Jürgen Liminski: Im Tarifstreit mit den Uniklinik-Ärzten wollen die Bundesländer kein neues Angebot vorlegen. Dies haben die Länderfinanzminister in Berlin gestern vereinbart. Damit geht der Streik der 22.000 Uniklinik-Ärzte des Marburger Bundes nach Pfingsten in die zwölfte Woche, es sei denn, man einigt sich regional. In diese Richtung deutet die Entwicklung in Bayern. Dort liegt den Ärzten ein Angebot vor, das zwar deutlich unter den Forderungen der Ärzte, aber auch über den Vereinbarungen des neulich mit der ver.di ausgehandelten Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst liegt. Kurt Faltlhauser, der bayerische Finanzminister, hat mit diesem Angebot Bewegung in die festgefahrene Situation gebracht. Ihn haben wir nun am Telefon. Guten Morgen, Herr Faltlhauser!
Kurt Faltlhauser: Guten Morgen!
Liminski: Herr Faltlhauser, wie sieht denn Ihr Angebot aus und haben Sie schon eine Reaktion von den Ärzten?
Faltlhauser: Zunächst muss ich sagen, um was es sich hier handelt. Der Freistaat Bayern ist Mitglied der TdL, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Wir bleiben auch in dieser Tarifgemeinschaft. Nur die Tarifgemeinschaft kann einen Tarifvertrag abschließen, solange es einen Flächentarifvertrag gibt. Was wir jedoch machen können, ist - und da haben Sie völlig richtig formuliert -, ich will etwas Bewegung hinein bringen, ich will Erstarrungen lösen, ich will die Leute zur Vernunft kommen lassen. Deshalb haben wir die Möglichkeit, auf der Basis des bestehenden Tarifvertrages regional zusätzliche Leistungen anzubieten, also mehr zu zahlen. Das können und wollen die einen Länder nicht oder andere Länder möglicherweise. Ich will es und, ich bin bereit mit dem Ziel, den Streik zumindest in Bayern zu beenden. Diesen Spielraum will ich ausnutzen.
Eine zweite Möglichkeit habe ich: Ich kann den Tarifvertrag, der in Potsdam vereinbart worden ist, früher gelten lassen, also nicht erst ab 1. November, sondern auch früher. Auch dies ist ein mögliches Angebot, das wir in konkretisierenden Gesprächen klären wollen. Dies heißt nicht, dass ich hier in Bayern gewissermaßen einen Bundestarifvertrag einleite oder abschließe. Das kann ich nicht und will ich auch nicht.
Liminski: Sie bleiben regional. Haben denn die regionalen Verbände der Ärzte schon reagiert, positiv? Werden Sie sich einigen können?
Faltlhauser: Ich kann nur von Bayern sprechen. Ich habe eine große Runde. Wissen Sie, dieses öffentliche Zur-Schau-Stellen von Muskeln geht mir schlicht und einfach auf den Keks. Da ist auch viel Unprofessionalität dabei, darf ich hier in aller Grobheit sagen. Ich weiß, von was ich rede. Ich war selbst TdL-Vorsitzender. Ich meine jetzt nicht Herrn Möllring, sondern ich meine das auch mit Blick auf Herrn Montgomery.
Ich habe in Bayern eine große Runde gehabt, wo Chefärzte, Verwaltungsdirektoren der Kliniken da saßen, der Marburger Bund und Assistenzärzte. Das Ergebnis in dieser Runde war verblüffend: Alle ohne Ausnahme sagten möglichst schnell Ende der Auseinandersetzungen, möglichst schnell Kompromisse suchen, und wir sind auch der Meinung, dass vor allem mittelfristige Probleme, Strukturfragen der Universitäten eine Rolle spielen, die man in einem Tarifvertrag gar nicht lösen kann. Deswegen habe ich das Angebot zusätzlich gemacht, dass man einen entsprechenden Strukturkreis gründet. Also das Angebot bekommt der Marburger Bund nicht jeden Tag, muss ich sagen.
Liminski: Möglichst schnelle Einigung. Auf allen Seiten ist dies der Wunsch sagen Sie. Heißt das, eine Einigung noch vor der WM?
Faltlhauser: Wenn der Marburger Bund deutlich zusätzliche Leistungen auf dem obendrauf, was in Potsdam vereinbart ist, haben will, bekommt er das. Wenn jedoch eine Verbandsideologie dagegen ist, ich brauche einen bundesweiten Tarifvertrag. Ich kann nicht für Mecklenburg-Vorpommern verhandeln. Das werde ich nicht. Die haben einen eigenen Haushalt. Die haben eigene Probleme. Aber für Bayern kann ich es machen. Wenn man das ablehnt, kann ich auch nur in Richtung zu Herrn Montgomery und seinen Mitarbeitern sagen, dann haben sie eine große Chance verpasst, denn das ist mir gestern auch deutlich geworden im Kreis der Finanzministerkollegen. Die haben alle miteinander keine Lust, die bieten den Tarifvertrag von Potsdam dem Marburger Bund an. Das ist ja ein Tarifvertrag, den der Marburger Bund verhandelt hat. Ver.di hat keine Zeile selbst verhandelt. Das ist alles Ergebnis der Verhandlungen und der Bemühungen des Marburger Bundes. Ver.di ist da nur in diesen Strumpf geschlüpft. Wenn sie das versäumen, dann kann ich auch nichts machen.
