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Beratungen zum Hochwasserschutz

Bei einem Fluss fließen viele Interessen zusammen und scheiden sich eben so viele Geister. Die einen wollen den Fluss als Lebensraum schützen für im und am Wasser lebende Arten, wieder andere wollen die Flusslandschaft als Naherholungsgebiet erhalten und für verschiedene Industriezweige dient das Wasser als Transportmittel. So wollen die letzteren auch den Fluss vertiefen und begradigen, um größeren Containerschiffen die Fahrt zu ermöglichen. Das wiederum wollen Naturschützer und Erholungssuchende verhindern. Für den Hochwasserschutz birgt ein begradigter und vertiefter Fluss ebenfalls viel größere Risiken als ein Fluss im natürlichen Zustand. Erstmals hat heute Morgen in München die Acqua alta ihre Pforten geöffnet – eine neue Fachmesse für Hochwasserschutz, Katastrophenmanagement, Klima und Flussbau. Und wie wichtig das Thema nach der Flut im Osten, dem Oderhochwasser oder den Überschwemmungen in Frankreich und England geworden ist, zeigt sich auch an den Besucherzahlen: 600 Verbände und Institutionen, fünf Bundesministerien und die EU-Kommissionen unterstützen die Messe. Doch was muss sich ändern?

Von Wolfgang Nitschke |
    Hochwasser hat es immer gegeben und es wird sie immer geben. Beispielsweise am Rhein, wo man sich scheinbar daran gewöhnt hat, dass mindestens einmal im Jahr die Altstadt von Köln buchstäblich absäuft. Und deshalb waren auch das Oderhochwasser oder die so genannte Jahrhundertflut im Jahr 2002 eigentlich nichts außergewöhnliches. Theo Schlaffer, Leiter des Referates Grundsätze der Wasserwirtschaft im bayerischen Umweltministerium.

    Soweit man die Aufzeichnungen verfolgen kann, gab es schon so große Hochwässer. Was neu ist, was auffällt in den letzten 10 Jahren vor allen Dingen, dass sich diese Hochwasserspitzen häufen. Von der absoluten Spitze selber hat es derartige Hochwässer in den früheren Jahrhunderten auch schon gegeben.

    Und nicht nur die Zahl der Hochwasserspitzen ist größer geworden – auch die dadurch verursachten Schäden. Die Werte in den überfluteten Häusern sind halt heute größer, als im 18. oder 19. Jahrhundert. Da man aber das Hochwasser als solches nicht verhindern kann, werden nun verstärkt Maßnahmen ergriffen, um zumindest die Schäden zu minimieren.

    Die gefährdeten Gebiete sind mittlerweile durchaus bekannt, wir sind auch dabei hier die Daten noch zu verbessern. Und es ist tatsächlich der erste Rat und das erste, was man machen sollte, dass man dort, wo die Hochwassergefahr erkennbar ist, nicht mehr siedelt. Sei es Wohnbebauung oder auch Gewerbe. Wenn aber Bebauung schon da ist, kann man nicht absiedeln. Hier wird man nur in einer Kombination von Maßnahmen erfolgreich sein können. Das beginnt mit diesem klassischen, technischen Hochwasserschutz – sprich: Mauern, Deiche, muss sich natürlich fortsetzen durch Hochwasserrückhalt in der Fläche und muss zum dritten ergänzt werden durch Möglichkeiten der Vorsorge, die darin bestehen können, dass zum einen die Warnung verbessert wird, zum anderen aber auch, dass jeder Einzelne seinen Beitrag leistet, damit der potentielle Schaden sich minimieren lässt.

    Der Beitrag des Einzelnen kann dabei durchaus auch darin liegen, sein Grundstück an einem Flusslauf der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, denn wo es möglich ist soll nun auch wieder Rückgebaut werden – denn die Flussbegradigungen der 70er Jahre rächen sich heute.

    Das allererste, was man tun kann ist, dass man dieses Längskorsett wieder weg nimmt und links und rechts vom Flusslauf für Raum sorgt. Und der Fluss wird sich diesen Raum in vielen Fällen dann auch selber gestalten. Da braucht man also nicht immer große technische Maßnahmen ergreifen. Entscheidend ist immer der Platz. Habe ich die Grundstücke? Stehen die Grundstücke zur Verfügung dann ist schon viel gewonnen.

    Doch auch Rückhaltebecken, Flußauen oder der Rückbau der Flüsse in ihr natürliches Bett sind nicht überall erfolgreich im Kampf gegen das Hochwasser. Denn Fluss ist nicht Fluss und die Isar nicht vergleichbar mit der Donau.

    Natürlich ist das ein Unterschied, weil einfach die Wassermassen, die an der Donau abfließen wesentlich größer sind. Es ist auch ein Unterschied des Gefälles. Das ist unser Problem in Bayern, dass die südbayerischen Flüsse ein deutlich höheres Gefälle haben. Das heißt, dass die Hochwasserwellen relativ rasch durchgehen, aber mit hohen Scheiteln. Und da ist die Möglichkeit in die Fläche zu gehen links und rechts nicht so gegeben. Also es ist keine einfache Aufgabe und ein Patentrezept für jeden Fluss ist nicht vorhanden.

    Trotzdem ist sich die Wasserwirtschaft sicher, dass solche Katastrophen wie im Jahr 2002 nicht mehr so überraschen und heftig auftreten werden. Viele Maßnahmen, die seither ergriffen wurden erschienen zwar klein, aber die Summe all dieser vielen kleinen Dinge, habe große Wirkung meint Theo Schlaffer – ob es stimmt werden die nächsten Hochwasser zeigen.