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Beamtenbund für leistungsbezogene Bezahlung

Jochen Spengler: Und wir bleiben beim Thema öffentlicher Dienst. Am Telefon begrüße ich Peter Heesen, seit November der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, guten Morgen, Herr Heesen.

    Peter Heesen: Guten Morgen, Herr Spengler.

    Spengler: Herr Heesen, Sie schlagen von sich aus eine umfassende Reform des Beamtenrechtes vor. Ehe wir darauf zu sprechen kommen, lassen Sie uns über das Warum sprechen. Sorgen Sie sich, dass das Berufsbeamtentum ganz abgeschafft werden könnte, wie es zum Beispiel Ministerpräsident Steinbrück zu planen scheint?

    Heesen: Ja natürlich, das ist auch eine Sorge, aber das ist nicht das einzige Motiv. Sehen Sie, wir haben frustrierte Mitarbeiter, die müssen mehr arbeiten, die Arbeitszeiten werden angehoben, es kommt zu Arbeitsverdichtung, die Gehälter werden gekürzt. Das schafft keine Motivation. Und deshalb haben wir gesagt, wir wollen ein neues Bezahlungsrecht haben, das wieder Perspektiven schafft, das modernisiert natürlich auch, denn wir wollen das ja nicht nach irgendwelchen unbilligen Kriterien, sondern nach dem Kriterium Leistung und ich denke, dass das eine sehr moderne und vernünftige Reform sein wird.

    Spengler: Wenn Sie nun anregen, dass Leistung stärker honoriert werden sollte als bislang, ist das dann ein Eingeständnis, dass die Leistungen höher sein könnten als sie sind?

    Heesen: Nein, das überhaupt nicht. Wir wollen aber motivierte Beschäftigte haben. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass die Zahl derer, die weniger gute Leistung bringen, gar nicht sehr groß ist. Natürlich gibt es sie immer, ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Berufsgruppe gibt, in der es so etwas nicht gibt, aber wir wollen diese Motivation schaffen. Wir wollen nicht irgendwelche Menschen bestrafen, sondern wir wollen über diese Anreize Perspektiven schaffen und ich denke, das brauchen wir, damit der öffentliche Dienst seiner Aufgabe so gut es eben möglich ist nachkommen kann.

    Spengler: Wie misst man denn Leistung? Also, beispielsweise bei einer Polizistin, je mehr Strafzettel sie verteilt, umso höher die Leistung?

    Heesen: Nein, überhaupt nicht. Das sind falsche Quantitäten. Wir haben ja bereits jetzt ein Beurteilungssystem. Es ist ja nicht so, als ob nicht jetzt im Rahmen von Regelbeurteilen sogar die Leistung von Beamten gemessen wird. Wir haben allerdings vorgeschlagen, dass auch da ein paar Verbesserungen eingebaut werden, denn das Beurteilungsverfahren kann optimiert werden, wir können es transparenter hinbekommen. Wir wollen auch an einer Stelle etwas tun, wo es um die Führungsqualitäten der Menschen geht, die Verantwortung für das Personal haben. Da ist auch noch eine Menge Nachholbedarf, denn auch das ist ja etwas, was zur Motivation von Beschäftigten beitragen kann, Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungen, Begleitung auf dem Weg zu einer besonders guten Arbeit, das kommt am Ende allen zu Gute.

    Spengler: Wie hoch sollen denn diese Leistungszulagen sein und was ist mit denen, die die Leistung nicht bringen?

    Heesen: Also, wir haben gesagt, das muss in den Verhandlungen mit dem Bundesinnenminister austariert werden, aber wir könnten uns schon vorstellen, dass je nach Berufsgruppe und je nach Aufgabenfeld wir einen Leistungsbezahlungskorridor haben, der von fünf Prozent bis vielleicht 15 oder sogar in einigen Gruppen 20 Prozent gehen könnte. Ich denke einmal, dass das Perspektiven schafft. Wenn man aber auf das System der Amtsbezogenheit, das wir ja weiter brauchen, weil wir auch verschiedene Hierarchien haben, wenn wir auf das System der Amtsbezogenheit leistungsbezogene Bezahlung setzen durch Leistungsstufen, dann gehört es zur Fairness, das habe ich auch gesagt und dazu stehe ich auch, dass auch jemand einmal die eine Stufe nach unten gehen kann innerhalb dieser Leistungsbezahlung, denn es kann keine Einbahnstraße sein, das wäre unfair und ich glaube auch, dass das uns niemand abnehmen würde.

    Spengler: Aber soweit, die ja rigiden Kündigungsschutzvorschriften im öffentlichen Dienst zu lockern, soweit gehen Sie nicht?

    Heesen: Nein, das Kündigungsverbot, das heißt also das Lebenszeitprinzip, das ist ein Äquivalent zum Verzicht auf das Streikrecht und wer das Recht nicht hat zum Arbeitskampf, dem muss man eben auch einen bestimmten verfassungsrechtlichen Schutz zukommen lassen. Das haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes, wie ich meine, sehr klug austariert.

    Spengler: Wer sorgt denn nun dafür, dass es zu dieser Reform kommt, der Bundesinnenminister?

    Heesen: Wir werden das gemeinsam machen. Otto Schily und ich haben vereinbart, dass wir im Laufe dieses Jahres mit einer gemeinsamen Arbeitsgruppe diese Dinge erarbeiten, dass wir das über Verhandlungen, über Gespräche regeln und ich bin ziemlich sicher, dass wir am Ende dieses Jahres ein guten Konzept der Öffentlichkeit vorlegen können.

    Spengler: Aber eigentlich dürfen Sie ja als Beamte nicht mitbestimmen, das ist ja immer noch wie im Obrigkeitsstaat, der Minister sagt, wo es lang geht. Müsste das nicht eigentlich geändert werden?

    Heesen: Das gehört zu unserem Katalog dessen, was verändert werden muss. Wir respektieren zwar, und das geht auch gar nicht anders, das Recht der Parlamente, weil es ja am Ende um öffentliche Mittel geht, das ist keine Frage. Aber wir wollen in der Tat aus diesen vordemokratischen Zeiten der Mitwirkung heraus und die Tatsache, dass wir jetzt ja miteinander Reformen besprechen und entwickeln, ist ja auch ein Beleg dafür, dass der Minister an sich in dieser Frage willig ist.

    Spengler: Ich danke Ihnen. Das war der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes Peter Heesen.