Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Berufe der Zukunft
Wie sich Hochschulen auf die Digitalisierung einstellen

Hochschulen reagieren mit neuen Studiengängen auf die Digitalisierung. Dabei werden die Grenzen zwischen Informatik, Geistes-, Wirtschafts- und Naturwissenschaften aufgehoben. Es entstehen neue Berufe wie Digitale Literturwissenschaftler, Datenschutzexperten oder Smart-home-Hausmeister.

Von Ludger Fittkau | 02.05.2018
    Symbolbild Smart home
    Die Digitalisierung macht den Menschen nicht überflüssig, im Gegenteil - sie erweitert dessen beruflichen Perspektiven und Kompetenzen (imago/imagebroker)
    Früher war die Sache klar. Wer sich für Mathe und Physik interessierte, konnte meist mit schöngeistiger Literatur und Geschichte weniger anfangen. Schon in der Schule schälten sich die Vorlieben heraus: die eine studierte später Germanistik oder Geschichte, der andere Maschinenbau oder Informatik. Doch die Berufe der Zukunft erlauben solche strikte Trennungen nicht mehr. Das sagt Professor Ralph Bruder, Arbeitswissenschaftler an der Technischen Universität Darmstadt:
    "In der Vergangenheit gab es oft Welten, die man getrennt hat. Wo man gesagt hat: Entweder man geht in dieses Geisteswissenschaftliche oder mehr Naturwissenschaftliche. Und das ist etwas, was wir an der Universität erleben, dass es gar nicht so wenige Personen gibt, die zwischen diesen beiden Welten hin- und herwechseln können. Also, dieses Klischee, das man oft hatte in der Schule - entweder, oder. Wir merken, dass es immer mehr Personen gibt, die in beiden Feldern Interesse haben. Und das kommt gar nicht so selten daher, dass diese informationstechnische Welt auf einmal neue Möglichkeiten vielleicht in einem Feld bietet, das man selbst als Herzensangelegenheit gesehen hat."
    So bieten schnelle Computer, die große Datenmengen verarbeiten können, heute Literaturwissenschaftlern die Chance, große Mengen von Texten zu untersuchen zu, um etwa seltene Methapern zu finden und zu vergleichen. Auch im Verlagswesen werden die "digitalen Literaturwissenschaftler" längst dringend gebraucht, stellt der der Arbeitswissenschaftler Ralph Bruder bei Gesprächen mit Branchenvertretern fest. Die Universitäten stellen sich darauf ein und verändern für diese Berufsfelder der Zukunft auch ihre Studiengänge:
    "In so einem Studiengang würden Sie auf jeden Fall auch Fächer aus der Informatik hören, würden Felder haben, wo es um Sprachanalyse geht, aber eben auch Sprachanalyse mit informationstechnischen Gegenständen. Also, Sie gehen in Veranstaltungen in der Informatik, gehen aber auch in Veranstaltungen in der Germanistik. Das ist ein Beispiel. Auch aus der Philosophie und aus anderen Bereichen."
    Digitale Hausmeister
    Ein weiter Beruf der Zukunft: Hausmeister für das "smart home". Das ist eine mit viel IT ausgestattete Privatwohnung, in der etwa mobilitätseingeschränkte, alte Menschen durch eine Vielzahl von Sensoren überwacht werden. Etwa im Schlaf, währenddessen die Sensorik in der Bettdecke registriert, ob es zu einem Atemstillstand kommt und einen Alarm auslöst.
    Im Darmstädter Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung - kurz IGD - wird eine solche Wohnung gerade getestet. Andreas Baum ist ein solcher "Smart-home-Hausmeister" - in der Forschungsphase zumindest:
    "Beispielsweise haben wir hier unseren intelligenten Teppichboden, der in der Lage ist, Personen zu erkennen und auch Stürze zu erkennen und dann entsprechend auch Notrufe abzusetzen. Wir haben hier ein Haus-Automatisierungssystem, das automatisch Licht anschaltet, wenn jemand automatisch aufsteht oder dies auch wieder ausschaltet, wenn er von der Toilette zurückkommt und so haben wir hier unsichtbar Sensoren oder auch Steuergeräte integriert, die eine Person unterstützen können."
    Dieses Beispiel macht aber auch deutlich: Die Computer verändern die Arbeitsfelder und die Berufe der Zukunft, doch der Mensch wird nicht einfach durch Maschinen ersetzt. Die Sensoren im "smart home" können Notrufe senden, doch diese Notrufe müssen auch einen Adressaten finden, der im Zweifel zu Hilfe eilt.
    Warum der menschliche Faktor so wichtig ist
    Für den Arbeitswissenschaftler Ralph Bruder von der TU Darmstadt ist bereits jetzt ein weiteres wichtiges Berufsfeld der Zukunft sichtbar - es geht um die IT-Sicherheit und den Datenschutz. Auch hier zeige sich, dass der Mensch im Zeitalter der Digitalisierung nicht überflüssig wird. Im Gegenteil:
    "Und da brauchen Sie Expertinnen und Experten, und zwar in relativ großer Zahl. Das ist nicht etwas, was Sie irgendjemanden mal so nebenbei mitmachen lassen, sondern weil das so essenziell geworden ist für viele Unternehmen, die Datenverarbeitung, darauf bauen ja viele Geschäftsmodelle, dass Sie da relativ große Berufsfelder kriegen werden, da bin ich mir relativ sicher."