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Besetzung des polnischen Parlaments
Suche nach einem Ausweg aus dem politischen Chaos

Seit etwas über einem Jahr ist die rechtskonservative Partei PiS in Polen an der Macht. Sie hat das Land regelrecht in Aufruhr versetzt. Vor mehr als drei Wochen entbrannte zusätzlich ein heftiger Konflikt um das Parlament. Oppositionsabgeordnete besetzen seitdem die Rednerbühne im Sejm. Die Fronten scheinen verhärtet - aber es gibt nun auch Anzeichen für einen Kompromiss.

Von Florian Kellermann | 09.01.2017
    Eine Menschenmenge vor dem Parlamentsgebäude in Warschau hält Banner und Fahnen in die Höhe.
    Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Warschau (picture alliance /dpa /Marcin Obara)
    Es ist schon nach 22 Uhr. Die Temperaturen sind weit unter null gesunken. Das polnische Parlament auf der anderen Straßenseite liegt im Halbdunkeln, es ist von Bäumen verdeckt. Im Sejm ist Sitzungspause, noch bis Mittwoch. Trotzdem gelte es gerade jetzt, die Opposition im Parlament zu unterstützen, sagt Grzegorz Rogalski:
    "Ich komme meistens so um 12 Uhr Mittags und bleibe dann bis zwei oder drei Uhr in der Nacht. Dann gehe ich heim, schlafe ein bisschen, und komme wieder. In der Zwischenzeit sind andere da. Wir wechseln uns ab."
    Ihm mache die Kälte nichts aus, sagt er, er sei ja Bauingenieur. Vor ein paar Wochen hat er seinem Arbeitgeber gekündigt, nach vielen Jahren; es gab Streit. Deshalb hat der 34-Jährige jetzt Zeit, sich um sein Land zu kümmern. Immer wieder ging Grzegorz Rogalski im vergangenen Jahr zu den Demonstrationen gegen die Regierung - einmal kamen über 100.000 nach Warschau. Aber jetzt wolle er mehr tun. Er war hier in jener Nacht, über die Polen nach wie vor heftig streitet - die Nacht vom 16. auf den 17. Dezember:
    "Da wurde es schon ziemlich heiß. Erst haben die Leute die Ausgänge des Sejms hier vorne blockiert. Aber am Schlimmsten war es an der Ausfahrt in der Na-skarpie-Allee. Die Polizei hat die Leute weggestoßen und überwältigt. Wir haben das Signal bekommen, dass sie dort Hilfe brauchen. Als eine ganze Menschenmenge dort angerückt ist, hat sich die Polizei auf das Sejm-Gelände zurückgezogen. Das Tränengas, über das Abgeordnete gesprochen haben, habe ich nicht bemerkt. Aber die Polizei hatte Schusswaffen dabei."
    Seit jener Nacht harren die Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude aus - und drinnen, im Gebäude, Oppositionsabgeordnete. Einige von ihnen haben auch Weihnachten und Silvester im Plenarsaal verbracht. Es handele sich dabei nicht eine Besetzung des Parlaments, betont der Oppositionsführer Grzegorz Schetyna:
    "Die Parlamentssitzung von vor Weihnachten ist noch nicht beendet. Der Sejm-Vorsitzende hat sie unterbrochen. Wenn er am 11. Januar zurückkommt und die Beratung über den Haushalt wieder aufnimmt, dann hat er verstanden, worum es uns geht."
    Nur: Für die rechtskonservative Regierungspartei PiS ist die Sitzung längst beendet. In ihren Augen hat das Parlament den Haushalt bereits verabschiedet.
    Heute Nachmittag haben Verhandlungen die Lage zumindest etwas entspannt. Ein Teil der Opposition sagte zu, den Plenarsaal nicht weiter zu blockieren. Das gilt zumindest für die liberale Partei Die Moderne. Die größte Oppositionspartei jedoch, die rechtsliberale Bürgerplattform, hatte an den Gesprächen gar nicht teilgenommen. Doch wie konnte es überhaupt zu so einem Durcheinander kommen?
