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"Bei Außenpolitik unterscheiden sich Bush und Kerry nur graduell"

Breker: Am Telefon bin ich nun verbunden mit Karsten Voigt, Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Herr Voigt, wir haben es gehört, die Delegierten hat John Kerry überzeugt. Hat er Sie auch überzeugt? Ist John Kerry nun ein aussichtsreicher, ein ernst zu nehmender Gegenkandidat zu George Bush?

Moderation: Gerd Breker |
    Voigt: Es hat von Anfang an daran keinen Zweifel gegeben, dass wenn Kerry sich in Europa zur Wahl stellen würde und die Alternative zwischen Bush und Kerry bestünde, dass dann die Mehrheit der europäischen Wähler Kerry bevorzugen würde. Aber das ist ja nicht die Entscheidung. Nicht die Europäer entscheiden, sondern die Amerikaner entscheiden. Wir als Leute, die professionell die amerikanische Politik beobachten, sind gut beraten, ganz deutlich zu sagen und auch klar zu machen, dass wir uns nicht in den inneramerikanischen Wahlkampf einmischen. Das würden auch die Befürworter von Kerry letzten Endes nicht verzeihen.

    Breker: Natürlich mischen wir uns nicht in den Wahlkampf ein, aber wir hören ganz deutlich hin, wenn John Kerry etwa über die Außenpolitik spricht. Und in dem außenpolitischen Teil seiner Rede heißt es zwar "Krieg nur dann, wenn man muss", aber darüber entscheiden, ob Krieg oder nicht, das wollen die Amerikaner auch unter Kerry weiterhin alleine?

    Voigt: Ja, das ist die amerikanische Position, sowohl der Demokraten wie der Republikaner, die sie von der deutschen Bundesregierungen unterscheidet. Für die Amerikaner ist Multilateralismus, die Unterstützung der UNO, der Verbündeten, wünschenswert, auch erstrebenswert, aber für die deutsche Bundesregierung ist sie ein Muss, bevor sie sich militärisch engagiert. Für die Amerikaner ist das eine wünschenswerte Option, aber nicht die einzige Option. Da unterscheiden sich Bush und Kerry graduell, aber nicht prinzipiell. Wichtig ist für uns allerdings, dass Kerry sagt, er will mehr auf die Verbündeten zugehen, er will mehr auf die UNO zugehen. Das ist etwas, was Balsam in unseren Ohren ist, aber ich habe nicht vergessen, dass der damalige Herausforderer Bush auch den Clinton kritisiert hat, dass er nicht genügend auf die Verbündeten gehört hat, angeblich. Aber das, was wir dann später erlebt haben, abgesehen von den letzten Monaten, war ja doch, dass der Präsident Bush die Verbündeten und die NATO zum Teil sehr marginalisiert hat.

    Breker: Stichwort: auf die Verbündeten zugehen - nun hat Kerry angekündigt, er will mehr Verbündete für den Wiederaufbau im Irak gewinnen, das heißt er will auch Deutschland gewinnen. Lautet die Antwort an Kerry von deutscher Seite anders als die an Bush?

    Voigt: Die Zusage, dass die Deutschen beim zivilen Wiederaufbau, bei der Etablierung und Sicherung von Demokratie im Irak, so wie wir das in Afghanistan tun, auch im Irak mit unterstützen würden, die gibt es bereits. Die entscheidende Frage aber ist, ob wir bei unserer Position bleiben würden, dass deutsche Truppen sich nicht an Militäreinsätzen im Irak beteiligen würden. Das ist eine Aussage der Bundesregierung, die unabhängig von der jeweiligen amerikanischen Administration gilt. Wir engagieren uns in Afghanistan und auf dem Balkan, aber die Bundesregierung beabsichtigt nicht, deutsche Truppen in Konflikte im Irak zu verwickeln.

    Breker: Das was John Kerry gesagt hat zu den Problemen, die die Amerikaner ja offensichtlich im Irak haben, reicht Ihnen das aus? Man kann heute in seriösen US-Zeitungen nachlesen, es habe eine klare Vision für die Lösung des Irakproblems in der Kerry-Rede gegeben. Teilen Sie diese Kritik?

    Voigt: Ich bin da vorsichtig mit Kritik. Der Präsidentschaftsherausforderer kann die Fakten nicht setzen, die setzt der jeweils amtierende Präsident und deshalb muss ein Präsidentschaftsherausforderer wie Kerry sehr darauf achten, dass er nicht etwas fordert, was in der nächsten Woche durch irgendeine Aktion vor Ort, oder durch die Iraker, oder der Amerikaner widerlegt wird. Das heißt, da muss er als Präsidentschaftsherausforderer die Handlungskraft des amtierenden Präsidenten respektieren. Man muss auch sehen, dass, so weit es um konkrete Alternativen geht, seine Wählerschaft ja durchaus unterschiedlich strukturiert ist und unterschiedliche Meinungen hat. Da kann ein Amerikaner ihn kritisieren. Ich habe Verständnis für das Vorgehen von dem Präsidentschaftskandidaten Kerry, ich kenne ja ähnliche Situationen aus deutschen Wahlkämpfen auch.

    Breker: Auch für John Kerry steht der Kampf gegen den internationalen Terrorismus weiterhin an erster Stelle. Ist das die richtige Prioritätenliste?

    Voigt: Eindeutig, denn bei dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus waren wir ja von Anfang an auf der Seite der Amerikaner, wir haben uns engagiert, sowohl mit Militär, wie mit Nachrichtendiensten, wie auch ökonomisch. Das war unser Einsatz in Afghanistan. Wir haben nur immer das Risiko gesehen, dass Krieg im Irak nicht dem Terrorismus schaden würde, sondern nützen würde und sehen uns eigentlich durch die Entwicklung dort vor Ort eher in dieser Analyse bestätigt. Das heißt, wir machen eine Unterscheidung zwischen einem sinnvollen, militärischen Einsatz in Afghanistan und dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus und der Lage im Irak, wo der Terrorismus durch den Krieg, wenn es dort überhaupt einen Zusammenhang gibt, eher durch den Krieg gestärkt worden ist, als dass Saddam Hussein ein Problem des internationalen Terrorismus, des El Kaida-Terrorismus gewesen ist.

    Breker: Vielleicht noch eine kurze Frage zum Schluss: Sie kennen ja John Kerry persönlich. Die persönlichen Beziehungen zwischen Gerhard Schröder und Georg Bush galten als nicht sonderlich gelungen. Glauben Sie, dass die persönlichen Beziehungen zwischen Gerhard Schröder und John Kerry bessere Chancen haben?

    Voigt: Zu erst einmal, die persönlichen Beziehungen zwischen dem amerikanischen Präsidenten Bush und Gerhard Schröder haben sich wieder etwas verbessert. Ich hoffe, wenn es einen neuen Präsidenten geben würde, dass dort von Anfang an sich wieder so gute Beziehungen herstellen ließen, wie sie zwischen Bill Clinton und Gerhard Schröder bestanden. Aber ich hoffe natürlich auch, wenn Präsident Bush bleiben sollte, dass der Weg zur Verbesserung der Beziehungen weiter offen ist und auch beschritten wird.