seinen Spielhallen.
    "Aus dem Nichts hat die BBC angefangen, Snooker im Fernsehen zu zeigen. Ich habe 1975 und 1977 die Übertragungslizenz gekauft. Alle wollten jetzt Snooker sehen, und das gab es nur in meinen Spielhallen."
    Hearn war knapp 30 und wurde zum gemachten Mann. Als Promoter hat er sich mit seiner Firma "Matchroom Sport" auf Kneipen-Sportarten spezialisiert. Profi-Sport sehen und dabei Spaß haben und Bier trinken, das wollten die Leute haben.
    Snooker, Darts, Boxen, Angeln
    Weiter ging es mit dem Boxen. Hearn wurde zu einem der Top-Box-Promoter auf der Insel. 500 Kämpfe hat er organisiert – und bis zum Alter von 48 Jahren selbst geboxt. Sein Traum als Junge in der rauen Umgebung der Council-Estates sei es gewesen, Weltmeister im Schwergewicht zu werden.
    "Ich habe mitten in der Nacht um 4:00 Uhr morgens vor dem Radio gesessen und die großen Kämpfe gehört. Ich liebte es total. Ich wollte 'The Man' sein".
    "The Man", der Mann, der sich von unten nach oben hochgeboxt hat. Auch mit harten Bandagen, gibt er zu. In den 90ern stand er kurz vor der Pleite, kämpfte sich aber durch und sprudelte vor neuen Ideen. Beim Angeln erholt er sich und denkt darüber nach, welche Sportart er als nächstes massentauglich machen könnte. Und erfand die Angel-Weltmeisterschaft – "Fish 'O' Mania", die ein großer Erfolg ist und stundenlang live im Fernsehen übertragen wird.
    27,1 Kilogramm Fang reichten 2016 zu Platz 1. Hearns Devise ist es, einfache Sportarten aufzupeppen, mit Einmarschmusik, Hymnen und oft genug auch leicht bekleideten Frauen. Im Bowling erfand er die Weltmeisterschaft zwischen Europa und den USA.
    Viele Sportstars profitieren von Barry Haern
    Das US-Team holt hier gerade auf beim Bowlen. BBC, ITV, Sky – Barry Hearn arbeitet mit öffentlichen und privaten Sendern zusammen und garantiert ihnen gute Einschaltquoten. Den Pub-Sport Darts, das Pfeile-Werfen, hat er zu einem Quotenhit gemacht. Die West-Hall im Nord-Londoner "Alexandra Palace" oder Spitzname "Ally Pally" fasst dreitausende Sitzplätze. Die insgesamt 66.000 Tickets für das WM-Turnier waren binnen eines Tages bis auf 1000 ausverkauft.
    Gary Anderson, der Spitzname des Schotten lautet "The Flying Scotsman", wurde vor zwei Jahren Darts-Weltmeister in einem packenden Finale gegen Phil Taylor, den 16-maligen Champion. Barry Hearn, der Sport-Promoter, hat nicht nur sich reich gemacht, sondern auch viele seiner Stars, allen voran Phil Taylor. "The Power", so sein Kampfname, stellte in jungen Jahren Halter für Toilettenpapier her und verdiente 50 Pfund die Woche. In der Darts-Premier League werden mittlerweile 10 Millionen Pfund pro Saison ausgeschüttet, Tendenz steigend.
    "Als meine Frau und ich in unser kleines Haus einzogen, sagte sie zu mir: 'Das ist die Küche, da hast du nichts drin verloren'."
    Die gebildeten Stände mögen die Nase rümpfen über Barry Hearn, seine Sprüche und sein Kneipensport-Imperium. Hearn aber ist stolz auf seine Herkunft aus der britischen Arbeiterklasse. Sein Sohn Eddie, dessen Geburt er damals im Kreißsaal verpasste, hat jetzt den Box-Zweig des Unternehmens übernommen. Hearn Senior macht sich darüber lustig, dass sein Sohn Eddie zuhause Windeln wechsle und gerne koche. Unvorstellbar, dass ein Mann so etwas tut. Dann aber fügt er hinzu: "Eddie ist großartig. Er ist als Sportpromoter besser als ich."