    Streitpunkt war die Journalistenarbeit
    Alles begann damit, dass die Opposition die Haushaltsdebatte für einen Protest nutzte. Sie erschien mit Papierblättern im Sitzungssaal, auf denen stand: "Freie Medien im Sejm". Das galt den Plänen des Parlamentsvorsitzenden, der die Arbeit der Journalisten einschränken will. Pro Redaktion soll nur noch jeweils ein Vertreter im Sitzungssaal anwesend sein dürfen, Video- und Tonaufnahmen sollen verboten werden. Außerdem sollen sich Journalisten nicht mehr auf den Gängen des Parlaments aufhalten dürfen.
    Inakzeptable Pläne, meint auch der Ombudsmann für Bürgerrechte Adam Bodnar:
    "Wenn im Parlament unangenehme Themen besprochen werden oder sogar peinliche, dann nehmen die Abgeordneten dazu nicht gerne Stellung. Sollen die Journalisten ihnen künftig auf der Straße nachjagen, um einen Kommentar zu bekommen? Auch der sogenannte Journalistentisch in der Galerie des Sejms hat sich bewährt, wo sich Journalisten und Politiker treffen können. Das hat jetzt über viele Jahre funktioniert. Das sollten wir beibehalten."
    Inzwischen hat der Parlamentspräsident signalisiert, er wolle gemeinsam mit den Fraktionen die Arbeit der Journalisten neu regeln. Einstweilen sollen die Pressevertreter nach den bisherigen Bestimmungen weiterarbeiten. Das könnte Teil des heute ausgehandelten Kompromisses mit einem Teil der Opposition sein.
    Eine Gruppe von Demonstranten steht im Dunkeln vor dem polnischen Parlament und schwenkt Fahnen.
    Massive Proteste gegen die geplanten Einschränkungen für Journalisten im Parlament. (picture alliance /dpa /Bartlomiej Zborowski)
    Bei der Zettelaktion der Oppositionsabgeordneten im Parlament ging es turbulent zu. Michal Szczerba von der rechtsliberalen Bürgerplattform heftete sein Blatt Papier sogar ans Rednerpult, sehr zum Zorn des Parlamentspräsidenten. Nach kurzer Vorwarnung verwies er den Abgeordneten des Saals. Für die Opposition und ihr nahestehende Beobachter ein Skandal, so für Jacek Zakowski von der Zeitung "Gazeta Wyborcza":
    "So etwas hat es noch nie gegeben, auch in den stürmischsten Zeiten nicht. Wenn man einen Abgeordneten so einfach von einer Parlamentssitzung ausschließen kann, dann kann man auch problemlos 20 oder 30 ausschließen und mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit eine neue Verfassung verabschieden."
    Die Opposition besetzte die Rednertribüne, vor allem die Abgeordneten der rechtsliberalen Bürgerplattform und der liberalen Partei Die Moderne. Einige Stunden dauerte die Blockade, es wurde Abend und der Vorsitzende der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, wurde immer ungehaltener:
    "Wir haben es hier mit einem Vorgang zu tun, der die Arbeit des Sejms ablehnt und der mit einem normalen Funktionieren des Parlaments, also der Demokratie, nichts zu tun hat. Das können wir nicht zulassen. Wir lassen uns nicht terrorisieren. Ganz sicher werden wir den Haushalt verabschieden."
    Ereignisse überschlugen sich
    Danach überschlugen sich die Ereignisse weiter. Die Abgeordneten der rechtskonservativen PiS versammelten sich in einem anderen Raum des Parlaments, dem Säulensaal. Dort stimmten sie über den Haushalt ab. Oppositionspolitiker waren dort kaum vertreten.
    Grzegorz Rogalski, der Bauingenieur vor dem Sejm-Gebäude, ist über diese Nacht immer noch entsetzt:
    "Die Regierungspartei PiS hat die Mehrheit im Parlament und kann den Haushalt, den sie sich vorstellt, nach Belieben durchdrücken. Aber sie sollte das doch wenigstens im Einklang mit dem Gesetz machen. Oppositionspolitiker sollten die Chance bekommen, zu sprechen und Änderungsanträge einzubringen."
