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Bessere Lebensbedingungen für die Dritte Welt

Bessere Lebensbedingungen in der so genannten Dritten Welt wollte man erreichen. Und sich gleichzeitig die bewährten Rohstofflieferanten und Absatzmärkte aus der Kolonialzeit erhalten. In Lomé, der Hauptstadt des afrikanischen Staates Togo, trafen sich am 28. Februar 1975 die Vertreter der EG und von 46 Ländern aus Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum, um das Abkommen von Lomé zu unterzeichnen. Auf der Grundlage dieses Abkommens basiert seither die europäische Entwicklungspolitik - bis heute.

Von Ursula Trüper |
    Das Mühen um bessere Lebensbedingungen ist nicht mehr teilbar. Hilfe für die Dritte Welt ist kein Hobby für versponnene Idealisten, kein Ablasspfennig zur Beruhigung sensibler Gewissen, keine Pflichtübung gelangweilter Politiker und keine Exportversicherung für Industrielle.

    Lomé, 28. Februar 1975. Erhard Eppler, der bundesdeutsche Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist optimistisch. Soeben haben er und seine Kollegen in der Hauptstadt des afrikanischen Staates Togo einen Vertrag unterzeichnet, auf dem hinfort im Wesentlichen die europäische Entwicklungspolitik basieren wird: das "Abkommen von Lomé".
    Dieses Abkommen besteht aus mehreren Komponenten. Die Berliner Entwicklungssoziologin Claudia von Braunmühl.

    4. Es gibt den europäischen Entwicklungsfonds, bis heute, in den die Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaft Geld einzahlen. Und dann gab es im Rahmen des Lomé-Abkommens besondere Instrumente, die es heute so nicht mehr gibt, nämlich das Stabex-Abkommen zur Stabilisierung von Rohstoffpreisen, in Ansehung der Tatsache, dass die Länder des Südens am ehesten noch unverarbeitete Rohstoffe exportieren, ein vergleichbares Abkommen für Mineralien, also die Produkte von Bergbau-Arbeit und noch die eine oder andere Vorzugsbehandlung, was die Befreiung von Zöllen betrifft.

    Vertragspartner sind die Europäische Gemeinschaft und 46 Staaten aus Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum. Bei diesen, später kurz AKP genannten Staaten, handelt es sich um ehemalige europäische Kolonien. Vor allem Frankreich, Belgien und Großbritannien hatten darauf bestanden, diese in den gemeinsamen europäischen Markt einzubeziehen.
    Als das Abkommen von Lomé dann 1999 ausläuft, ist die Bilanz von fast 25 Jahren Entwicklungszusammenarbeit allerdings niederschmetternd: zwar ist die Zahl der AKP-Staaten mittlerweile auf 78 angewachsen, was für die Anziehungskraft der europäischen Entwicklungszusammenarbeit spricht. Über die Hälfte von ihnen gehört jedoch immer noch zu den ärmsten Ländern der Erde.

    Einer der Geburtsfehler des Lomé-Abkommens, so Claudia von Braunmühl, war, dass von Anfang an subventionierte und deshalb billige europäische Produkte in die AKP-Staaten exportiert wurden, wo sie die Märkte überschwemmten und letztlich kaputt machten.

    ... wie der berühmte Butterberg, Milchprodukte, Fleischprodukte, die die Märkte des Südens und die Menschen, die für diese Märkte produziert haben, weit mehr – da sind x Rechnungen aufgemacht worden – weit mehr geschädigt haben, als was im Gegenzug an Unterstützungsleistung durch die Abkommen von Lomé gekommen ist.
    In dieser Situation gewinnt eine Idee zunehmend an Popularität: die radikale Liberalisierung der Märkte.

    Es wird oft die Rechnung aufgemacht, und völlig zurecht, dass, wenn Europa insbesondere Agrarprodukten gegenüber die Zollschranken fallen ließe, dass der dann erwartbare Gewinn für mögliche Importe aus Ländern des Südens, den die Exporteure des Südens haben, bei weitem die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit überschreiten würde.

    Dieser Kurs wurde bereits in der Schlussphase von Lomé verfolgt, und er bestimmt auch das Abkommen von Cotonou, das Nachfolgeabkommen von Lomé.
    Doch nicht immer ist der Markt die richtige Entscheidungsinstanz für eine sozial, ökologisch oder auch geschlechterpolitisch sinnvolle Produktion. Claudia von Braunmühl:

    Ein Beispiel für diese Marktradikalität hab ich selber in der Karibik erlebt. Viele der kleinen karibischen Inseln bauen Bananen an, in aller Regel in kleinbäuerlichen Strukturen, an Hanglagen mit relativ wenigen, weil’s auch viel zu teuer ist, Insektiziden und Dünger.
    Diese Karibischen Bauern und Bäuerinnen, 30 Prozent sind Bäuerinnen, sind angewiesen, auf die sicheren Absatzkontingente, die ihnen auf dem europäischen Markt zustehen. Mit dem Abkommen der Welthandelsorganisation, dass zunehmend solche Subventions- und Schutzgebiete aufgelöst werden sollen zugunsten eines reinen freien Markthandels, stellt sich nun die Frage: Wie sollen das diese karibischen Bauern schaffen?


    Viele werden sich dann eine andere Existenzgrundlage suchen müssen.

    Die lukrativste Lösung, die die Bauern suchen, ist, dass sie in den Drogenhandel gehen und in den Drogenanbau.