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Belastungsprobe für die Europäische Union

Die Vorstellungen der Regierungen zur Euro-Rettung gehen weit auseinander. Vor allem zwischen Frankreich und Deutschland klaffen ideologische Gräben. Dahinter stehen grundsätzliche Unterschiede im Staatsverständnis, die auch die Pläne für den Umbau der Europäischen Union nach dieser Krise prägen.

Von Alois Berger | 21.10.2011
    "Wir leben heute miteinander, wie es nie zuvor möglich war. Wir Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind zu unserem Glück vereint."

    Dass der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso besonders schöne Sätze im Europäischen Parlament neuerdings auf Deutsch vorträgt, ist kein Zufall. Barroso möchte, dass seine EU-Kommission künftig auch für die wirtschaftspolitische Steuerung der Eurozone zuständig ist, und er weiß, dass er dafür vor allem die Unterstützung Deutschlands braucht.

    Doch Kommissionspräsident José Manuel Barroso weiß auch, dass die Regierung dieses größten EU-Landes bislang wenig Neigung verspürt, seiner Kommission bei der Sanierung der Währungsunion eine tragende Rolle zuzugestehen.

    Diese Ablehnung teilt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Beiden schwebt eine Wirtschaftsregierung für die Eurozone vor, bei der weder die EU-Kommission noch das Europäische Parlament etwas mitzureden haben. Stattdessen sollen sich die 17 Regierungschefs der Eurozone zweimal im Jahr in Brüssel treffen, um die Eckdaten der gemeinsamen Wirtschaftspolitik festzulegen.

    Für Kommissionspräsident Barroso ist das ein Affront. Im Europaparlament gab er sich jüngst ungewohnt kämpferisch und sogar aufmüpfig gegen die Regierungen:

    "Regierungen, seien wir doch ehrlich, Regierungen können das nicht alleine machen, so wenig wie Regierungen das durch Verhandlungen untereinander machen können. In der Tat ist die Europäische Kommission die Wirtschaftsregierung in der Europäischen Union. Wir brauchen ganz bestimmt keine neuen Institutionen."

    Nicht nur der EU-Kommissionspräsident, auch die meisten Abgeordneten im Europaparlament sind empört. Martin Schulz, Chef der Sozialisten und Sozialdemokraten wettert gegen den Rückfall in vordemokratische Zeiten:

    "Das sind die Methoden des Wiener Kongresses im 19. Jahrhundert, wo die Mächtigen Europas, wie sie uns jetzt mitgeteilt haben, einmal im Monat hinter verschlossenen Türen zusammenkommen wollen, um anschließend ihren erstaunten Untertanen mitzuteilen, worüber sie sich wieder einmal nicht einigen konnten. Das kann nicht die Zukunft Europas sein."

    Wie weit der Streit um die Zukunft Europas bereits an diesem Wochenende ausgetragen wird, ist noch offen. Beim Mammuttreffen der EU-Granden in Brüssel soll es vor allem um die Sofortmaßnahmen zur Rettung Griechenlands gehen, um die Vorbereitung eines möglichen Schuldenschnitts, um Eurobonds, um die Größe von Rettungsschirmen und um die Frage einer Zwangskapitalisierung gefährdeter Banken.

    Mit einem dreitägigen Kraftakt will sich die Europäische Union in der Schuldenkrise endlich Luft verschaffen. Bis spät in die Nacht werden heute Abend die 17 Finanzminister der Eurozone in Brüssel beraten, morgen treffen sich dann die 27 Europa- und die 27 Finanzminister der Europäischen Union, und am Sonntag die EU-Regierungschefs selbst. Ein Befreiungsschlag soll es werden, die EU will nicht länger die Getriebene der Märkte sein.

    Doch die Vorstellungen der Regierungen gehen weit auseinander, zu unterschiedlich sind die Interessen und Hoffnungen in den Mitgliedsländern. Vor allem zwischen Frankreich und Deutschland klaffen ideologische Gräben. Während Paris beispielsweise den Rettungsschirm EFSF am liebsten mit einer Banklizenz ausstatten möchte, will Berlin das in jedem Fall verhindern. Auch um die Rolle der Europäischen Zentralbank beim Kauf von maroden Staatsanleihen gibt es grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten.

