Sandra Schulz: Ein Konsensbeschluss war es, der ganz am Anfang stand. 1996 war es, da verabredeten die Länder Berlin und Brandenburg einen neuen gemeinsamen Flughafen. Dass es auch mal Streit geben kann über so ein Großprojekt, das war möglicherweise einkalkuliert. Die Pannenserie, die dann folgte, aber gewiss nicht. Auf den Verzögerungen beim Planfeststellungsverfahren wollen wir an dieser Stelle gar nicht groß herumreiten. Wann aber ist mit dem neuen Großflughafen ein Start zu machen? Als Eröffnungstermin ist jetzt Oktober 2013 im Gespräch. Eigentlich sollte es schon Anfang Juni dieses Jahres losgehen. Politisch brisant ist der Fall wegen der politischen Köpfe im Aufsichtsrat von BER. Vorsitzender ist Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Ein Untersuchungsausschuss soll jetzt die Verantwortung sortieren, heute nimmt er seine Arbeit auf.
Mitgehört hat Andreas Otto, Baupolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Untersuchungsausschuss. Guten Morgen!
Andreas Otto: Schönen guten Morgen.
Schulz: Herr Otto, es hat Meldungen gegeben, nach denen offenbar 95 Prozent der Dokumente als vertraulich eingestuft worden sind. Das war so in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen. Wie wollen Sie denn da arbeiten?
Otto: Wir müssen an die Dokumente heran und wir wollen das Ganze natürlich möglichst öffentlich machen, weil ich glaube, nicht nur das Parlament, sondern auch die Öffentlichkeit hat ja einen Anspruch darauf, sich umfassend zu informieren. Uns ist gesagt worden in der Senatskanzlei, dass es hier nicht nur um einfache Vertraulichkeit ginge, sondern um eine erhöhte Stufe, nämlich "VS", Verschlusssache. Das ist in jedem Fall völlig übertrieben. Das könnte zur Folge haben, dass wir nur in einem Datenraum die Sachen lesen dürfen, auch keine Aufzeichnungen mitnehmen und auch Zeugenbefragungen weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden könnten. Das ist alles keine adäquate Arbeitsweise. Sie müssen beachten, das ist ein öffentliches Unternehmen. Das ist keine Privatfirma, dieser Flughafen, das ist ein öffentliches Unternehmen, der gehört den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, und insofern haben die auch ein sehr umfassendes Informationsrecht.
Schulz: Wenn das aber die Vorzeichen sind für Ihre Arbeit, was wird denn dann als Erstes passieren? Wird zuerst ein Flugzeug in BER starten, oder haben Sie zuerst Ergebnisse in Ihrem Ausschuss?
Otto: Ich gehe mal davon aus, dass wir in circa einem Jahr mit den Untersuchungen durch sein könnten, wenn wir alle gemeinsam dieses Ziel auch verfolgen und ordentlich ...
Schulz: Das wäre dann ungefähr zeitgleich.
Otto: Das könnte zeitgleich sein. Lassen Sie mich noch was zu der Eröffnung sagen. Wir haben ja in dem Ausschuss die Möglichkeit nur und auch die Pflicht, die Vergangenheit zu untersuchen. Was aber nach vorne passiert, wann das Ding eröffnet wird, ob es eröffnet wird und wie man dahin kommt, das findet nicht in dem Ausschuss statt, sondern darum muss sich das Parlament in Gänze kümmern. Deswegen haben wir als Bündnis 90/Die Grünen jetzt einen Antrag gestellt, der ist nächste Woche auf der Tagesordnung im Plenum, der heißt, mit diesem Aufsichtsrat und mit diesem Geschäftsführer können wir uns nicht vorstellen, dass das Ding fertig wird, dass der Kostenrahmen, der jetzt abgesteckt wird, einzuhalten ist, dass die Termine einzuhalten sind. Deswegen brauchen wir andere Leute im Aufsichtsrat und in der Geschäftsführung. Wir können nicht die nächste halbe Milliarde – das sind also 450 Millionen Euro, um die geht es hier – einfach denselben Leuten hinterherwerfen, die das alles verschuldet haben, das geht nicht, und deshalb brauchen wir da Änderungen. Das ist das, was wir nach vorne wollen.