    Aber es ist nicht nur diese Abstimmung, die Menschen Tag und Nacht vor dem Parlament ausharren lässt. Dazu hat das gesamte erste Regierungsjahr der rechtskonservativen Partei PiS beigetragen. Zunächst der Streit um das Verfassungsgericht. Die Regierung versuchte, dessen Arbeit zu blockieren, und erließ dafür mehrere Gesetze. Schon im Januar, vor einem Jahr, leitete die EU-Kommission deshalb ein Verfahren gegen Polen ein, sie sieht den Rechtsstaat in Gefahr.
    Der Blick in die Halle des polnischen Sejm in Warschau während der Abstimmung des Parlaments über eine umstrittene Gesetzesänderung
    Das polnische Unterhaus hat eine umstrittene Neuordnung des Verfassungsgerichts verabschiedet. (picture alliance / dpa / Orestis Panagiotou)
    Das Thema wird sich bald erledigt haben. Denn spätestens zur Jahreshälfte werden im Richterkollegium Juristen die Mehrheit haben, die vom amtierenden Parlament bestimmt wurden. Einen Konflikt mit der Regierung dürfte es dann nicht mehr geben, meinen Beobachter, so der ehemalige Vorsitzende des Gerichts Jerzy Stepien:
    "Das Gericht ist so gut wie kaltgestellt. Ich hoffe, dass es wenigstens bis Juni noch einige Lebenszeichen gibt - so lange sein gegenwärtiger Vizepräsident Biernat noch im Amt ist."
    Schwieriger war es für die PiS mit dem sogenannten "Schwarzen Protest" im Herbst umzugehen. Frauen gingen auf die Straße, um ein noch restriktiveres Abtreibungsgesetz zu verhindern. Eine Bürgerinitiative hatte es eingebracht und verlangte, dass selbst vergewaltigte Frauen ihr Kind austragen müssen. Obwohl die katholische Kirche das Gesetz unterstützte, verwarf es die PiS-Mehrheit, die sich sonst betont katholisch gibt.
    Manche sahen die PiS deshalb schon in der Defensive, nicht so Joanna Piotrowska von der Stiftung für Frauenrechte Feminoteka:
    "Vergessen wir nicht, dass es um einen Protest gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts ging, das in Polen ohnehin sehr sehr scharf ist. Es ist eines der restriktivsten in der EU. Deshalb ist es gelungen, Frauen aus verschiedenen politischen Milieus dafür zu gewinnen. Wir hatten gewissermaßen schon das Messer an der Kehle."
    Die Polen werden politischer
    Die Polen, von denen 2015 nur jeder zweite Wahlberechtigte seine Stimme abgab, werden wieder politischer. Tadeusz Jakrzewski kann das an sich selbst beobachten. Er lebt in Breslau und kommt trotzdem regelmäßig zum Protest vor dem Parlamentsgebäude, um hier einige Schichten zu übernehmen. Es sei lange her, dass er sich politisch engagiert habe, sagt der 54-jähriger Dolmetscher. Das letzte Mal sei das vor der demokratischen Wende gewesen:
    "Wir haben 27 Jahre lang in einem demokratischen Staat gelebt. Leider nimmt man bestimmte Freiheiten nicht wahr, solange man sie genießt. Deshalb bildet sich jetzt erst eine Zivilgesellschaft heraus, direkt auf der Straße. Das erinnert mich an die 1980er-Jahre. Da gab es auch einen Ruck - und plötzlich haben wir gespürt, dass jeder die Geschichte mitgestalten kann."
    Aber auch heute engagieren sich vor allem diejenigen, die damals schon dabei waren. Die meisten, die vor dem Parlament protestieren, sind älter als 45 Jahre, fast alle haben einen Hochschulabschluss. Die Jungen bräuchten ja nicht zu protestieren, so eine landläufige Meinung, sie könnten heute einfach auswandern.
    Tadeusz Jakrzewski hat sich an eines der elektrischen Wärmegeräte gestellt. Am Anfang hätten sie Metallkübel hierher gebracht, in denen sie Kohle zum Glühen brachten, erzählt er. Bis die Feuerwehr kam und alles löschte. Sonst hätten die Behörden nichts gegen sie unternommen, die Veranstaltung sei ja angemeldet.
