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Beratungen in Paris
Warum Israel nicht an der Nahostkonferenz teilnimmt

In Paris beraten Vertreter von mehr als 70 Ländern um eine Friedenslösung für den Nahen Osten - allerdings ohne Israelis und Palästinenser. Die Konferenz sei doch nur "der letzte Atemzug einer Vergangenheit", bevor die Zukunft beginne, sagte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Die Zukunft mit Trump.

Von Peter Kapern | 15.01.2017
    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (pa/dpa/Sputnik/Guneev)
    Es gibt sie durchaus, die Israelis, die Hoffnungen mit der französischen Friedenskonferenz verbinden - Lior Amichai zum Beispiel. Er führt als Freiwilliger der Friedensbewegung "Peace Now" Gruppen durch das besetzte Westjordanland und zeigt ihnen, wie sich immer neue jüdische Siedlungen auf dem Land breitmachen, das einmal ein palästinensischer Staat sein soll.
    Diesmal sind es Studenten der Universität Beersheba, die mit ihm durch das Westjordanland fahren. So wenige Israelis seien es gar nicht, die noch immer an die Zweistaatenlösung glauben, sagt Amichai: "Die israelische Öffentlichkeit steht zwar mehrheitlich politisch rechts, aber die Leute stehen nicht jeden Morgen auf und sagen: Ich will den Siedlungsbau unterstützen! Wenn wir eine andere, eine mutige politische Führung hätten, die auf einen Friedensvertrag hinarbeiten würde, dann - da bin ich mir sicher - würden die Israelis das unterstützen."
    Netanjahu stellt Friedenskonferenz auf eine Stufe mit Terror
    Benjamin Netanjahu sagt auch, dass er einen Friedensvertrag und die Zweistaatenlösung unterstützt, obwohl in seiner Regierungszeit die Zahl der jüdischen Siedler im Westjordanland so schnell angestiegen ist wie nie zuvor. Eine Reise nach Paris aber lehnt er strikt ab. Nicht nur das: In Jerusalem stellte er die Friedenskonferenz auf eine Stufe mit dem islamistischen Terror. Terroranschläge, so sagte er, zerstörten jegliche Hoffnung auf einen Frieden. Um dann fortzufahren: Es gebe noch andere Anstrengungen, um die Hoffnung auf Frieden zu zerstören. Eine davon sei die Konferenz in Paris.
    Damit hat der israelische Regierungschef die Motivation jener Staatsmänner aus 72 Ländern, die sich in der französischen Hauptstadt treffen, mit der Motivation islamistischer Attentäter verglichen. Unabhängig davon hätten sich Benjamin Netanjahu und die übrigen Staatsmänner in Sachen Nahost-Frieden derzeit wenig zu sagen.
    Siedlungsbau nach Netanjahus Ansicht kein Hindernis für Frieden
    Die Regierung in Jerusalem betrachtet die kausalen Zusammenhänge des israelisch-palästinensischen Konflikts völlig anders als fast der gesamte Rest der Welt. Der Siedlungsbau: Kein Hindernis für den Frieden. Die Besatzung mit ihren alltäglichen Folgen für die Palästinenser auch nicht. Die Anschläge, die junge, manchmal erst 13- oder 14-jährige Palästinenser seit eineinhalb Jahren verüben, haben nach Überzeugung der israelischen Regierung nichts mit 50-jähriger Besatzung und Hoffnungslosigkeit zu tun.
    Deshalb, so Israels stellvertretende Außenministerin Tzipi Hotoveli, laufe eine Friedenskonferenz, auf der einmal mehr Siedlungsbau und Besatzung thematisiert werden, in die völlig falsche Richtung: "Der einzige Weg, um Frieden in unserer Region zu erreichen, führt über den Kampf gegen den Terror. Das muss das erste Ziel der internationalen Gemeinschaft sein. Aber in Paris wird das nicht diskutiert."
    Israel setzt auf Trump
    Den Abzug der Siedler aus dem Westjordanland zu fordern sei deshalb unmoralisch - so heißt es im israelischen Außenministerium wörtlich. Ebenso unmoralisch sei es, einen Zusammenhang zwischen der Besatzung und den Anschlägen junger Palästinenser herzustellen.
    Und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gibt sich zuversichtlich, dass sich diese Ansicht in anderen Teilen der Welt bald durchsetzen werde: Die Konferenz von Paris sei doch nur ein Relikt, der letzte Atemzug einer Vergangenheit, bevor die Zukunft beginnt, so Netanjahu. Und die Zukunft hat in seinen Augen wohl einen Namen: Donald Trump.