Schulz: Chef des Aufsichtsrates, das noch mal der Vollständigkeit halber erwähnt, ist ja Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Kann der denn, abgesehen von dem Aufsichtsratsposten, sein anderes Amt behalten?
Otto: Ich sehe ihn deutlich geschwächt und er hat auch in der Frage des Krisenmanagements eine sehr schlechte Figur gemacht jetzt über den Sommer. Erinnern Sie sich an das Termin-Hin-und-Her bei der Absage im Mai. Man fragt sich ja, wie eigentlich eine Absage vier Wochen vorm Eröffnungstermin möglich sein kann. Ich habe schon überlegt, ob das eine Psychogruppe war, die sich da was vorgemacht hat. Dann hat man gesagt, jetzt wird er im August eröffnet, dann ging es mal um den Februar, im Moment um Oktober, das ist alles unseriös. Schon daran können Sie sehen, dass dieser Aufsichtsrat – und das betrifft Herrn Wowereit in erster Linie als Vorsitzenden, aber auch die anderen – überhaupt nicht in der Lage ist, so ein Projekt zu steuern. Das müssen andere machen, da müssen Fachleute mitwirken. In dem Aufsichtsrat ist kein Einziger, der berufen wurde, weil er oder weil sie schon mal so ein Projekt geleitet oder begleitet hat, ein Vier-Milliarden-Bauprojekt. So arbeitet kein Mensch in der Wirtschaft. Unkundige leiten das größte Infrastrukturprojekt Berlin-Brandenburgs, das geht so nicht weiter.
Schulz: Aber ist so ein Bauprojekt zu leiten – und in dieser Rolle sehen Sie Klaus Wowereit ja gescheitert – nicht noch eine Stufe niedriger, als an der Spitze einer Stadt zu stehen? Ist die Rücktrittsforderung eben auch als Bürgermeister da aus Ihrer Perspektive oder mit Ihrer Argumentation nicht obligatorisch?
Otto: Die leitet sich sicherlich irgendwie daraus ab. Wir haben aber zunächst diese Frage hier zu klären, wie wird der Flughafen fertig. Wir reden auch gerne über das Personal und ich sehe auch Wowereit hier als Regierenden Bürgermeister in einer schwierigen Rolle. Aber wir wollen den Flughafen fertig haben, deswegen haben wir jetzt den Antrag gestellt, das ist der nächste Schritt und da müssen sich in der kommenden Woche die anderen Fraktionen auch zu verhalten.
Schulz: Jetzt will ich gerne auch noch mal auf die Ausschussarbeit als solche kommen. Der Vorsitzende wie gesagt ist Martin Delius von der Piratenpartei. Es schwebt ihm offenbar so etwas wie ein Untersuchungsausschuss 2.0 vor mit ins Internet gestellten Dokumenten. Kann das sein, dass sich der Ausschuss über diese Ansprüche verheddert?
Otto: Den Anspruch, dass alles öffentlich ist, den haben wir schon ziemlich lange - da gab es die Piratenpartei noch nicht – gepflegt und auch bei allen Untersuchungsausschüssen, in denen ich gewesen bin, immer weitestgehend auch umgesetzt. Hier geht es, glaube ich, darum, dass wir uns als Ausschussmitglieder insgesamt mit der Verwaltung auseinandersetzen. Da kommt natürlich einem Ausschussvorsitzenden eine wichtige Rolle zu. Ich wäre sehr dafür, dass wir einen Großteil der Dokumente ins Internet bekommen, wenngleich wir müssen natürlich die rechtsstaatlichen Regeln beachten und die könnten uns zwingen in einer Auseinandersetzung mit dem Senat und auch mit der Koalition, dass wir bestimmte Sachen gerichtlich durchsetzen. Das lässt sich möglicherweise nicht vermeiden. Wir brauchen alles öffentlich und wir wollen nicht in einem Datenraum sitzen, im stillen Kämmerchen und dann die Erkenntnisse für uns behalten müssen.
