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Beckstein stellt sich hinter Stoiber

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein hat sich für eine Spitzenkandidatur seines CSU-Parteikollegen Edmund Stoiber bei der Landtagswahl im nächsten Jahr ausgesprochen. Er habe im Präsidium mit Überzeugung für eine weitere Kandidatur des Ministerpräsidenten gestimmt, sagte Beckstein. Auch eine Ämtertrennung zwischen CSU-Vorsitz und dem Posten des bayerischen Ministerpräsidenten lehnte der Minister ab.

Moderation: Dirk Müller |
    Dirk Müller: Sie ist hausgemacht, diese Krise, damit selbst verschuldet, selbst eingeleitet. Ganz viele in der Parteiführung haben offenbar ganz viele Fehler dabei gemacht. Den größten Fehler hat wohl Edmund Stoiber selbst begangen, eben das alles viel zu spät wahrgenommen, viel zu spät realisiert zu haben. So sucht die CSU-Führung nach einem Ausweg, der ein neuer Weg werden könnte, werden sollte, denn immer mehr Stimmen innerhalb der Partei fordern offenbar diesen neuen Weg, also ohne den angeschlagenen Ministerpräsidenten und Parteichef. Heute könnte der Tag der Entscheidung sein.

    Am Telefon sind wir nun verbunden mit dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU). Guten Morgen!

    Günther Beckstein: Einen schönen guten Morgen!

    Müller: Herr Beckstein, hat Edmund Stoiber dieses Theater verdient?

    Stoiber: Nein! Edmund Stoiber hat einzigartige Wahlerfolge für die CSU eingefahren und hat für Bayern viele Leistungen erbracht. Von daher, glaube ich, gibt es fast niemanden, der auch nicht sagt, dass Edmund Stoiber wirklich eine großartige Arbeit gemacht hat.

    Müller: Wissen Sie denn, Herr Beckstein, wer für diese Situation verantwortlich ist?

    Beckstein: Ich muss Sie bitten, etwas lauter zu sprechen. Ich kann nämlich fast nichts hören.

    Müller: Herr Beckstein wissen Sie denn, wer für diese Situation verantwortlich ist?

    Beckstein: Das ist für mich ehrlich gesagt auch eine ziemlich unverständliche Sache. Es hat natürlich eine Diskussion gegeben, ob man nach vielen Jahren erneut 2008 mit Edmund Stoiber in die Wahlen gehen soll. Das war natürlich in erster Linie von Frau Pauli, aber es hat auch den einen oder anderen gegeben, der auch hier gesagt hat, nach so langer Zeit sollte ein Wechsel erfolgen. Das ist eine ganz zunächst natürliche Diskussion, die dann allerdings eskaliert ist. Und da sind sicherlich auch verschiedene Fehler gemacht worden, dass man mit Frau Pauli nicht geredet hat, dass die Affäre um Herrn Höhenberger gewesen ist. Dadurch ist die gesamte Geschichte ziemlich eskaliert. Ich bedauere das.

    Müller: Haben nahezu alle in der CSU-Führung diese Fehler begangen?

    Beckstein: Natürlich. Wir haben alle die Diskussion unterschätzt, die Stimmung unterschätzt und hatten dann auch gedacht in der vergangenen Woche, mit einem Beschluss des Präsidiums wäre die gesamte Diskussion erledigt. Das ist leider nicht eingetreten.

    Müller: Wollen Sie den Wechsel?

    Beckstein: Bitte?

    Müller: Wollen Sie den Wechsel?

    Beckstein: Nein. Ich habe bei dem Beschluss des Präsidiums letzte Woche mit Überzeugung und mit Begründung mitgestimmt, dass ich sage, ich kenne Edmund Stoiber seit langer Zeit, ich schätze ihn als jemanden, der wirklich diskussionswillig ist, der kämpferisch ist, der viele Ideen hat, umgesetzt hat, der wirklich größte Arbeit geleistet hat. Von daher habe ich auch erklärt, dass ich nie gegen Edmund Stoiber kandidieren werde.

    Müller: Aber wenn Edmund Stoiber gehen sollte, dann wären Sie bereit, seine Position zu übernehmen?

    Beckstein: Da gibt es bei uns ein Sprüchlein: "Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre, wäre mein Vater ein Millionär". Das heißt, sich mit derartigen Wenn-Fragen zu beschäftigen, ist völlige Illusion und ist auch nicht die Frage. Sie werden auch darauf keine Antwort von mir bekommen. In der konkreten Situation müssten Diskussionen erfolgen. Da gibt es viele, die Interesse hätten, aber umgekehrt muss ich sagen: Edmund Stoiber ist derjenige, hinter dem wir stehen und mit dem wir auch die Auseinandersetzung sowohl als CSU-Vorsitzender, aber auch als Ministerpräsident führen.