    Hinter diesen Meinungsverschiedenheiten stehen nicht nur unmittelbare nationale Interessen. Etwa, dass Deutschland bei allen Rettungsmaßnahmen einen höheren finanziellen Anteil schultern muss, oder dass französische Banken bei einer griechischen Pleite mehr zu verlieren haben. Dahinter stehen auch grundsätzliche Unterschiede im Staatsverständnis, unterschiedliche Vorstellungen, was ein Staat soll und kann. Diese Unterschiede prägen auch die Pläne für den Umbau der Europäischen Union nach dieser Krise.

    Stichwort: Wirtschaftsregierung. Während man in Frankreich darunter richtige Menschen aus Fleisch und Blut versteht, die Entscheidungen treffen und auf neue Situationen mit neuen Maßnahmen reagieren, denkt man in der Berliner Regierung eher an ein fest stehendes Regelwerk. Eine etwas skurrile Auslegung, mit der auch Regierungssprecher Steffen Seibert in Erklärungsnöte kommt:

    "Ein bisschen ist es ein Streit um Wörter, dieser immer wieder auftauchende Begriff der Wirtschaftsregierung, der leider etwas mehr vernebelt als aufklärt. Wir müssen nun mal damit leben, dass in unterschiedlichen europäischen Ländern, in unterschiedlichen sprachlichen und politischen Kulturen ein Wort wie Regierung unterschiedliche Bedeutungsnuancen mit sich trägt."

    Die französische Forderung nach einer Wirtschaftsregierung für den Euro ist älter als der Euro selbst. Seit 1996 taucht in europäischen Gipfelbeschlüssen immer wieder das französische Wort "Gouvernement economique" auf. Doch in der deutschen Version derselben Beschlüsse war dann immer nur von "wirtschaftlicher Steuerung" oder "wirtschaftlicher Zusammenarbeit" die Rede. Die Übersetzungsfehler wurden mit Absicht eingebaut, damit die Regierungen zuhause damit leben konnten.

    Denn in Frankreich erwarten nicht nur Politiker, sondern auch weite Teile der Bevölkerung, dass die Europäische Union mit einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik die Härten der Globalisierung mildert. Dahinter steht ein tiefes und traditionelles Misstrauen gegenüber jeder Art von Markt und eine hohe Erwartung an die Politik, die Menschen vor diesen Märkten zu schützen. EU und Euro sollen die Konkurrenz zwischen den Mitgliedsstaaten entschärfen und durch enge Kooperation dazu beitragen, die Wettbewerbschancen der Europäer in der übrigen Welt zu stärken.

    Jüngste Studien des German-Marshall-Fonds in Frankreich zeigen, dass die Europäische Verfassung 2005 in Frankreich nicht etwa abgelehnt wurde, weil den Franzosen die Europäische Integration zu weit ginge. Die Mehrheit der Verfassungsgegner kritisierte vielmehr, der Verfassungsentwurf sei zu liberal und tue nicht genug für den Schutz des französischen Sozialmodells. An dieser Grundstimmung habe sich wenig geändert, stellt die französische Europaabgeordnete Silvie Goulard fes:.

    "In Frankreich ist es die übliche Kritik an der Globalisierung, die EU schützt uns nicht vor der Globalisierung, oder die EU hat keine starke Stimme in der Welt. Das Problem in Frankreich ist eher die wirtschaftliche Lage, die viel schlechter ist als in Deutschland, das heißt, sehr hohe Arbeitslosigkeit, weniger Wachstum. Das heißt, die Sorge um die Zukunft. Die Leute fragen sich, was macht Europa für mich."

    Aus französischer Sicht nutzen die Europäische Union und auch die Eurogruppe ihr Potenzial bei Weitem nicht aus. Die Europäische Zentralbank, so sehen das viele jenseits des Rheins, könnte beispielsweise weit mehr für die Ankurbelung der Wirtschaft tun, so wie das die US-amerikanische FED schließlich auch tue. Warum sollte man nicht mehr Geld drucken, wenn es der Wirtschaft hilft und die Probleme mit Staatshaushalten erleichtert?

