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Behandlungsfehler
Entschädigung muss oft mühsam erstritten werden

Die Folgen von Behandlungsfehlern sind oft sehr belastend. Und wer in einer so schwierigen Situation auch noch um eine Entschädigung kämpfen muss, kann schnell verzweifeln. Ohne die Hilfe eines auf Medizinrecht spezialisierten Anwaltes geht dann oft gar nichts.

Von Mirko Smiljanic | 29.08.2017
    Ein Gerichtshammer.
    Prozesse rund um ärztliche Behandlungsfehler sind oft kompliziert. (picture alliance / dpa / Andrey Starostin)
    Ein unscheinbares Haus in einem unscheinbaren Stadtteil Kölns. Kein glänzendes Messingschild weist den Weg für Mandanten, nur ein schlichtes weißes DIN-A5-Blatt gibt Auskunft, wer im zweiten Stock seine Büros hat: "Christian Lattorf, Rechtsanwalt für Patienten – Schmerzensgeld- und Schadenersatzrecht für Opfer von Arztfehlern".
    Er habe viel zu tun, so Lattorf. Auch wenn seine Mandanten häufig erst über Umwege zu ihm kommen:
    "Meistens ist es so, die Patienten gehen zu einem anderen Behandler. Und der sagt dann, wie ist das denn passiert, was ist da denn gelaufen? Und da kommen die meistens erst auf die Idee, da ist was schiefgegangen."
    Irgendwann sitzen die möglichen Opfer von Behandlungsfehlern dann vor Lattorfs Schreibtisch und schildern ihren Fall. Leicht fällt ihnen das nie:
    "Da fließen oft Tränen, das ist wohl wahr. Besonders wenn es um Kinder geht."
    Für die Geschädigten oft sehr schwierige Lage
    Da war zum Beispiel die türkische Familie, die vor zwei Jahren für ihre Tochter Hilfe suchte:
    "Da war ein sechsjähriges Kind im Krankenhaus aufgrund einer Lungenentzündung. Und dort ist eigentlich alles schiefgegangen. Die haben das Infiltrat über eine Punktation ablaufen lassen, die haben dann die Wunde nicht anständig zugemacht, sodass sich das Ganze verschlimmert hatte, dann war das Kind auf Intensiv und es gab einen hypoxischen Hirnschaden."
    In dessen Folge das Mädchen erblindete, sich seither kaum noch bewegen kann und heute als Pflegefall ans Bett gefesselt ist. Selbst bei so dramatischen Fällen, beobachtet der Kölner Medizinrechtler, schalten die Betroffenen vergleichsweise spät Anwälte ein. Für die Versicherungen kann sich das auszahlen, den Schaden, so Lattorf, tragen häufig die Opfer von Behandlungsfehlern:
    "Solche Verfahren können schon über mehrere Jahre dauern. Und die Versicherungen, die auf der Gegenseite stehen, die versuchen das zu verzögern. Damit eventuell die Ansprüche dann geringer sind und die Mandanten dann zermürbt werden, weil die keine Lust mehr haben, keine Nerven mehr haben, kein Geld mehr haben, hier irgendwie weiterzumachen."
    Am Ende häufig ein Vergleich
    Die türkische Familie mit dem behinderten sechsjährigen Mädchen hat durchgehalten. Aber selbst in diesem auf den ersten Blick eindeutigen Fall eines Behandlungsfehlers war das Ergebnis eher durchwachsen – trotz der hohen Entschädigung:
    "Für die Familie haben wir 1,3 Millionen erstritten. Das geschah auf dem Wege eines Vergleichs, und zwar ohne, dass vorher ein Gutachten vorlag. Das hieße, wenn das Gutachten negativ ausgefallen wäre für den Mandanten, wäre es vielleicht so passiert, dass er gar nichts bekommen hätte. Wenn es positiv ausgegangen wäre, wäre es vielleicht doppelt so viel gewesen. Man einigt sich dann lieber vorher auf einen Betrag X, womit man dem Kind auch gut weiterhelfen kann."