Schulz: Andreas Otto, baupolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Untersuchungsausschuss zum geplanten Großflughafen Berlin-Brandenburg. Der nimmt heute die Arbeit auf. Vielen Dank für das Interview, Andreas Otto.
Otto: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mitgehört hat Andreas Otto, Baupolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Untersuchungsausschuss. Guten Morgen!
Andreas Otto: Schönen guten Morgen.
Schulz: Herr Otto, es hat Meldungen gegeben, nach denen offenbar 95 Prozent der Dokumente als vertraulich eingestuft worden sind. Das war so in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen. Wie wollen Sie denn da arbeiten?
Otto: Wir müssen an die Dokumente heran und wir wollen das Ganze natürlich möglichst öffentlich machen, weil ich glaube, nicht nur das Parlament, sondern auch die Öffentlichkeit hat ja einen Anspruch darauf, sich umfassend zu informieren. Uns ist gesagt worden in der Senatskanzlei, dass es hier nicht nur um einfache Vertraulichkeit ginge, sondern um eine erhöhte Stufe, nämlich "VS", Verschlusssache. Das ist in jedem Fall völlig übertrieben. Das könnte zur Folge haben, dass wir nur in einem Datenraum die Sachen lesen dürfen, auch keine Aufzeichnungen mitnehmen und auch Zeugenbefragungen weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden könnten. Das ist alles keine adäquate Arbeitsweise. Sie müssen beachten, das ist ein öffentliches Unternehmen. Das ist keine Privatfirma, dieser Flughafen, das ist ein öffentliches Unternehmen, der gehört den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, und insofern haben die auch ein sehr umfassendes Informationsrecht.
Schulz: Wenn das aber die Vorzeichen sind für Ihre Arbeit, was wird denn dann als Erstes passieren? Wird zuerst ein Flugzeug in BER starten, oder haben Sie zuerst Ergebnisse in Ihrem Ausschuss?
Otto: Ich gehe mal davon aus, dass wir in circa einem Jahr mit den Untersuchungen durch sein könnten, wenn wir alle gemeinsam dieses Ziel auch verfolgen und ordentlich ...
Schulz: Das wäre dann ungefähr zeitgleich.
Otto: Das könnte zeitgleich sein. Lassen Sie mich noch was zu der Eröffnung sagen. Wir haben ja in dem Ausschuss die Möglichkeit nur und auch die Pflicht, die Vergangenheit zu untersuchen. Was aber nach vorne passiert, wann das Ding eröffnet wird, ob es eröffnet wird und wie man dahin kommt, das findet nicht in dem Ausschuss statt, sondern darum muss sich das Parlament in Gänze kümmern. Deswegen haben wir als Bündnis 90/Die Grünen jetzt einen Antrag gestellt, der ist nächste Woche auf der Tagesordnung im Plenum, der heißt, mit diesem Aufsichtsrat und mit diesem Geschäftsführer können wir uns nicht vorstellen, dass das Ding fertig wird, dass der Kostenrahmen, der jetzt abgesteckt wird, einzuhalten ist, dass die Termine einzuhalten sind. Deswegen brauchen wir andere Leute im Aufsichtsrat und in der Geschäftsführung. Wir können nicht die nächste halbe Milliarde – das sind also 450 Millionen Euro, um die geht es hier – einfach denselben Leuten hinterherwerfen, die das alles verschuldet haben, das geht nicht, und deshalb brauchen wir da Änderungen. Das ist das, was wir nach vorne wollen.
Schulz: Chef des Aufsichtsrates, das noch mal der Vollständigkeit halber erwähnt, ist ja Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Kann der denn, abgesehen von dem Aufsichtsratsposten, sein anderes Amt behalten?