    In Deutschland dagegen zielt das allgemeine Misstrauen weniger auf die Märkte als vielmehr auf die Politik. Dem freien Markt wird grundsätzlich sogar eine weitgehend positive Kraft zugeschrieben. Politik dagegen steht in Deutschland immer unter dem Verdacht der Mauschelei, der Unsauberkeit, der faulen Kompromisse. Den deutlichsten Ausdruck findet diese Politikverachtung in der hohen Bereitschaft, politische Entscheidungen an primär technokratische Institutionen auszulagern. Das Bundesverfassungsgericht, die Bundesbank, selbst der TÜV genießt in Deutschland höheres Ansehen als der Bundestag.

    Das deutsche Misstrauen gegenüber Politikern tritt auf europäischer Ebene umso stärker hervor, als man es dort auch noch mit mehrheitlich ausländischen Politikern zu tun hat. Selbst der überzeugte Europäer Helmut Kohl legte großen Wert darauf, dass die Steuerung der Wirtschafts- und Währungspolitik nicht in die Hände von politischen Gremien gelegt wird.

    Statt einer Wirtschaftsregierung bekam der Euro als finanzpolitisches Grundgerüst ein Paket aus Vorschriften und Regeln, bekannt als Euro-Stabilitätspakt. Diese Vorschriften verbieten den Mitgliedsländern zum Beispiel, mehr als drei Prozent neue Kredite im Jahr aufzunehmen. Die Grundidee dahinter: Regeln sind strenger als Politiker.

    Der Vorteil von harten Vorschriften gegenüber politischen Entscheidungen ist die unmissverständliche Klarheit. Der Nachteil ist, dass Gesetze auf unvorhergesehene Ereignisse nicht angemessen reagieren. Als 2003 die Konjunktur einbrach, stieg das Defizit in Deutschland und Frankreich über die erlaubten drei Prozent. Die Schuldengrenze wäre nur um den Preis einer Rezession einzuhalten gewesen. Doch die Verletzung des Stabilitätspaktes ausgerechnet durch Deutschland und Frankreich hat ihn praktisch wertlos gemacht. Die Autorität des Paktes ist weg.

    Die akute Schuldenkrise hat nun die Diskussion um die Wirtschaftsregierung wieder auf den Tisch gebracht. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel reagiert mit dem selben Reflex wie damals Helmut Kohl: Regeln statt politischer Steuerung. Das Wichtigste sei ein verschärfter Stabilitätspakt, glaubt die Bundeskanzlerin:

    "Die Mitgliedsstaaten der Eurozone müssen mit einer höheren Verbindlichkeit sicherstellen, dass die Kerngrößen dieses Stabilitäts- und Wachstumspakts auch eingehalten werden. Das heißt einmal: ausgeglichener Haushalt. Und das heißt zum anderen, eine beständige Reduktion der Gesamtverschuldung um ein Zwanzigstel, wie es in dem Stabilität- und Wachstumspakt heißt, bei dem was über 60 Prozent der Gesamtverschuldung liegt."

    Im sogenannten Sixpack, einem Paket aus sechs EU-Gesetzen zum Euro, ist auch eine stärkere gegenseitige Kontrolle der Haushaltspolitik in den Mitgliedsländern vorgesehen. Die Regierungen der Eurozone werden darin verpflichtet, die nationalen Haushalte vorab in Brüssel auf die Verträglichkeit mit europäischen Budget-Vorgaben überprüfen zu lassen. Das Sixpack atmet die deutsche Grundüberzeugung, dass es reicht, schwächeren Ländern stärkere Vorgaben zu machen.

    Von einer wirklichen Verzahnung der Finanz- und Wirtschaftspolitiken ist in den Entwürfen zur Euro-Wirtschaftsregierung wenig zu sehen. Immerhin hat das Europaparlament im Sixpack einen Passus verankert, dass auch Länder mit anhaltendem Exportüberschuss etwas tun sollen. Das betrifft vor allem Deutschland, das mit seinem hohen Exportdruck nach Ansicht vieler Europaabgeordneter eine Mitschuld daran trägt, dass schwächere Länder nicht recht auf die Beine kommen. Deutschland solle seine Binnennachfrage dringend ankurbeln, heißt es in den Papieren des Währungsausschusses.

