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Berliner Bildungsblockade
Warum Johanna Wanka nichts tun kann

Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) hat große Pläne, doch kaum Möglichkeiten, sie umzusetzen. Die versprochenen Milliarden für Forschung und Bildung stehen bereit. Doch nun streiten sich die Koalitionspartner darüber, wie das Geld ausgegeben werden soll.

Von Achim Wendler |
    Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU)
    Die Hände gebunden? An Bildungsministerin Wanka gibt es herbe Kritik und die Experten in der Koalition streiten sich. (picture alliance / dpa / Ole Spata)
    Auf dem Youtube-Kanal der Bundesregierung läuft gerade die Serie "Das Kabinett stellt sich vor". Alle paar Tage ein Minister, Johanna Wanka war Nummer 2. Die Bildungsministerin spricht über die Energiewende, über ihren perfekten Feierabend:
    "Mit meinem Mann auf dem Balkon sitzen, vielleicht noch ein Glas Wein dabei trinken."
    Sie spricht über die duale Ausbildung und das Wissenschaftsjahr 2014.
    "In diesem Jahr ist das Thema die Digitale Gesellschaft, weil das beeinflusst unser Leben."
    Über alles Mögliche also spricht Wanka - nur über eines nicht: über ihre wichtigste Aufgabe. Die findet sich im Koalitionsvertrag. Da versprechen Union und SPD zusätzliche Milliarden für Bildung und Forschung. Ursprünglich auch zur Freude der Ministerin.
    "Wir haben ehrgeizige Ziele."
    Hightech-Strategie, Exzellenzinitiative, Energieforschung, berufliche Bildung.
    "Und, und, und …"
    Die Zeit reichte ihr kaum, als Wanka im Januar im Bundestag ihr Programm vorstellte. Und jetzt das: Die zusätzlichen Milliarden sind da, sie liegen bereit. Aber die christdemokratische Ministerin greift nicht drauf zu. Sie kann nicht. Statt Geld verteile Wanka bloß Versprechungen, sagt nicht irgendeiner von der Opposition, sondern Hubertus Heil, Fraktionsvize beim Koalitionspartner SPD.
    Große Pläne, aber wenig Raum
    "Aber man kann nicht wie Frau Wanka im Moment allen alles versprechen, ein bisschen, wenn Sie das so wollen, auch Eitelkeit walten lassen, nach dem Motto: Das ist mein Geld! Das gehört nicht Frau Wanka! Das kommt von den Steuerzahlern und es gehört in die Bildung."
    Nur wie kommt es da hin? Das Problem ist nämlich folgendes: Auch wenn der Bundestag heute zum x-ten Mal über seine Abschaffung debattiert – es steht klipp und klar im Grundgesetz: das Kooperationsverbot. Demnach sind Bildung und Forschung, also Schulen und Hochschulen, allein Ländersache. Der Bund muss sich raushalten. Heißt: Er darf auch kein Geld geben. Eigentlich ließe sich dieses Verbot leicht umgehen, sogar auf mehreren Wegen. Nur dafür müssten sich Union und SPD auf einen Weg einigen – und das schaffen sie nicht. Die Union will das Geld laut Fraktionsvize Michael Kretschmer gern so verteilen wie bisher schon:
    "Entlang von Programmen. Beispielsweise in der beruflichen Bildung, in der Berufsorientierung. Oder bei den Hochschulen. Hochschulpaktverlängerung, mehr Studienplätze finanzieren – das ist alles denkbar."
    Sprich: Die Milliarden sollen in zeitlich begrenzte, genau definierte Projekte fließen. Die SPD dagegen will das Geld einfach den Ländern geben. Da aber macht die Union nicht mit: "Keine Blankoschecks", sagt CDU-Mann Kretschmer. Er fürchtet, dass die Länder das Geld zweckentfremden, dass sie damit zum Beispiel ihre Haushalte sanieren. Eine Berliner Bildungsblockade also - und dazu: böse Worte.
    Kooperationsverbot bremst die Bildungspolitik
    "Ich glaube, dass es in der SPD einen großen Machtkampf gibt, und dass die Bundespolitiker unter einem enormen Druck stehen aus den Ländern."
    "Fast regierungsunfähig" ist die SPD laut Christdemokrat Kretschmer. Und der SPDler Heil kontert mit dem kaum versteckten Vorwurf, die Bildungsministerin sei unzuverlässig.
    "Frau Wanka hat diese Koalitionsverhandlungen ja geführt in der Arbeitsgruppe. Ich selbst übrigens nicht, ich war in der Wirtschafts-Arbeitsgruppe. Und sie muss zu ihrem eigenen Ergebnis stehen."
    So reden sie übereinander, die Bildungspolitiker der Koalition. Und pflegen damit gewissermaßen eine Tradition. Denn der ganze Ärger begann schon letztes Jahr, in den Koalitionsverhandlungen. Die Arbeitsgruppe "Bildung und Forschung" brachte da wenig zustande - außer schlechter Stimmung. Das rächt sich jetzt. Lösen sollen das Problem nun andere: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, CDU, und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, SPD. Diese beiden verhandeln über das Geld der Bildungsministerin. Und Johanna Wanka kümmert sich derweil ums Wissenschaftsjahr.