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Bauen in Köln
Digitalisierung soll Bauanträge beschleunigen

Von 1991 bis 2011 hat die Zahl der Beschäftigten in den Bauämtern von Städten und Kommunen um 35 Prozent abgenommen. Die Folge: Bauherren warten inzwischen mehr als ein halbes Jahr darauf, dass ihre Anträge genehmigt werden. Das ist bei manchen Projekten richtig teuer. Was die Kommunen dagegen tun.

Von Vivien Leue | 12.11.2018
    Salini, Lino, Bildnis im Sitzen nach links der Grete Schütte-Lihotzky, erste Architektin am Hochbauamt der Stadt Frankfurt, Frankfurt am Main, 1927, Buntstift.
    Architekten und Bauherren warten oft Monate auf die Genehmigung von Bauanträgen (Historisches Museum Frankfurt)
    Diese Geräusche sind Musik in den Ohren von Nikos Kapourakis – wenn Bagger, Betonmischer oder Handwerker arbeiten, dann hat es geklappt mit dem Bauantrag. In den letzten Jahren ist das für den Kölner Architekten nicht mehr so selbstverständlich.
    "Mittlerweile ist es so, dass wir natürlich die Kunden darauf hinweisen, dass sie durch die Situation des Bauamts mit langen Bauzeiten rechnen müssen und deswegen wenn dann irgendwelche Änderungen geplant sind, die statisch irrelevant sind, raten wir eher an, das nicht einzureichen."
    Kapourakis wartet häufig ein halbes Jahr oder länger auf eine Baugenehmigung.
    "Man kriegt heute sogar, wenn man einen Antrag einreicht, erst nach drei, vier Wochen überhaupt eine Eingangsbestätigung. Das muss man sich mal vorstellen."
    Lange Dauer der Genehmigungen schreckt Kunden ab

    Zum Teil, sagt der Architekt, verbringe er mehr Zeit damit, dem Bauantrag hinterherzulaufen, als auf Baustellen nach dem Rechten zu sehen. Manche Kunden schreckt die Aussicht auf ein langes und kompliziertes Genehmigungsverfahren außerdem ab.
    "Teilweise ist es so, dass es existenzbedrohend ist, wenn ein Kunde abspringt, zwei dauern und dauern, dann hat man unter Umständen sogar ein, zwei Monate überhaupt keine Einnahmen."
    Kölns Baudezernent will Dialog mit Planern und Architekten suchen
    Für den Vorstand des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins, Konrad Adenauer, sind die Zustände im städtischen Bauamt unverständlich:
    "Ich denke mir, es muss noch etwas mehr Fleiß ran, ja? Man hat ja als Bürger oft den Eindruck, dass die Mitarbeiter nur überlegen, wie kann ich etwas verhindern, wie kann ich es ablehnen, statt: Wie kann ich dem Bürger helfen, dass es klappt, dass er es schafft, ne?"
    So stehen sich – so scheint es – das Amt und die Bauherren als Gegner gegenüber. Das kann so nicht weitergehen, findet auch der neue Kölner Baudezernent, Markus Greitemann. Seit einem halben Jahr ist er im Amt.
    "Der Baugenehmigungsprozess wird sich dann verbessern und beschleunigen, wenn wir den Dialog verstärken, mit den Bauherren, den Architekten und Planern. Um zu vermitteln: Was braucht’s, damit wir einen guten Bauantrag bekommen, und auf der anderen Seite wir aber auch erfahren: Was können wir liefern, wo haben wir unsere Schwierigkeiten."
    Bauen ist schwierig, weil die Flächen in Köln komplex sind

    Mit einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von sechseinhalb Monaten pro Bauantrag sei auch er nicht zufrieden, sagt der ehemalige CDU-Kommunalpolitiker. Gleichzeitig wirbt er um Verständnis. Köln sei schon dicht bebaut, bei Neubauten müsse auf ausreichend Freiflächen, Spielplätze und Ähnliches geachtet werden – das heißt: Andere Ämter werden im Genehmigungsprozess mit befragt. Das dauert.
    "Es gibt in Köln definitiv keine Fläche mehr, die nicht komplex ist, insbesondere, weil wir ja auch noch Flächen für Gewerbe vorhalten müssen, wir wollen ja nicht nur hier leben, sondern wir wollen ja auch hier arbeiten."
    Konrad Adenauer kritisiert:
    "Wir erwarten doch Zehntausende an Zuzug in den nächsten 10, 20 Jahren. Ob das nun gut ist, ist eine andere Frage, aber man muss vorausschauend planen und vor allen Dingen bemängeln wir von Haus und Grund, dass im vergangenen Jahr nur knapp etwas mehr als 2.000 Wohnungen fertiggestellt worden sind in Köln. Wir brauchen aber 6.000 pro Jahr."
    Kann der digitale Bauantrag die Bearbeitungszeit verkürzen?
    Wie also schafft es eine Stadt, den baulichen Output zu verbessern? Baudezernent Greitemann:
    "Zwei Dinge: Wir müssen die Flächen bereitstellen und wir müssen sie denen bereit stellen, die gerne bezahlbaren und öffentlich geförderten Wohnungsbau machen wollen und auch durch den Dialog müssen wir bei den Investoren und Architekten die Lust wieder wecken, zu investieren."
    Außerdem arbeitet Köln seit gut zwei Jahren intensiv daran, das Bauantragsverfahren zu digitalisieren. Die papierlose Akte sei das Ziel, erklärt Greitemanns Kollege, der Leiter des Bauaufsichtsamts, Manfred Amrehn:
    "Derzeit sind die rechtlichen Bedingungen noch nicht geschaffen, dass komplett digital gearbeitet werden kann. Das ist eben ein Wandlungsprozess, der nicht von heute auf morgen geht."
    Neben der Ausweisung neuer Bauflächen und der Digitalisierung steht das Baudezernat noch vor einer weiteren Herausforderung: Dem Personalmangel.
    Jobs in städtischen Bauämtern wieder "sexy" machen
    "Es fehlen wirklich die Menschen. Wir haben genügend Stellen, aber die Stellen zu besetzen, ist sehr schwierig."
    Ingenieure und Architekten würden sich nicht gerade darum reißen, im Bauamt zu arbeiten.
    "Wir müssen einfach dafür werben, dass dieser Beruf, bei einer Stadt zu arbeiten, bei der Baugenehmigungsbehörde oder beim Planungsamt definitiv – ich benutze das Wort jetzt mal – sexy ist. Und wenn wir hier gegenseitiges Vertrauen entwickeln, auch mit Bauherren, Investoren, die nicht immer nur das gegenseitige Finger-Pointing hervorrufen, glaube ich auch, dass immer mehr Leute Lust haben, hier zu arbeiten."
    Das würde sich auch Architekt Nikos Kapourakis wünschen: Ansprechpartner im Bauamt, die sichtlich Lust auf ihren Job haben.