    Gerade solche Fußnoten bestärken die Bundeskanzlerin in ihrer Abneigung gegen die Wirtschaftsregierung: Die EU soll schwachen Ländern reinreden können, aber nicht den Starken. Doch der Druck, den Euro endlich mit einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik zu untermauern, ist diesmal zu groß. Mit einem bloßen Übersetzungsfehler lässt sich die Wirtschaftsregierung nicht mehr verhindern. Mit dem französischen Präsidenten Sarkozy hat sie sich darauf verständigt, dass die Staats- und Regierungschefs der Eurozone künftig zweimal im Jahr als Wirtschaftsregierung auftreten sollen. Beide wollen jetzt die anderen Euroländer von diesem Vorschlag überzeugen.

    Nicolas Sarkozy erhofft sich von diesem Gremium vor allem einen wachsenden direkten Einfluss auf die Wirtschaft der Eurozone. Für Angela Merkel dagegen ist der neue Rat das kleinstmögliche Zugeständnis. Denn die Regierungschefs beschließen grundsätzlich einstimmig. Jedes Land behält dadurch sein Veto.

    Der Politikwissenschaftler Karel Lannoo vom Centre for European Policy Studies in Brüssel hält diese Form der Wirtschaftsregierung deshalb auch für wenig geeignet, die künftigen Probleme zu lösen. Gerade die Einstimmigkeit ermögliche unzuverlässigen Regierungen, sich herauszuwinden. Lannoo erinnert daran, dass die heutige Schuldenkrise vor allem ein Ergebnis fehlender Durchgriffsmöglichkeiten war:

    "Die EU hat mit Griechenland immer in einer diplomatischen Art verhandelt, wir hätten in einer föderalen Art reagieren sollen. Richtig wäre gewesen, von Juni 2009 an Griechenland klare Ansagen zu machen: Wenn ihr eurer Haus nicht in Ordnung bringt, dann gibt es keine Strukturfonds mehr, kein Geld mehr aus Brüssel für Straßenbau etcetera. Einfach um sicherzustellen, dass Athen sofort reagiert. Aber das haben wir nicht gemacht, stattdessen sind alle Entscheidungen durch den Europäischen Rat gegangen, und der Europäische Rat ist faktisch zwischenstaatlich."

    Zwischenstaatlich bedeutet immer Einstimmigkeit. Aus Sicht der Regierungen ist das stets die kleine Lösung. Man gibt Kompetenzen nach Brüssel, gibt sie aber nicht ganz aus der Hand, weil man ja später bei jedem einzelnen Beschluss mit am Tisch sitzt und sein Veto einlegen kann. Deshalb haben die EU-Regierungen über die Jahre immer wieder zwischenstaatliche Lösungen versucht.

    Das Problem ist nur, dass zwischenstaatliche Gremien außerordentlich langsam reagieren und vor allem in Krisen kaum handlungsfähig sind. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok weist darauf hin, dass die Europäische Union durch das Nebeneinander von föderalen und zwischenstaatlichen Elementen immer unübersichtlicher geworden sei. Die Regierungen sollten die Krise nutzen und endlich Klarheit schaffen.

    "Es muss deutlich gemacht werden, dass wir nicht mehr Kompetenzen wollen. Die Kompetenzen sind schon in Europa. Wir müssen Regelungen haben, dass die Kompetenzen eingehalten werden. Wenn Sie sagen, wir brauchen mehr europäische Regelungen, wozu die Kompetenzen ja schon in Europa sind, für die Regulierung des Finanzsektors, für die Ratingagenturen, dass Banken und Investmentbanker die Realwirtschaft nicht in Schwierigkeiten bringen, haben Sie große Unterstützung bei den Bürgern."

    Der größte Teil der Politik werde auch weiterhin in den Nationalstaaten stattfinden, beruhigt Brok. Vor allem die gesellschaftlich zentralen und emotionalen Themen wie Bildung und Kultur, Innere Sicherheit, Beschäftigung, Sozialpolitik werden auch in Zukunft nicht in Europa geregelt, sondern in den nationalen Parlamenten und Regierungen, meint Brok. Doch das, wofür Europa bereits zuständig ist, das müsse endlich auch auf europäischer Ebene entschieden werden. Mit der EU-Kommission als Exekutive und dem Europaparlament und dem Ministerrat als gemeinsame Gesetzgeber.

