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Bayern
CSU hält an umstrittenem Polizeigesetz fest

Mit ihrer absoluten Mehrheit im bayerischen Landtag wird die CSU wohl das neue Polizeiaufgabengesetz verabschieden - ungeachtet aller Proteste. Die Auseinandersetzung ist damit nicht beendet. Insbesondere die Überwachung auf Verdacht bereitet Kritikern Bauchschmerzen. Sie wollen gegen das Gesetz klagen.

Von Tobias Krone | 15.05.2018
    Demonstration in Bamberg gegen das geplante neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern
    Demonstration in Bamberg gegen das geplante neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern (imago stock&people)
    Eine Großdemonstration vergangenen Donnerstag in München. Über 30.000 überwiegend junge Menschen gehen gegen das neue Polizeiaufgabengesetz auf die Straße. Doch die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag gibt sich unbeeindruckt. Sie will das umstrittene Gesetz heute mit ihrer absoluten Mehrheit verabschieden.
    "Ich gehe davon aus, dass die CSU geschlossen hinter diesem Gesetz steht, weil es dazu dient, die Bevölkerung zu schützen."
    Der gelernte Polizist und CSU-Abgeordnete Manfred Ländner leitet den Innenausschuss. Er hat schon zahlreiche hitzige Debatten hinter sich. Denn Grüne, SPD und die linke Kleinpartei MUT im Landtag sind strikt dagegen, Polizisten mehr Rechte im Vorfeld von potenziellen Verbrechen einzuräumen. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher:
    "Die Überwachung von Otto-Normal-Bürger, auch in privatesten Bereichen, dass auch unbescholtene Menschen sich möglicherweise überwacht sehen in Lebensbereichen, in denen dies nicht notwendig und auch nicht wünschenswert ist, das darf es nicht geben."
    Kritik an der Überwachung auf Verdacht
    Im statistisch sichersten Bundesland fragen sich nicht nur linke Politiker, wie verhältnismäßig heimliche Online-Überwachungen von Computern oder DNA-Analysen von Verdächtigen sind. Auch der politisch neutrale Landes-Datenschutzbeauftragte Thomas Petri sieht die neuen Befugnisse kritisch.
    "Herausgekommen ist ein Gesetzesentwurf, der sehr, sehr viele neue Befugnisse enthält, und gleichzeitig sind die rechtsstaatlichen Voraussetzungen für diese neuen Befugnisse relativ schwach ausgestaltet."
    Vor allem die Überwachung auf Verdacht bereitet Kritikern Bauchschmerzen. Bisher durfte die Polizei nur sehr begrenzt im möglichen Vorfeld von Verbrechen handeln. Im CSU-geführten Innenministerium hat man den Rechtsbegriff der "Drohenden Gefahr" einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum internationalen Terrorismus entlehnt und ihn nun auf alle Kriminalitätsbereiche ausgeweitet. CSU-Abgeordneter Manfred Ländner findet es richtig.
    "Wir wollen Befugnisse im präventiven Bereich haben, das heißt, nicht nur reagieren, wenn Straftaten schwerer Art geschehen sind, sondern bereits im Vorfeld Straftaten verhindern."
    Söder will Konflikt entschärfen
    Für Ländner und seine Fraktion soll die Sicherheit ganz oben stehen – schließlich will die CSU den relativ konstanten Anteil an AfD-Wählern von zwölf Prozent bis zur Wahl im Herbst verringern. Den Veranstaltern der Großdemonstration gegen das neue Polizeiaufgabengesetz hatte Innenminister Joachim Herrmann "teilweise Lügenpropaganda" vorgeworfen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder versuchte es nun mit rhetorischer Entschärfung. Am Rande einer CSU-Klausur am Wochenende kündigte er an, eine Kommission aus Datenschützern und Verfassungsrechtlern solle die Einführung des Gesetzes begleiten. In der Kommunikation seien Fehler gemacht worden, räumte Söder ein. Polizei solle in Schulen und Universitäten aufklären. An dem Gesetz selbst wolle auch er festhalten.
    "Das ganze Ziel ist, Opfer zu verhindern. Es ist eine reine Aufgabe für den Schutz des Lebens. Insofern ist es ein notwendiges Gesetz."
    Markus Rinderspacher von der SPD kündigt dagegen schon jetzt weiteren Widerstand an.
    "Deshalb behalten wir uns ausdrücklich vor auch den Gang vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München, weil wir sagen, dass hier Freiheitsrechte, Bürgerrechte in einer Art und Weise eingeschränkt werden, wie dies nicht mehr akzeptabel ist."
    Auch FDP und Grüne wollen klagen, um das Gesetz juristisch zu verhindern. Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU dagegen will das Gesetz zum bundesweiten Muster machen. Auch in mehreren Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wollen Landesregierungen der Polizei mehr Rechte einräumen.