    Noch gälten solche demokratischen Spielregeln in Polen, meint Tadeusz Jakrzewski. "Noch". Denn wie alle hier ist er überzeugt, dass die Regierungspartei PiS einen autoritären nationalistischen Staat anstrebe. Das zeige sich selbst bei der Bildungsreform:
    "Wenn wir uns das Programm für die Schulen anschauen, dann sehen wir, dass das in Richtung katholischer Bildung geht, mit nationalen Elementen. Die Schule soll die Kinder zu kleinen Patrioten erziehen. Leute wie die, die sich jeden Monat in der Warschauer Innenstadt um den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski scharen. Ich fürchte, kurz gesagt, wir werden lauter kleine Faschisten bekommen."
    Drastische Formulierungen über die regierende PiS
    So drastische Formulierungen benutzen hier viele. Tadeusz Jakrzewski stützt sich auf die programmatischen Grundlagen, die das Bildungsministerium für Grundschulen vorgeschlagen hat. Darin heißt es: Die Schüler sollen in die Welt der Werte eingeführt werden, darunter Werte wie Opferbereitschaft, Solidarität, Altruismus, Patriotismus und Tradition. Die Schule soll nicht nur die individuelle, sondern auch die nationale und ethnische Identität der Kinder stärken.
    Ein paar Schritte weiter, an einem Tisch, schenkt sich ein älterer Herr gerade eine Tasse Tee aus einer Thermoskanne ein. Unterstützer aus Warschau versorgten die Demonstrierenden, erzählt er, auch mit warmer Suppe. Krzysztof Sikora ist 70 Jahre alt, ein Informatiker. Er glaubt nicht, dass die PiS lange regieren wird:
    "In einem halben Jahr, oder spätestens in anderthalb Jahren, wird das Geld fehlen, um die Wähler zu kaufen. Dann werden auch die weniger Gebildeten hierherkommen, aber mit Äxten und Heugabeln. Vielleicht gehen sie zuerst auf uns los, die Feinde der Regierung, weil wir die guten Reformen angeblich bremsen. Aber dann werden sie sich an die Regierenden halten. Denn irgendwann geht das Geld aus. Jede Kasse hat einen Boden."
    Der polnische PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski vor dem Logo der Partei.
    PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski (AFP / Janek Skarzynski)
    Tatsächlich gibt die Regierung viel Geld aus. Sie hat eine neue Art Kindergeld eingeführt. Ärmere Familien bekommen es vom ersten, reichere vom zweiten Kind an. Außerdem will die Regierung das Renteneintrittsalter wieder senken und den sozialen Wohnungsbau ankurbeln. Zur Finanzierung heißt es: Das Finanzministerium schließe Steuerlücken. Die PiS hat die Steuereinnahmen zwar wirklich gesteigert. Doch Experten bezweifeln, dass dies die Mehrausgaben auf Dauer kompensieren wird.
    Der Zweifel der Experten, die vernichtende Kritik der Demonstranten, das alles zählt politisch im Moment wenig. Denn wenn heute Wahlen wären, würde die rechtskonservative PiS wieder gewinnen. Das zeigen alle Umfragen. Auch Pola und Bartek würden die Partei wieder wählen, ein junges Ehepaar mit zwei kleinen Kindern.
    "In Polen gab es noch nie so eine Situation, dass eine Partei alleine regieren kann und noch dazu den Präsidenten auf ihrer Seite hat. Die PiS kann ihr Programm zu 100 Prozent umsetzen und fragt dabei andere nicht nach deren Meinung. Viele bei uns sind offenbar nicht bereit, sich damit abzufinden."
