Mario Dobovisek: Das umstrittene Gesetz über das Bundeskriminalamt steht heute nach heftigem Streit zwischen Bund und Ländern vor dem Vermittlungsausschuss. Streit gab es unter anderem darüber, wann das BKA und wann die Länder zuständig sind. - Am Telefon mitgehört hat Berlins Justizsenatorin und SPD-Politikerin Gisela von der Aue. Guten Tag!
Gisela von der Aue: Guten Tag, Herr Dobovisek.
Dobovisek: Offenbar hat sich der Vermittlungsausschuss unterdessen auf einen Kompromiss geeinigt. Was wissen Sie darüber?
von der Aue: Das, was ich gehört habe, ist, dass es einen Kompromiss gegeben hat hinsichtlich der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Bund und den Ländern, also zwischen den Landespolizeibehörden und dem BKA, und es soll wohl auch einen Kompromiss gegeben haben hinsichtlich der Richteranordnung für eine Online-Durchsuchung. Was ich nicht weiß, ob auch der Kompromiss dahingehend erzielt worden ist, dass die erhobenen Daten noch durch einen Richter zu prüfen sind und nicht durch einen Beamten oder den Datenschutzbeauftragten des BKA. Wo offenbar keine Einigung erzielt worden ist, betrifft die zeugnisverweigerungsberechtigten Personengruppen. Darüber bin ich natürlich als Justizsenatorin besonders enttäuscht und finde das einen großen Fehler.
Dobovisek: Was bedeutet das, dass es keine Einigung gibt? Was bedeutet das das jetzt darüber, wie zum Beispiel die Länder im Bundesrat abstimmen werden?
von der Aue: Wie die anderen Länder abstimmen werden, das vermag ich nicht zu entscheiden. Aber Berlin hatte sich ja im Vorfeld schon darauf verständigt zu sagen, es gibt für uns drei wesentliche Punkte. Die ersten beiden habe ich bereits genannt und als dritten Punkt, der offenbar jetzt rausgefallen ist bei dem Kompromiss, die Ausdehnung der Berechtigung der Zeugnisverweigerung auf alle in dem entsprechenden StPO-Paragraphen 53 benannten Personengruppen.
Dobovisek: Das heißt, Sie sind mit dem Kompromiss nicht zufrieden. Wird Berlin dann dagegen stimmen?
von der Aue: Ich bin mit dem Kompromiss nicht zufrieden, weil es nicht sein kann, dass mehr oder minder willkürlich Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete herausgegriffen werden, wobei man sich fragen muss, wo Strafverteidiger dort im präventiven Bereich, um den es sich ja noch handelt, schon mandatiert sein sollen und andere Berufsgruppen wie zum Beispiel Rechtsanwälte, die nicht als Strafverteidiger tätig sind, Ärzte oder eben auch Journalisten nicht darunter fallen sollen. Für mich ist das ein ganz entscheidender Punkt und ich gehe davon aus, Berlin wird dem Gesetz nicht zustimmen.
Dobovisek: Das ist der eine Punkt. Eine Verfassungsbeschwerde werden der FDP-Politiker Gerhart Baum und auch andere noch einlegen, selbst wenn heute ein Kompromiss tatsächlich erzielt wurde. Welche Chancen hat das BKA-Gesetz dann überhaupt noch?
von der Aue: Das wird sich zeigen, wie das Bundesverfassungsgericht diese Regelung bewertet. Ich habe meine ganz starken Vorbehalte und denke, dass es durchaus gute Aussichten auf Erfolg hat, wenn die Klage eingereicht werden wird.
Dobovisek: Was will Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eigentlich mit dem Gesetz erreichen?
von der Aue: Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, als dass er eine Allzuständigkeit für sein BKA erreichen möchte, und das, denke ich, ist wenig sinnvoll.