Liminski: Ein Vorteil der Tarifgemeinschaft war ja immer die Gleichheit der Ärzte vor dem Gehalt sozusagen. Wenn es nun zu einem Abschluss in Bayern kommt, wird das natürlich Druck auf die anderen Länder ausüben nachzuziehen, oder aber es setzt ein Run der Ärzte nach Bayern ein. Kann das nicht zu Versorgungslücken in anderen Ländern, insbesondere im Osten führen?
Faltlhauser: Das ist doch alles Quatsch. Sie werden doch nicht glauben, dass ein Arzt, der in Hannover arbeitet, seinen Arbeitsplatz verlässt, nur weil er 100 Euro oder 150 Euro in München mehr verdient. Das sind doch alles Märchen. Es sind doch ganz andere Rahmenbedingungen für die Arbeit da. Wenn er hier in Bayern meinetwegen 20.000 € Euro mehr verdienen könnte, dann kann man von derartigen Entwicklungen reden. Alles andere ist doch nur Angstmacherei.
Liminski: Also die Unterschiede sind sehr gering?
Faltlhauser: Sie sind deutlich. Ich muss schon sagen, dass insgesamt für den haushaltsführenden Finanzminister das schon deutliches zusätzliches Geld ist, aber für den Einzelnen führt das wirklich nicht zur Abwanderung. Das sehen wir doch auch in anderen Bereichen, wo sehr unterschiedlich bezahlt wird.
Liminski: Fürchten Sie denn nicht, dass der Sondertarifvertrag, wenn wir ihn mal so nennen, oder die Sondervereinbarung Schule machen könnte etwa der Gestalt, dass andere gewerkschaftlich organisierte Berufsgruppen, zum Beispiel die Polizei, demnächst auch eine Extrawurst gebraten haben wollen?
Faltlhauser: Die Polizei ist bei uns verbeamtet. Da haben wir ganz klare Regelungen. Das befürchte ich nicht. In dem Fall: Ich frage nur in die Runde, Sie, den Herrn Montgomery und andere, was sehen sie außer Maximalforderungen jetzt für Lösungsmöglichkeiten. Ich bin lösungsorientiert und deshalb habe ich jetzt diesen Weg gesucht. Wenn dieser Weg nicht aufgenommen wird, dann war es das.
Liminski: Bayern im Alleingang gegen den Ärztestreik. Das war der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser. Besten Dank für das Gespräch, Herr Faltlhauser!
Faltlhauser: Danke auch. Auf Wiederhören!
Kurt Faltlhauser: Guten Morgen!
Liminski: Herr Faltlhauser, wie sieht denn Ihr Angebot aus und haben Sie schon eine Reaktion von den Ärzten?
Faltlhauser: Zunächst muss ich sagen, um was es sich hier handelt. Der Freistaat Bayern ist Mitglied der TdL, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Wir bleiben auch in dieser Tarifgemeinschaft. Nur die Tarifgemeinschaft kann einen Tarifvertrag abschließen, solange es einen Flächentarifvertrag gibt. Was wir jedoch machen können, ist - und da haben Sie völlig richtig formuliert -, ich will etwas Bewegung hinein bringen, ich will Erstarrungen lösen, ich will die Leute zur Vernunft kommen lassen. Deshalb haben wir die Möglichkeit, auf der Basis des bestehenden Tarifvertrages regional zusätzliche Leistungen anzubieten, also mehr zu zahlen. Das können und wollen die einen Länder nicht oder andere Länder möglicherweise. Ich will es und, ich bin bereit mit dem Ziel, den Streik zumindest in Bayern zu beenden. Diesen Spielraum will ich ausnutzen.
Eine zweite Möglichkeit habe ich: Ich kann den Tarifvertrag, der in Potsdam vereinbart worden ist, früher gelten lassen, also nicht erst ab 1. November, sondern auch früher. Auch dies ist ein mögliches Angebot, das wir in konkretisierenden Gesprächen klären wollen. Dies heißt nicht, dass ich hier in Bayern gewissermaßen einen Bundestarifvertrag einleite oder abschließe. Das kann ich nicht und will ich auch nicht.
Liminski: Sie bleiben regional. Haben denn die regionalen Verbände der Ärzte schon reagiert, positiv? Werden Sie sich einigen können?