    Martin Schulz, Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament, sieht in einer zwischenstaatlichen Wirtschaftsregierung vor allem ein Manöver, das demokratisch gewählte Europaparlament zu umgehen. Schulz fordert wie sein CDU-Kollege Brok, dass die EU-Kommission mit den wesentlichen Aufgaben der wirtschaftlichen Steuerung beauftragt werde.

    "Wer die Wirtschaftsregierung in Europa will, der kann sie hier haben. Da sitzt sie, und wer will, dass sie demokratisch kontrolliert wird, durch uns, das Europäische Parlament, der braucht nur in den Lissabonner Vertrag zu schauen, da ist das beschrieben. Was wir nicht brauchen, ist eine Hauptstadtdiplomatie neben den Verträgen."

    Karel Lannoo vom Centre for European Policy Studies sieht noch einen weiteren Grund, warum die EU-Kommission mit den Aufgaben der Euro-Wirtschaftsregierung betraut werden sollte. Wer eine schlüssige und glaubwürdige Europapolitik wolle, dürfe nicht immer neue Institutionen schaffen. Für den Politikwissenschaftler Lannoo müsste auch der Rettungsschirm EFSF so schnell wie möglich in die EU eingegliedert werden.

    "Der EFSF sollte Teil der europäischen Institutionen sein. Es macht keinen Sinn, den Rettungsschirm außerhalb zu halten. Denn wenn man beispielsweise mit den EFSF die Banken rekapitalisieren will, wie das jetzt geplant ist, dann muss das verbunden werden mit anderen EU-Maßnahmen, wie zum Beispiel die Politik der Staatsbeihilfen. Für die Prüfung von Staatsbeihilfen ist die EU-Kommission zuständig. Wenn man den Rettungsschirm als wirkungsvolles Instrument einführen will, dann muss man ihn als Gemeinschaftseinrichtung einführen, und nicht außerhalb."

    Das Problem ist freilich, dass die neue Wirtschaftsregierung ausdrücklich die Euro-Zone steuern soll, also die wirtschaftliche Zusammenarbeit der 17 Euroländer. EU-Kommission und Europaparlament aber sind für die gesamte Europäische Union der 25 zuständig. Dadurch würden auch EU-Kommissare und Abgeordnete bei Vorschriften für die Eurozone mitwirken, obwohl sie gar nicht dazu gehören. Manche Abgeordnete schlagen deshalb vor, dass bei Fragen zum Euro nur Parlamentarier der Eurozone mit stimmen sollten, andere fordern ein eigenes Parlament für die Eurozone.

    Politikwissenschaftler und Europaexperte Karel Lannoo hält diese Diskussion für unnötig. Die Auswirkungen der Eurokrise beträfen schließlich alle EU-Länder, sowohl jene, die den Euro bereits haben, als auch jene, die ihn noch nicht haben. Deshalb werde es immer pragmatische Lösungen geben:

    "Wir haben gerade erst bei der Diskussion um die sechs Gesetze zur wirtschaftspolitischen Steuerung gesehen, wie das geht. Das Europaparlament hat verlangt, dass die Finanzminister der Eurozone vor dem Parlament Rechenschaft ablegen müssen, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Dasselbe Parlament, das Gesetze etwa über Finanzdienstleistungen beschließt, die für alle 27 EU-Länder gelten, kann auch Mitglieder der Eurozone vorladen, wenn sie gegen die Regeln verstoßen, die sie mitbeschlossen haben."

    Ob sich Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy mit ihrem Vorschlag einer zwischenstaatlichen organisierten Euro-Wirtschaftsregierung durchsetzen, wird nicht zuletzt vom Ergebnis dieses Wochenendes abhängen. Je länger die akute Krise andauert, desto größer wird der Druck auf Merkel und Sarkozy werden, einer handlungsfähigeren und demokratisch besser kontrollierten Wirtschaftsregierung für den Euro zuzustimmen.