Otto: Ich sehe ihn deutlich geschwächt und er hat auch in der Frage des Krisenmanagements eine sehr schlechte Figur gemacht jetzt über den Sommer. Erinnern Sie sich an das Termin-Hin-und-Her bei der Absage im Mai. Man fragt sich ja, wie eigentlich eine Absage vier Wochen vorm Eröffnungstermin möglich sein kann. Ich habe schon überlegt, ob das eine Psychogruppe war, die sich da was vorgemacht hat. Dann hat man gesagt, jetzt wird er im August eröffnet, dann ging es mal um den Februar, im Moment um Oktober, das ist alles unseriös. Schon daran können Sie sehen, dass dieser Aufsichtsrat – und das betrifft Herrn Wowereit in erster Linie als Vorsitzenden, aber auch die anderen – überhaupt nicht in der Lage ist, so ein Projekt zu steuern. Das müssen andere machen, da müssen Fachleute mitwirken. In dem Aufsichtsrat ist kein Einziger, der berufen wurde, weil er oder weil sie schon mal so ein Projekt geleitet oder begleitet hat, ein Vier-Milliarden-Bauprojekt. So arbeitet kein Mensch in der Wirtschaft. Unkundige leiten das größte Infrastrukturprojekt Berlin-Brandenburgs, das geht so nicht weiter.
Schulz: Aber ist so ein Bauprojekt zu leiten – und in dieser Rolle sehen Sie Klaus Wowereit ja gescheitert – nicht noch eine Stufe niedriger, als an der Spitze einer Stadt zu stehen? Ist die Rücktrittsforderung eben auch als Bürgermeister da aus Ihrer Perspektive oder mit Ihrer Argumentation nicht obligatorisch?
Otto: Die leitet sich sicherlich irgendwie daraus ab. Wir haben aber zunächst diese Frage hier zu klären, wie wird der Flughafen fertig. Wir reden auch gerne über das Personal und ich sehe auch Wowereit hier als Regierenden Bürgermeister in einer schwierigen Rolle. Aber wir wollen den Flughafen fertig haben, deswegen haben wir jetzt den Antrag gestellt, das ist der nächste Schritt und da müssen sich in der kommenden Woche die anderen Fraktionen auch zu verhalten.
Schulz: Jetzt will ich gerne auch noch mal auf die Ausschussarbeit als solche kommen. Der Vorsitzende wie gesagt ist Martin Delius von der Piratenpartei. Es schwebt ihm offenbar so etwas wie ein Untersuchungsausschuss 2.0 vor mit ins Internet gestellten Dokumenten. Kann das sein, dass sich der Ausschuss über diese Ansprüche verheddert?
Otto: Den Anspruch, dass alles öffentlich ist, den haben wir schon ziemlich lange - da gab es die Piratenpartei noch nicht – gepflegt und auch bei allen Untersuchungsausschüssen, in denen ich gewesen bin, immer weitestgehend auch umgesetzt. Hier geht es, glaube ich, darum, dass wir uns als Ausschussmitglieder insgesamt mit der Verwaltung auseinandersetzen. Da kommt natürlich einem Ausschussvorsitzenden eine wichtige Rolle zu. Ich wäre sehr dafür, dass wir einen Großteil der Dokumente ins Internet bekommen, wenngleich wir müssen natürlich die rechtsstaatlichen Regeln beachten und die könnten uns zwingen in einer Auseinandersetzung mit dem Senat und auch mit der Koalition, dass wir bestimmte Sachen gerichtlich durchsetzen. Das lässt sich möglicherweise nicht vermeiden. Wir brauchen alles öffentlich und wir wollen nicht in einem Datenraum sitzen, im stillen Kämmerchen und dann die Erkenntnisse für uns behalten müssen.
Schulz: Andreas Otto, baupolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Untersuchungsausschuss zum geplanten Großflughafen Berlin-Brandenburg. Der nimmt heute die Arbeit auf. Vielen Dank für das Interview, Andreas Otto.
Otto: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.