    PiS-Unterstützer sehen die Besetzer als schlechte Wahlverlierer
    Für Pola sind es schlicht die Verlierer der Parlamentswahl, die protestieren. Sorge um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit seien nur vorgeschoben, meint sie. Ihr Argument, das auch aus der PiS immer wieder zu hören ist: Auch frühere polnische Regierungen besetzten Ämter und Managerposten mit ihren Günstlingen, auch sie nahmen es mit der Rechtsstaatlichkeit nicht so genau. Aber da habe keiner protestiert, meint Pola. Doch anders als die liberalere Vorgängerregierung tue die PiS dem Land gut:
    "Wir bekommen das Kindergeld, ja. Für uns ist es nicht unbedingt notwendig, aber für viele andere schon. Jetzt kommen noch das Wohnungsprogramm und eine Unterstützung für Schwangere, deren Kind krank ist hinzu. Ich finde schon: In einem Land, aus dem Leute mit Studienabschluss emigrieren, um im Ausland körperliche Arbeiten zu erledigen, in einem solchen Land sind 500 Zloty, 120 Euro, monatlich keine Kleinigkeit. Das ist ein echter Anreiz, um die Familie zu vergrößern."
    Pola und Bartek möchten ihren Nachnamen lieber nicht preisgeben. Sie arbeiten in Berufen, wo die meisten kein gutes Haar an der PiS lassen. Über Politik sprechen sie deshalb im Kollegenkreis lieber gar nicht. Auch das lastet Pola der Opposition an. Sie habe die Regierung von Anfang an radikal bekämpft und damit die Gesellschaft weiter gespalten. Wer die Regierung unterstütze, gelte gleich als hinterwäldlerisch. Die junge Frau empfindet das als unfair:
    "Es gibt Polen, die sich für etwas Besseres halten, weil sie immer das tun und denken, was als modern gilt, die um jeden Preis westlich, europäisch sein wollen. Sie akzeptieren die Regierung einfach nicht. Und das frustriert uns. Die PiS hat ein Mandat, sie hat das Recht zu regieren."
    Wahr ist aber auch, dass die PiS den Konflikt mindestens ebenso kräftig anheizt. Ihr Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski nannte die Ereignisse im Parlament vor Weihnachten einen "Putschversuch". "Putschisten", ruft Jaroslaw Kaczynski der Opposition zu, "Diktator" tönt es ihm entgegen. Was, wenn sich dieser Konflikt weiter hochschaukelt? Die pessimistische Antwort gibt Katarzyna Lubnauer von der Oppositionspartei Die Moderne:
    "Wir stecken in einer sehr ernsten Krise. Denn im Extremfall werden am 11. Januar zwei Parlamente parallel tagen. Ein Sejm mit der Parlamentsmehrheit der PiS im Säulensaal, der andere mit den Oppositionsabgeordneten im Plenarsaal. So würde erstens ein großer Teil der Wählerstimmen ignoriert. Schließlich haben 62 Prozent für eine andere Partei als die PiS gestimmt. Und zweitens würde das dem Image Polens einen dramatischen Schaden zufügen."
    Politisches Chaos wäre die Folge
    Ein politisches Chaos käme auf Polen zu, aber auch ein juristisches: Die Opposition würde weitere von der PiS beschlossene Gesetze für nicht gültig erklären. Sollten auch einige Gerichte dieser Auffassung sein, gäbe es plötzlich zwei Rechtssysteme.
    Die Opposition fordert, dass die Abstimmung über den Haushalt wiederholt wird. Einige Vertreter der Regierung haben Kompromissbereitschaft signalisiert, so Hochschulminister Jaroslaw Gowin:
    "Wir sollten nicht alle Konflikte gleichzeitig austragen und nicht darauf zielen, unser Programm bis Ende der Legislaturperiode vollständig umzusetzen, sondern es auf sieben Jahre verteilen. Wir sollten uns auch überlegen, ob wir nicht von einigen Konfliktfeldern zurücktreten sollten. Dann können wir ruhige Gespräche mit dem Teil der Opposition beginnen, der dazu bereit ist."
    Doch Gowin gehört nicht zur Regierungspartei PiS und ist deshalb eher ein Außenseiter im Regierungslager. Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski will auf keine Forderung der Opposition eingehen. Kaczynski machte klar: Wenn die Blockade des Parlaments andauern sollte, wäre die PiS bereit, auch am Mittwoch wieder im Säulensaal zu tagen. Doch im Moment besteht die Hoffnung, dass die Abgeordneten dieses Szenario einer weiteren Eskalation gerade noch einmal abwenden können.