"Meine Situation war folgendermaßen, dass ich finanziell durch den Alkoholismus ziemlich am Ende war und mit dem Geld umgegangen bin, wie es kam, mir keine großen Gedanken gemacht hab. