Heinlein: Vor wenigen Minuten kam dann auch die amtliche Bestätigung des DFB, Theo Zwanziger tritt an gegen Mayer-Vorfelder. Steht der DFB vor einem Machtkampf?
Schmidhuber: Ich glaube, das ist eine richtige Entscheidung gestern gewesen, dass man in beiden Fällen ein bestimmtes Gremium eingeschaltet hat, das im Vorfeld noch mal sichten sollte. Aus meiner Sicht natürlich freue ich mich natürlich, dass Dr. Zwanziger bereit ist, zu kandidieren, er ist eine echte Alternative zu Mayer-Vorfelder und wir kennen seinen Führungsstil, seine fachkundige Arbeit bereits im DFB und so können Sie davon ausgehen, dass wir eine Kandidatur von Herrn Dr. Zwanziger gerne unterstützen.
Heinlein: Sind Sie allein mit dieser Meinung unter den Landesverbänden oder wird eine Mehrheit der Landesverbände für Zwanziger und damit gegen Mayer-Vorfelder stimmen?
Schmidhuber: Die Meinungsbildung wird sich natürlich in den nächsten Tagen und Wochen intensivieren, aber ich gehe davon aus, dass wir mit Sicherheit nicht alleine sind.
Heinlein: Glauben Sie, dass Gerhard Mayer-Vorfelder dem öffentlichen Druck, der ja jetzt zunehmend wird, nachgeben wird und freiwillig auf sein Amt verzichtet?
Schmidhuber: Das ist schwierig. Wer Herrn Mayer-Vorfelder kennt, weiß, dass er bestimmt ein Kämpfer ist, aber ich glaube, die Argumente müssen ausgetauscht werden und ich glaube, dass Für und Wider muss abgewägt werden und da meine ich, dass das Pendel dann für Dr. Zwanziger ausschlägt.
Heinlein: Was sind denn die Argumente gegen Mayer-Vorfelder?
Schmidhuber: So eine bestimmte Selbstherrlichkeit, die er als Präsident des DFB immer wieder an den Tag legt und dann glaube ich, gibt es auch Defizite in der Informations- und Kommunikationspolitik wenn man auch bedenkt, was in letzter Zeit passiert ist, sei es bei der EM in Portugal oder auch der Fall Stielike. Es gibt viel aufzuzeigen, wo er versucht hat, im Alleingang diese Dinge zu bewältigen und da glaube ich, in einem solchen Verband wie dem DFB müsste man auch die Gremien mehr einbinden. Wir sind immerhin ein Verband mit sechs Millionen Mitgliedern und den kann man nicht nach Gutsherrenart führen.
Heinlein: Wenn diese Entwicklung schon lange absehbar war, warum wird diese Kritik erst jetzt so massiv laut?
Schmidhuber: Es ist so, dass wir bei der Europameisterschaft nicht das gewünschte Ziel erreicht haben, der Trainer, Rudi Völler, hat die Konsequenzen gezogen, ist zurückgetretenen, ich glaube, auch in der Mannschaft wird es ein bestimmtes Umdenken geben und nachdem heuer der Bundestag des DFB stattfindet, muss man sich selbstverständlich auch in den Gremien Gedanken machen, ob es nicht eine Alternative gibt zur Spitze im DFB. Die Gedanken haben wir uns gemacht und in Dr. Zwanziger einen Kandidaten gefunden, der aus unserer Sicht die Voraussetzungen erfüllen wird.
Heinlein: Welche Verantwortung hat denn Mayer-Vorfelder für die aktuelle Misere des deutschen Fußballs? Er hat ja nicht mitgespielt.
Schmidhuber: Das ist richtig, das möchte man ihm nicht zur Last legen, die Leistung, die dort gezeigt worden ist. Aber das ganze Drumherum trägt schon dazu bei, dass man das Umfeld noch besser einstimmen oder mobilisieren könnte.
Heinlein: Ist der Flop mit Ottmar Hitzfeld das letzte Steinchen gewesen für den Entschluss, Gerhard Mayer-Vorfelder dann zu stürzen im Oktober?
