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Beluga-Prozess
Hauptangeklagter Stolberg sagt erstmals aus

Die Beluga-Reederei mit Sitz in Bremen hat 2011 Insolvenz angemeldet. Neben der Auftragsschieflage soll aber laut Staatsanwaltschaft auch Betrug und Veruntreuung zur Abwicklung der Reederei geführt haben. Jetzt hat sich erstmals der Hauptangeklagte zu den Anschuldigungen geäußert.

Von Almuth Knigge |
    "Man kann die Weltmeere nicht erobern, ohne den Heimathafen zu verlassen. Niels Stolberg hat beides getan. 1995 verwirklichte er seine Vision einer Reederei - Beluga Shipping. 2008 umfasst die Flotte von Beluga 57 hochmoderne Schwergutfrachter und die Bremer Reederei ist weltweit die Nr eins im Projekt und Schwergutsektor."
    Ein Film aus besseren Zeiten – der Image-Film der Beluga Shipping GmbH von 2010 - dem Jahr, als das Firmenkonstrukt von Niels Stolberg allerdings schon unkittbare Risse bekommen hatte, als dem ehemaligen Popstar unter den Reedern das Geld ausging und er seine Geschäftsbilanz fälschte, um den amerikanischen Hedgefonds Oaktree mit der geschönten Bilanz davon überzeugen, mit einem Millionen-Darlehen bei seinem Unternehmen einzusteigen.
    "Mir ist völlig klar, dass dieses Verhalten unzulässig war", las Stolberg aus seiner 22-seitigen Aussage vor. Das rechtlich unzulässige Verhalten soll laut Staatsanwaltschaft schon 2006 begonnen haben. Lange vor der Schifffahrtskrise – und das System Beluga sei auf Betrug aufgebaut. Aber 2006 steuert Stolberg noch von Erfolg zu Erfolg.
    "And the winner is - Niels Stolberg und die Beluga Shipping GmbH - kommen Sie zu uns auf die Bühne bitte."

    2006 – da war Niels Stolberg Entrepreneur des Jahres. Beluga Shipping GmbH war der Weltmarktführer, wenn es darum ging, extrem schwere und extrem große Teile per Schiff zu transportieren. "Wie ich weiß, sind Sie ja Kapitän", sagt die Moderatorin bei der Preisverleihung:
    "Sie haben ein Kapitänspatent. Hilft das als Unternehmer? Ich glaube schon, mit dem großen Kapitänspatent hilft es definitiv, hin und wieder die wilden Stürme zu durchreiten und es hat mir in den letzten 2o Jahren richtig gut geholfen. "
    Stolberg räumt Fehler ein
    Drei Jahre später war es damit dann vorbei, räumt Niels Stolberg ein. Ich habe schwere Fehler gemacht und Rechtsverletzungen begangen, sagt er vor Gericht. Und – er übernimmt die volle Verantwortung – er war der Kapitän, er stand auf der Brücke. Aber all das sei nie aus Eigennutz geschehen, sondern nur, um sein Unternehmen, sein Lebenswerk zu retten.
    Niels Stolberg hatte Beluga zu einer Marke gemacht – die Öffentlichkeit nicht gescheut und sich unter den traditionsbewussten Bremer Kaufleuten nicht nur Freunde gemacht. Er hat polarisiert – auch die Bremer Öffentlichkeit. Die Zuschauerbänke im Gerichtssaal sind voll.
    "Hier wird viel schmutzige Wäsche gewaschen."
    Sagen die einen, Größenwahn die anderen. Oder auch:
    "Der ist eindeutig reingelegt worden von den Banken - welche Bank gibt Geld für Projekte, die eindeutig überdimensioniert sind."
    Kreative Eigenkapitaldarstellung statt Kreditbetrug
    Das entspricht im Prinzip auch der Sichtweise von Niels Stolberg, wenn es um den Anklagepunkt Kreditbetrug geht. Ja – sagt er, das stimme mit den fingierten Rechnungen und Aufträgen – aber er nennt das "kreative Eigenkapitalsdarstellung".
    Das sei branchenüblich und keinem sei ein Schaden entstanden. Einer der Mitangeklagten früheren Beluga-Manager, der auch für Schiffsfinanzierungen zuständig war, sprach dagegen von einem "kriminellen System" bei Beluga. Die Anklage wegen Kreditbetruges sei im Grundsatz "korrekt". Spannend wird, wem das Gericht bei der Urteilsfindung, die frühestens im Herbst sein wird, folgt.