Dobovisek: Warum?
von der Aue: Er scheint offenbar vergessen zu haben, dass die Polizeizuständigkeit immer Länderzuständigkeit war und dass die Landespolizeibehörden auch die entsprechenden langjährigen Erfahrungen haben und dass es nur unter ganz bestimmten Umständen sinnvoll ist, so eine zentrale Zuständigkeit des BKA überhaupt zu befürworten, und zwar in den Fällen, in denen eine Koordinierung erforderlich ist. Aber wie gesagt: Es wird sich am Freitag im Bundesrat entscheiden - davon gehe ich mal aus - und unabhängig davon, wenn die Klage eingereicht wird, auch noch mal durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Dobovisek: Lässt sich vor dem Hintergrund der Bedrohungslage zum Beispiel durch internationalen Terror eine solche Trennung von BKA und den Landeskriminalämtern und den Landespolizeien überhaupt realisieren?
von der Aue: Natürlich lässt sich das realisieren. Sie können es ja daran festmachen, dass es sich um eine konkrete Gefahr handelt. Es kann ja nicht sein, dass dieses BKA zuständig wird, wenn behauptet wird, es geht jetzt allgemein um eine Gefahr, die vom internationalen Terrorismus ausgeht, ohne dass sie ganz konkrete Anhaltspunkte für etwas haben. Das ist ja auch der Streitpunkt gewesen. Insoweit haben ja auch die Länderpolizeien durchaus ihre Erfahrung. Es ist wirklich nicht einzusehen, weswegen diese Ausweitung stattfinden soll, und ich finde es auch total falsch, nur weil natürlich die Bürgerinnen und Bürger beunruhigt sind durch diese Gefahren, die jetzt auch gerade wieder genährt worden sind durch die Ereignisse in Frankreich, dass man dann gleich das Kind mit dem Bade ausschüttet, statt mit Augenmaß vorzugehen und eine Regelung zu treffen, die eben angemessen ist. Sicherlich muss der Staat die Sicherheit der Bürger gewährleisten, aber es kann nicht so aussehen, dass derart stark in Grundrechte eingegriffen wird, dass nachher von der Freiheit letztendlich nichts mehr übrig bleibt.
Dobovisek: Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue. Vielen Dank für das Gespräch.
Gisela von der Aue: Guten Tag, Herr Dobovisek.
Dobovisek: Offenbar hat sich der Vermittlungsausschuss unterdessen auf einen Kompromiss geeinigt. Was wissen Sie darüber?
von der Aue: Das, was ich gehört habe, ist, dass es einen Kompromiss gegeben hat hinsichtlich der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Bund und den Ländern, also zwischen den Landespolizeibehörden und dem BKA, und es soll wohl auch einen Kompromiss gegeben haben hinsichtlich der Richteranordnung für eine Online-Durchsuchung. Was ich nicht weiß, ob auch der Kompromiss dahingehend erzielt worden ist, dass die erhobenen Daten noch durch einen Richter zu prüfen sind und nicht durch einen Beamten oder den Datenschutzbeauftragten des BKA. Wo offenbar keine Einigung erzielt worden ist, betrifft die zeugnisverweigerungsberechtigten Personengruppen. Darüber bin ich natürlich als Justizsenatorin besonders enttäuscht und finde das einen großen Fehler.
Dobovisek: Was bedeutet das, dass es keine Einigung gibt? Was bedeutet das das jetzt darüber, wie zum Beispiel die Länder im Bundesrat abstimmen werden?
von der Aue: Wie die anderen Länder abstimmen werden, das vermag ich nicht zu entscheiden. Aber Berlin hatte sich ja im Vorfeld schon darauf verständigt zu sagen, es gibt für uns drei wesentliche Punkte. Die ersten beiden habe ich bereits genannt und als dritten Punkt, der offenbar jetzt rausgefallen ist bei dem Kompromiss, die Ausdehnung der Berechtigung der Zeugnisverweigerung auf alle in dem entsprechenden StPO-Paragraphen 53 benannten Personengruppen.