Schmidhuber: Das glaube ich nicht, das hat sich schon auf längere Zeit bei dem ein oder anderen etwas aufgestaut, wie der Führungsstil von ihm war und ich könnte nicht sagen - sicher hat es mit dazu beigetragen, aber da würde ich ihm nicht die Schuld geben.
Heinlein: Nun spricht ja sein jüngster Vorschlag, eine Findungskommission in Sachen Bundestrainer zu berufen, doch eher für das Gegenteil, für eine Kommunikationsbereitschaft von Mayer-Vorfelder.
Schmidhuber: Das erste ist natürlich, dass man in dieser Findungskommission auch geeignete Kandidaten prüft und Gespräche führt, bevor man sie auf den Thron hebt und ich glaube, das ist die Zusammensetzung, wenn ich an Franz Beckenbauer denke oder auch den Generalsekretär Schmidt oder den Vertreter des DFL, glaube ich, dass das ein gutes Gremium ist, das jetzt in aller Ruhe diese Dinge angehen muss. Es darf nichts übers Knie gebrochen werden, sondern wir brauchen eine gute Entscheidung und die braucht bestimmte Vorarbeit.
Heinlein: Nun hat ja FIFA-Präsident Joseph Blatter, auch kein unwichtiger Mann im internationalen Fußball, dem DFB mit ernsten Konsequenzen gedroht, sollte sein Freund Mayer-Vorfelder gestürzt werden. Wie ernst nehmen Sie denn diese Drohungen?
Schmidhuber: Ich weiß jetzt gar nicht, in welcher Form und Art und Weise diese Drohung jetzt im Raume steht, darüber muss noch einmal diskutiert werden, wir sind bis jetzt als DFB immer seinen Verpflichtungen der FIFA gegenüber nachgekommen, wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen und wenn wir auf der Suche nach Kandidaten für das Präsidentenamt sind, dann glaube ich, kann das die Arbeit der FIFA nicht zu stark beeinträchtigen.
Heinlein: Die Sorge der FIFA ist, dass man so kurz, zwei Jahre vor der WM, jetzt in voller Fahrt das Zugpferd wechselt.
Schmidhuber: Aber es ist doch besser noch zwei Jahre vorher und es ist ja heuer der Bundestag des DFB, der tagt und gerade im Hinblick darauf müssen natürlich Entscheidungen fallen. Die fallen immer auf drei Jahre und jetzt ist es an der Zeit und wir müssen handeln, sei es so oder so.
Heinlein: Eine Findungskommission soll jetzt beginnen zu arbeiten bei der Trainersuche. Haben Sie einen persönlichen Favoriten?
Schmidhuber: Nein. Man muss jetzt sehen, wer überhaupt bereit steht, einen Schuss nach vorne zu tun, ohne zu wissen, ob die Bereitschaft überhaupt besteht. Wir haben gesehen, dass es bei Herrn Hitzfeld schon danebengegangen ist und ich habe keinen direkten Kandidaten, den ich von Haus aus jetzt unterstützen würde oder präsentieren könnte, aber es sind ja kundige Leute am Werk und zu denen habe ich vollstes Vertrauen.
Heinlein: Sie als Bayer unterstützen Lothar Matthäus?
Schmidhuber: Man muss erst sehen, was überhaupt zur Debatte steht, welche Bereitschaft dann Einzelnen gegeben wird. Sicher wird Herr Matthäus einer unter mehreren Kandidaten sein und da muss man ausloten, wer der besser darunter ist.
Heinlein: Kommt man denn nach dem Triumph der griechischen Nationalmannschaft überhaupt noch an Otto Rehhagel vorbei?
Schmidhuber: Er wäre sicher ein Kandidat gewesen, der in der breiten Öffentlichkeit Zustimmung gefunden hätte, aber so wie wir gestern gehört haben, will er seinen Vertrag in Griechenland verlängern und da kann man nicht stören, wenn man einen so großen Triumph feiern konnte. Da habe ich für beide Seiten Verständnis, obwohl ich es gerne gesehen hätte, wenn er sich künftig um unsere Nationalmannschaft gekümmert hätte.
Heinlein: Also abwarten. In Deutschlandfunk heute morgen der Präsident des bayerischen Fußballverbandes Heinrich Schmidhuber. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach München.
Schmidhuber: Jawoll, Dankeschön, Wiederhören.