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Berliner AfD
Landesvorsitzender Pazderski unter Druck

In vielen Landesverbänden der AfD tobt zurzeit ein Machtkampf um den künftigen Kurs der Partei. Das betrifft jetzt offenbar auch den Berliner AfD-Verband. Seit drei Jahren ist Georg Pazderski Landesvorsitzender und auch Fraktionsvorsitzender. Ihn könnte jetzt ein deutlich radikalerer Kandidat beerben.

Von Sebastian Engelbrecht | 12.08.2019
Georg Pazderski, Landesvorsitzender der AfD Berlin, spricht beim Parteitag der AfD Berlin. Im Mittelpunkt steht ein Leitantrag der Parteispitze zur Halbzeitbilanz des rot-rot-grünen Senats.
Im Mai erlebte Georg Pazderski, Landesvorsitzender der AfD Berlin, beim Landesparteitag eine deutliche Niederlage. (dpa / Christoph Soeder)
Georg Pazderski vermag es, staatsmännisch aufzutreten. Der Oberst a.D. hat die schneidige Ausstrahlung eines Offiziers. Er neigt nicht zu populistischen Sprüchen, und im Berliner Landesverband gilt er als moderat. Seit drei Jahren ist Georg Pazderski Landesvorsitzender und auch Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus. Seine Wiederwahl im Amt des Landeschefs beim Parteitag im November gilt als unsicher.
"Wir sind eine politische Partei, und jedes Amt ist einfach nur auf Zeit vergeben. Und wenn die Mitglieder glauben, es müsste jemand anderes den Landesverband führen, dann muss ich mich natürlich der Entscheidung beugen. Aber ich werde natürlich auch wieder antreten, und ich denke, dass das eine gute Entscheidung werden wird."
Curio steht weit rechts von Pazderski
Pazderski hat sich in seiner Partei in den vergangenen Jahren nicht nur Freunde gemacht. Er unterzeichnete Mitte Juli den "Appell der 100", der sich gegen den führenden Rechtsaußen der Partei, Björn Höcke, richtet. In Parteiausschlussverfahren positionierte er sich gegen die Auffassung der Parteibasis.
Im Mai erlebte Pazderski beim Landesparteitag eine deutliche Niederlage. Anwesend waren 300 Mitglieder der Partei. Bei der Wahl der Delegierten zum Bundesparteitag landete Pazderski auf Platz 9. An erster Stelle stand am Ende der Mann, der als Pazderskis stärkster Konkurrent gehandelt wird: der Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio. Er steht weit rechts von Pazderski. Dieser ist dennoch überzeugt, dass er sich als Landesvorsitzender wird halten können.
"Ich blicke sehr zuversichtlich auf die Wahl. Die Frage wird natürlich sein: Was tut sich bis dorthin noch? Es kann durchaus noch sein, dass es noch Umstände gibt, die diese Wahlen beeinflussen könnten."
Gottfried Curio äußert sich in der Öffentlichkeit nicht, ob er gegen Pazderski antreten wird. Ein Interview mit dem Deutschlandfunk lehnte er ab. Sein Büro verwies darauf, Curio sei mit dem Landtagswahlkampf in drei ostdeutschen Bundesländern beschäftigt. Curio hat Mathematik, Physik und Musik studiert, hat an der Berliner Humboldt-Universität und in Princeton in den USA geforscht. Er ist seit 2016 Vorsitzender des Bezirksverbandes Steglitz-Zehlendorf der Berliner AfD. Er vermag es, volksnah aufzutreten, wie etwa bei einer Wahlkampfveranstaltung am 3. August im brandenburgischen Prenzlau.
"Wir haben in Deutschland furchtbare Tage hinter uns. Kein Tag, ohne dass irgendwo Grauenvolles passiert. Der Bahngleismord in Voerde, verübt von einem vielfach vorbestraften, nicht aufenthaltsberechtigten Kosovo-Serben – wie viele Kriminelle mit Migrationshintergrund vom schwer arbeitenden, Steuer-zahlenden Bürger rundum großzügig versorgt."
"Wir müssen auch koalitionsfähig werden"
Georg Pazderski gibt sich besonnen. Er werde das Gespräch mit Gottfried Curio suchen, sagt er. Wer die besseren Chancen hat, wird sich wohl erst nach dem 1. September entscheiden, wenn in drei ostdeutschen Ländern gewählt wird. "Es sieht so aus, dass nach dem 1.9. die Karten neu gemischt werden in der deutschen Politik."
Der Berliner Landesvorsitzende hält einstweilen an seinem "Berliner Kurs" fest. "Der Berliner Kurs heißt, dass wir mittel- und langfristig auch in die Regierungsverantwortung wollen. Wir wollen Verantwortung in Berlin übernehmen. Das heißt, wir müssen regierungsfähig werden, wir müssen auch koalitionsfähig werden, und das bedeutet, dass wir hier sachgerechte, kompetente Politik machen müssen, dass wir seriös auftreten müssen und dass wir auch als Koalitionspartner für andere Parteien zur Verfügung stehen können."
Einen Rechtsruck sieht Pazderski in seiner Partei weder in Berlin noch im Bund. Bei den Streitigkeiten in manchem Landesverband gehe es nur um "persönliche Befindlichkeiten".