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Berlin
Sendeverbot für Airbnb-Werbespots

Ein Bierhersteller möchte mehr Bier verkaufen, ein Reiseportal Kunden gewinnen: Werbung hat meist wirtschaftliche Ziele. Wenn ein Unternehmen hingegen politische Werbung schaltet ist das, zumindest im Rundfunk, verboten. Warum, das zeigt ein aktueller Fall der Wohnungsbörse Airbnb in Berlin.

Von Matthias Funk | 06.02.2018
    Das Logo vom Onlineübernachtungsdienst Airbnb im Eingang Brunnenstraße 196 am Rosenthaler Platz, fotografiert am 19.08.2015 in Berlin.
    Das Berliner "Zweckentfremdungsverbotsgesetz" soll Wohnungsnot entgegenwirken und "Homesharing" erschweren. Laut Airbnb "ein unklares Gesetz". (dpa / Jens Kalaene)
    Mit Werbejingles machen die Radiowellen ihren Hörern deutlich: Was nun kommt, ist kein redaktionell und unabhängig erstellter Inhalt, kein Journalismus. Was nun kommt, ist Werbung: Jemand hat dafür gezahlt, dass dieser Spot hier ausgestrahlt wird - und derjenige will damit eine Botschaft verbreiten.
    Mit einem solchem Hinweis kann der mündige Hörer die Inhalte einordnen - und der Sender erfüllt eine Anforderung aus dem Rundfunkstaatsvertrag: Werbung muss als Werbung gekennzeichnet sein. Eine andere Anforderung aus dem Staatsvertrag, die wohl weniger bekannt ist: Im Rundfunk und Fernsehen ist politische Werbung verboten.
    Das ist in Berlin vor Kurzem zum Thema geworden - im Zusammenhang mit einer Werbekampagne der Bettenbörse Airbnb.
    Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag?
    Anja Zimmer leitet die Medienanstalt Berlin Brandenburg. Die MABB vergibt Sendelizenzen an private Fernseh- und Radiosender und beaufsichtigt diese bei der Einhaltung der Werberichtlinien:
    "Der Medienrat hat zwei Werbespots beanstandet und zwar gegenüber den Berliner Sendern. In den Werbespots hat sich Airbnb mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz des Landes Berlin beschäftigt, das 'Homesharing' erschweren soll. Airbnb hat in den Werbespots unserer Meinung nach zu einer Gesetzesänderung aufgerufen und das halten wir für einen Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag, der politische Werbung im Hörfunk verbietet."
    Im Rundfunkstaatsvertrag, den die 16 Bundesländer beschlossen haben und an dessen Neufassung sie gerade arbeiten, heißt es in der Tat in § 7 Absatz 9:
    "Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art ist unzulässig."
    Anja Zimmer: "Das Verbot politischer Werbung soll verhindern, dass sich einzelne Gruppen, Parteien, Initiativen, die viel Geld haben, damit Meinungsmacht erkaufen können."
    Aufruf zur Gesetzesänderung
    Und das ist einer der Airbnb Spots, deren Ausstrahlung die Medienanstalt beanstandet hat.
    "Für einen Gemüsedöner eine Stunde anstehen - geht. Auf einem Flughafen grillen, gärtnern, oder longboarden - geht. Oben ohne in der U Bahn, Unten ohne im Club - geht auch. Anschnauzen, Zurückschnauzen und zusammen Bier trinken - geht immer."
    Und dann kommt die wohl entscheidende Passage für die Diagnose des Medienrates: "In Berlin geht viel. Nur das ganze eigene Zuhause teilen, das geht nicht so einfach. Ein unklares Gesetz erschwert vielen Berlinern das 'Homesharen'. Warum das so ist - aber nicht so sein muss, erfährst du unter airbnbberlin.de."
    Anja Zimmer: "In dem Spot hat Airbnb dazu aufgerufen, dass die Gesetzeslage geändert wird. Das verstößt unserer Meinung nach gegen das Verbot für politische Werbung."
    Werbung soll wirtschaftliche Ziele haben
    Bei politischer Werbung denkt man vielleicht zuerst an Werbung für Parteien. Aber auch Wirtschaftsunternehmen könnten politische Werbung machen, sagt Medienanstalt Direktorin Zimmer.
    "Wenn ein Wirtschaftsunternehmen zum Beispiel auf eine Gesetzesänderung hinwirkt, oder eine Gesetzesänderung verhindern will, dann ist das meines Erachtens klassisch politische Werbung, weil es gerade darum geht, auf die Arbeit des Parlamentes Einfluss zu nehmen."
    Werbung im Rundfunk soll, so will es der Rundfunkstaatsvertrag, eben wirtschaftliche Ziele haben.
    Ein hypothetisches Beispiel aus einer anderen Branche: Brauereien dürfen - im Rahmen des Jugendschutzes - Werbung schalten, um den Verkauf ihres Bieres zu steigern. Nicht erlaubt wäre dagegen Rundfunkwerbung mit dem Ziel, die Gesetzeslage so zu ändern, dass schon achtjährige Bier kaufen dürfen.
    Beanstandung durch Medienaufsicht
    Was bedeutet es jetzt für die Sender, dass die MABB die Airbnb-Spots beanstandet hat?
    "Das heißt, dass diese die Spots nicht mehr ausstrahlen dürfen."
    Die Sender haben die Beanstandung akzeptiert. Die Beanstandung ist eine relativ sanfte Aktion der Medienaufsicht. Die Medienanstalt nennt die Sender in ihrer Pressemitteilung auch nicht namentlich.
    Merke also: keine politische Werbung im Radio und Fernsehen. Eine Ausnahme gibt es aber: Vor Wahlen, etwa zum Bundestag, Sie erinnern sich?
    "Wahl zum Deutschen Bundestagswahl 2017: Sie hören einen Wahlwerbespot. Für dessen Inhalt ist ausschließlich die jeweilige Partei verantwortlich."