    Müller: Wenn Sie für Edmund Stoiber jetzt sind und für Edmund Stoiber plädieren, was heißt das in der Praxis? Soll er 2008 antreten, und wie lange soll er dann noch machen?

    Beckstein: Wir werden jetzt in den nächsten Tagen eine intensive Diskussion in den Gremien der Fraktion haben. Ich hoffe, es wird eine ehrliche, eine anständige Diskussion. Und da werden dann Klärungsprozesse erfolgen.

    Müller: Herr Beckstein, wofür sind Sie?

    Beckstein: Ich selber sage, wir wollen halt mit Edmund Stoiber 2008 wieder antreten.

    Müller: Und wie lange soll er dann noch regieren?

    Beckstein: Das ist nicht die Frage, die sich jetzt stellt. Das, meine ich, muss die nächste Legislaturperiode dann zeigen.

    Müller: Er soll als Ministerpräsident antreten. Soll er auch aus Ihrer Sicht Parteichef bleiben?

    Beckstein: Ja!

    Müller: Keine Alternative dazu?

    Beckstein: Eine Trennung der Ämter, die beide Edmund Stoiber innehat, halte ich nicht für eine sinnvolle Lösung. Wenn in 10 Jahren oder vor 20 Jahren eine Ämtertrennung gewesen ist, dann ist das nicht unmöglich, aber bei Edmund Stoiber kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Ämtertrennung sinnvoll ist.

    Müller: Herr Beckstein wie groß ist der Vertrauensverlust von Edmund Stoiber in der Bevölkerung? Kann es sein, dass die CSU in dieser Stoiber-Krise im Grunde heruntergezogen wird durch Edmund Stoiber?

    Beckstein: Ich sehe im Moment natürlich mit Sorge, dass wir eine sehr streitige, sehr unerfreuliche Diskussion haben. Und eine Partei, die so unterschiedliche Meinungen hat, auch eine Diskussion, die in der Öffentlichkeit so schwierig läuft, hinterlässt natürlich Stimmungen. Aber im Moment sind es natürlich Momentaufnahmen. Ich denke, dass Edmund Stoiber in der Vergangenheit schon öfters gezeigt hat, dass er Meinungen umdrehen kann. Ich erinnere mich an die Zeit vor seiner Kanzlerkandidatur. Da hat es auch erst geheißen, er hätte schlechte Werte, und er hat dann in relativ kurzer Zeit durch gute Maßnahmen und gute Leistungen die Umfragen wieder hochgebracht.

    Müller: Das heißt, all die kritischen Stimmen, Herr Beckstein, die wir in den vergangenen Tagen und Wochen vernommen haben in den Medien, das waren ja zum Teil Stimmen aus der CSU-Führung, es waren Stimmen aus dem Landtag, es waren auch Stimmen aus der Bundestagslandesgruppe, das sind alles Stimmen gewesen, die sich im Grunde geirrt haben?

    Beckstein: Ich sage ja, eine so unterschiedliche Meinung, die es an der Basis gibt, das sind ja in aller Regel nicht die bekannten Funktionsträger, ist etwas, was einer Partei massiv schadet.

    Müller: Gibt es so etwas wie eine Demontagetruppe innerhalb der CSU?

    Beckstein: Ich halte es für ausgeschlossen, dass das irgendeine organisierte Gruppe ist, aber es gibt natürlich nach längerer Zeit manche Verletzungen, die hinterlassen worden sind.

    Müller: Sie fordern ja bei Edmund Stoiber keine personellen Konsequenzen, aber in dieser Krise, in dieser Führungskrise, das hat auch an Glaubwürdigkeit gefehlt innerhalb der CSU. Das schreiben jedenfalls viele Journalisten. In den Kommentaren ist das nachzulesen. Die Umfragewerte bestätigen dies ja. Das alles ohne personelle Konsequenzen?

    Beckstein: Ich sage Ihnen, wenn wir zusammenstehen mit einem kämpferischen Edmund Stoiber, dann wird das gehen. Aber dazu ist wirklich eine offene, ehrliche, anständige Diskussion notwendig, die es übrigens in der Karriere Edmund Stoibers auch schon mal gegeben hat, wo wir dann aber auch wieder zu Geschlossenheit gefunden haben. Das ist jetzt notwendig.

    Müller: Gehen Sie davon aus, Herr Beckstein, letzte Frage, dass morgen in Kreuth endgültig eine Entscheidung fallen wird über den künftigen Fahrplan?

    Beckstein: Ich glaube nicht, dass bei der Tagung in Kreuth Entscheidungen irgendwelcher Art fallen, aber ich hoffe, dass es eine ehrliche, anständige Diskussion ist und wir dann anschließend wieder zusammenstehen.

    Müller: Der bayerische Innenminister Günther Beckstein war das. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Beckstein. Auf Wiederhören.

    Beckstein: Bitteschön, auf Wiederhören.