Dobovisek: Das heißt, Sie sind mit dem Kompromiss nicht zufrieden. Wird Berlin dann dagegen stimmen?
von der Aue: Ich bin mit dem Kompromiss nicht zufrieden, weil es nicht sein kann, dass mehr oder minder willkürlich Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete herausgegriffen werden, wobei man sich fragen muss, wo Strafverteidiger dort im präventiven Bereich, um den es sich ja noch handelt, schon mandatiert sein sollen und andere Berufsgruppen wie zum Beispiel Rechtsanwälte, die nicht als Strafverteidiger tätig sind, Ärzte oder eben auch Journalisten nicht darunter fallen sollen. Für mich ist das ein ganz entscheidender Punkt und ich gehe davon aus, Berlin wird dem Gesetz nicht zustimmen.
Dobovisek: Das ist der eine Punkt. Eine Verfassungsbeschwerde werden der FDP-Politiker Gerhart Baum und auch andere noch einlegen, selbst wenn heute ein Kompromiss tatsächlich erzielt wurde. Welche Chancen hat das BKA-Gesetz dann überhaupt noch?
von der Aue: Das wird sich zeigen, wie das Bundesverfassungsgericht diese Regelung bewertet. Ich habe meine ganz starken Vorbehalte und denke, dass es durchaus gute Aussichten auf Erfolg hat, wenn die Klage eingereicht werden wird.
Dobovisek: Was will Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eigentlich mit dem Gesetz erreichen?
von der Aue: Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, als dass er eine Allzuständigkeit für sein BKA erreichen möchte, und das, denke ich, ist wenig sinnvoll.
Dobovisek: Warum?
von der Aue: Er scheint offenbar vergessen zu haben, dass die Polizeizuständigkeit immer Länderzuständigkeit war und dass die Landespolizeibehörden auch die entsprechenden langjährigen Erfahrungen haben und dass es nur unter ganz bestimmten Umständen sinnvoll ist, so eine zentrale Zuständigkeit des BKA überhaupt zu befürworten, und zwar in den Fällen, in denen eine Koordinierung erforderlich ist. Aber wie gesagt: Es wird sich am Freitag im Bundesrat entscheiden - davon gehe ich mal aus - und unabhängig davon, wenn die Klage eingereicht wird, auch noch mal durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Dobovisek: Lässt sich vor dem Hintergrund der Bedrohungslage zum Beispiel durch internationalen Terror eine solche Trennung von BKA und den Landeskriminalämtern und den Landespolizeien überhaupt realisieren?
von der Aue: Natürlich lässt sich das realisieren. Sie können es ja daran festmachen, dass es sich um eine konkrete Gefahr handelt. Es kann ja nicht sein, dass dieses BKA zuständig wird, wenn behauptet wird, es geht jetzt allgemein um eine Gefahr, die vom internationalen Terrorismus ausgeht, ohne dass sie ganz konkrete Anhaltspunkte für etwas haben. Das ist ja auch der Streitpunkt gewesen. Insoweit haben ja auch die Länderpolizeien durchaus ihre Erfahrung. Es ist wirklich nicht einzusehen, weswegen diese Ausweitung stattfinden soll, und ich finde es auch total falsch, nur weil natürlich die Bürgerinnen und Bürger beunruhigt sind durch diese Gefahren, die jetzt auch gerade wieder genährt worden sind durch die Ereignisse in Frankreich, dass man dann gleich das Kind mit dem Bade ausschüttet, statt mit Augenmaß vorzugehen und eine Regelung zu treffen, die eben angemessen ist. Sicherlich muss der Staat die Sicherheit der Bürger gewährleisten, aber es kann nicht so aussehen, dass derart stark in Grundrechte eingegriffen wird, dass nachher von der Freiheit letztendlich nichts mehr übrig bleibt.
Dobovisek: Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue. Vielen Dank für das Gespräch.