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Beliebt bei groß und klein

Das Open-Source-Betriebssystem Linux ist weiterhin auf dem Vormarsch. So stellte jetzt das Münchner Beraterhaus ''Meta Group'' eine neue Deutschlandstudie vor, in der 800 mittelständische und große Unternehmen über ihre Einschätzung der Betriebssystemalternative befragt wurden. Dabei zeigen sich Trends, die durchaus skurril anmuten: Demnach verdrängt Linux quasi gemeinsam mit Microsoft immer stärker herkömmliche UNIX-Plattformen. Linux gilt zwar als stabil, sicher und preiswert, aber zumindest der Kostenvorteil scheint vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ein reiner Imagefaktor zu sein

Klaus Herbst |
    Eine Steigerung des Verbreitungsgrades von fünfundzwanzig auf fünfunddreißig Prozent erwartet das Münchner Beraterhaus Meta Group GmbH für das Open Source-Betriebssystem Linux in den nächsten zwei Jahren. Achthundert deutsche Unternehmen sind im Rahmen einer neuen Linux-Studie befragt worden. Sechsunddreißig Prozent haben den Pinguin bereits im Haus. Director Consultant Peter O'Neill nennt die bei der Umfrage angegebenen für Linux sprechenden Gründe:

    Einundachtzig Prozent Kosten und neunundfünfzig Prozent Stabilität. Danach hat man gemessen, dass Flexibilität sehr wichtig ist. Das waren vierundfünfzig Prozent, Administrierbarkeit bei siebenunddreißig Prozent, Sicherheit wurde hervorgehoben von dreiunddreißig Prozent, also einem Drittel der Befragten. Die Möglichkeiten, unabhängig zu sein, war nur sechs Prozent als Antwort.

    Die mit einundachtzig Prozent hohe Erwartung, Kosten einzusparen, konzentriert sich der Studie zur Folge auf den Bereich der Low-End-Server, also auf Server im unteren Leistungsbereich. Besonders gut im Trend liege Linux auf 32-Bit-Intel-Plattformen, so dass sich ein kurioser Trend zeigt: Linux und Microsoft verdrängen gemeinsam UNIX-Betriebssysteme. Diese verkümmern zu Legacy-Plattformen, die also keine dynamische Bedeutung mehr haben, für die Nutzer mittelfristig an Interesse verlieren und auch nicht mehr intensiv weiterentwickelt werden. Für Linux eröffnet und vergrößert sich so eine Expansionslücke.

    Typischerweise ist unsere Beobachtung: UNIX-Systeme werden meistens nicht mehr als dreißig Prozent ausgelastet. Jetzt gibt es die Gelegenheit, diese SAP-Anwendung ''Application Server'' auf Linux auf einen Mainframe-Rechner zu bringen, damit den Mainframe besser zu belasten und den UNIX-Server dann gar nicht mehr zu nutzen. Und man hat ja die Benutzer dann sowieso im Mainframe, weil da ja auch andere Programme parallel dazu laufen. Und insgesamt ist das für den Anwender ein viel besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis - man spart also Kosten. Im Fertigungsbereich wird Linux mehr und mehr eingesetzt im Engineering, bei Forschung und Entwicklung verwendet. Und da wird zum Teil auch UNIX dann ersetzt mit Linux.

    ... für R and D, also besonders stark in Forschung und Entwicklung in Firmen, aber auch in der Verwaltung, bei Banken und Medienunternehmen. Der Musik-Riese MTV Networks will sein gesamtes laufendes Programm unter Linux fahren und archivieren, die Library of Congress, die US-Kongressbibliothek, ihren riesigen Bestand an Dokumenten verwalten.

    Der Einsatz von Linux als Basis für Appliances, Firewalls und so weiter, das gilt für alle Branchen. Wir haben sicherlich jetzt in den letzten neun Monaten verstärkt gesehen, dass es eine Bewegung in der öffentlichen Verwaltung gibt, Linux als Alternative zu diskutieren und zu evaluieren gegenüber einer Windows-Umgebung, entweder auf Server- oder sogar auf dem Desktop-Bereich.

    ... sagt Peter O’Neill. Das sieht der Verfasser der Studie allerdings ein bisschen anders: Linux sei weiterhin kein Thema für den Desktop, meint Senior Consultant Markus Huber-Graul. Zu schwerwiegend seien Inkompatibilitäten mit Windows. Linux als strategisches Betriebssystem werde wohl die Unix-Verdrängung noch verstärken und unter unterschiedlichen Nutzergruppen für Verschiebungen sorgen. Jörg Ludwig, IBMs Director Linux Marketing and Sales, beschreibt die Unterschiedlichkeit der Anwender:

    Es gibt im Wesentlichen zwei Gruppen, wonach man im Prinzip Entscheider klassifizieren könnte. Das eine wären in der Tat die Pragmatiker, die eine sehr geschäftsorientierte Herangehensweise im Sinne der Entscheidungsfindung pflegen. Das heißt: Nummer eins, ist meine Applikation auf Linux lauffähig? Nummer zwei, ist sie performant? Und Nummer drei, ist sie mit Kostenvorteilen für mich als Unternehmer darstellbar. Das sind im Wesentlichen die Kriterien.

    Sicherheit und Kostenvorteile, das sind wichtige Image-Komponenten gerade für den Mittelstand. Der Studie zur Folge ist das Kostenargument mehr Schein als Sein. Zwar sind die Distributionen des Betriebssystems - in Deutschland vor allem durch den Marktführers Suse - relativ preiswert und werden komfortabler, auch für PCs. Aber Addons, also für Anwendungen notwendige Software, sind eben genauso teuer wie bisher.