
216 Einzelpersonen und 115 Organisationen sind für den diesjährigen Preis nominiert. Und wie immer wird bis zur Bekanntgabe des Trägers oder der Träger spekuliert. Henrik Urdal, Chef des Osloer Friedensforschungsinstituts "Prio", hat einen klaren Favoriten:
"Wir tippen auf das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Im Jemen und in Syrien sind acht Millionen Menschen komplett von diesen Lebensmittellieferungen abhängig. Wir wissen außerdem, dass dieses Programm hilft, alte Konflikte zu schlichten und dass es die Bevölkerung eines Landes weniger anfällig macht für neue Konflikte."
Vor einem Jahr hatte ICAN den renommierten Preis erhalten, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen. Diesmal gelten auch Aktivisten aus dem Umfeld der #MeToo-Kampagne als Kandidaten, etwa Denis Mukwege, ein Arzt aus dem Kongo, der gegen sexuelle Gewalt kämpft, und die Jesidin Nadia Murad, die vor vier Jahren von der Terrormiliz IS als Sexsklavin verschleppt worden war, floh und heute "Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen für die Würde der Überlebenden des Menschenhandels" ist. Im Gespräch sind auch Rettungsorganisationen für Flüchtlinge im Mittelmeer, "Reporter ohne Grenzen" oder Südkoreas Präsident Moon Jae In und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un.
Dauerkandidaten Papst und Merkel
Eher nicht US-Präsident Donald Trump übrigens, dessen Nominierung Berichten zufolge ein "fake" gewesen sein soll, eine nicht autorisierte Person habe ihn vorgeschlagen. Dazu gibt es die üblichen "Dauerkandidaten" wie den Papst oder die Bundeskanzlerin. Neu ist in diesem Jahr, dass sich eines der fünf Mitglieder des norwegischen Nobelkomitees im Vorfeld zum Preis geäußert hat, wenn auch nicht zum Preisträger: Asle Toje war das beim Internationalen Friedensinstitut IPI. Er nannte einige der Überlegungen, die nach der Bewertung der jeweiligen friedenschaffenden Wirkung die Entscheidung für einen Preisträger beeinflussen:
"Bringt der Preis sein oder ihr Leben in Gefahr? Wie wird er oder sie damit fertig, bis ans Lebensende Träger oder Trägerin des Preises zu sein? Und wir überlegen, welche Reaktionen der Preis bei anderen betroffenen Parteien auslöst: Wird er einigen oder spalten?"
Der Preis kann keinen Frieden schaffen
Toje warnte vor überhöhten und falschen Hoffnungen:
"Einige erwarten, dass der Preis Frieden schafft. Das kann er nicht", sagte er, "er kann aber ermutigen und ein Leuchtfeuer sein". Allerdings kann er auch an Menschen vergeben werden, die für viele danach den hohen Ansprüchen nicht gerecht werden. Wie aktuell Aung San Suu Kyi, ehemalige Freiheitskämpferin aus Myanmar, die als Regierungschefin des Landes lange zum Völkermord an den Rohingya geschwiegen hatte. Kritiker hatten die Aberkennung des Preises verlangt. Aber das sehen die Statuten nicht vor. Aus gutem Grund, so Toje:
"Denken sie, dass die Aberkennung des Preises für Aung San Suu Kyi ein größeres Problem wäre, als Preisträgerin zu bleiben? Wenn der Preis etwas bewirkt, dann doch eine Verstärkung der Kritik!"
Der Friedenspreis ist wie alle anderen Nobelpreise in diesem Jahr mit neun Millionen schwedischen Kronen dotiert, umgerechnet etwa 870.000 Euro. Er wird traditionell am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel auf seinen Wunsch hin als einziger in Oslo verliehen, die anderen in Stockholm.