Faltlhauser: Ich kann nur von Bayern sprechen. Ich habe eine große Runde. Wissen Sie, dieses öffentliche Zur-Schau-Stellen von Muskeln geht mir schlicht und einfach auf den Keks. Da ist auch viel Unprofessionalität dabei, darf ich hier in aller Grobheit sagen. Ich weiß, von was ich rede. Ich war selbst TdL-Vorsitzender. Ich meine jetzt nicht Herrn Möllring, sondern ich meine das auch mit Blick auf Herrn Montgomery.
Ich habe in Bayern eine große Runde gehabt, wo Chefärzte, Verwaltungsdirektoren der Kliniken da saßen, der Marburger Bund und Assistenzärzte. Das Ergebnis in dieser Runde war verblüffend: Alle ohne Ausnahme sagten möglichst schnell Ende der Auseinandersetzungen, möglichst schnell Kompromisse suchen, und wir sind auch der Meinung, dass vor allem mittelfristige Probleme, Strukturfragen der Universitäten eine Rolle spielen, die man in einem Tarifvertrag gar nicht lösen kann. Deswegen habe ich das Angebot zusätzlich gemacht, dass man einen entsprechenden Strukturkreis gründet. Also das Angebot bekommt der Marburger Bund nicht jeden Tag, muss ich sagen.
Liminski: Möglichst schnelle Einigung. Auf allen Seiten ist dies der Wunsch sagen Sie. Heißt das, eine Einigung noch vor der WM?
Faltlhauser: Wenn der Marburger Bund deutlich zusätzliche Leistungen auf dem obendrauf, was in Potsdam vereinbart ist, haben will, bekommt er das. Wenn jedoch eine Verbandsideologie dagegen ist, ich brauche einen bundesweiten Tarifvertrag. Ich kann nicht für Mecklenburg-Vorpommern verhandeln. Das werde ich nicht. Die haben einen eigenen Haushalt. Die haben eigene Probleme. Aber für Bayern kann ich es machen. Wenn man das ablehnt, kann ich auch nur in Richtung zu Herrn Montgomery und seinen Mitarbeitern sagen, dann haben sie eine große Chance verpasst, denn das ist mir gestern auch deutlich geworden im Kreis der Finanzministerkollegen. Die haben alle miteinander keine Lust, die bieten den Tarifvertrag von Potsdam dem Marburger Bund an. Das ist ja ein Tarifvertrag, den der Marburger Bund verhandelt hat. Ver.di hat keine Zeile selbst verhandelt. Das ist alles Ergebnis der Verhandlungen und der Bemühungen des Marburger Bundes. Ver.di ist da nur in diesen Strumpf geschlüpft. Wenn sie das versäumen, dann kann ich auch nichts machen.
Liminski: Ein Vorteil der Tarifgemeinschaft war ja immer die Gleichheit der Ärzte vor dem Gehalt sozusagen. Wenn es nun zu einem Abschluss in Bayern kommt, wird das natürlich Druck auf die anderen Länder ausüben nachzuziehen, oder aber es setzt ein Run der Ärzte nach Bayern ein. Kann das nicht zu Versorgungslücken in anderen Ländern, insbesondere im Osten führen?
Faltlhauser: Das ist doch alles Quatsch. Sie werden doch nicht glauben, dass ein Arzt, der in Hannover arbeitet, seinen Arbeitsplatz verlässt, nur weil er 100 Euro oder 150 Euro in München mehr verdient. Das sind doch alles Märchen. Es sind doch ganz andere Rahmenbedingungen für die Arbeit da. Wenn er hier in Bayern meinetwegen 20.000 € Euro mehr verdienen könnte, dann kann man von derartigen Entwicklungen reden. Alles andere ist doch nur Angstmacherei.
Liminski: Also die Unterschiede sind sehr gering?
Faltlhauser: Sie sind deutlich. Ich muss schon sagen, dass insgesamt für den haushaltsführenden Finanzminister das schon deutliches zusätzliches Geld ist, aber für den Einzelnen führt das wirklich nicht zur Abwanderung. Das sehen wir doch auch in anderen Bereichen, wo sehr unterschiedlich bezahlt wird.
Liminski: Fürchten Sie denn nicht, dass der Sondertarifvertrag, wenn wir ihn mal so nennen, oder die Sondervereinbarung Schule machen könnte etwa der Gestalt, dass andere gewerkschaftlich organisierte Berufsgruppen, zum Beispiel die Polizei, demnächst auch eine Extrawurst gebraten haben wollen?
Faltlhauser: Die Polizei ist bei uns verbeamtet. Da haben wir ganz klare Regelungen. Das befürchte ich nicht. In dem Fall: Ich frage nur in die Runde, Sie, den Herrn Montgomery und andere, was sehen sie außer Maximalforderungen jetzt für Lösungsmöglichkeiten. Ich bin lösungsorientiert und deshalb habe ich jetzt diesen Weg gesucht. Wenn dieser Weg nicht aufgenommen wird, dann war es das.
Liminski: Bayern im Alleingang gegen den Ärztestreik. Das war der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser. Besten Dank für das Gespräch, Herr Faltlhauser!
Faltlhauser: Danke auch. Auf Wiederhören!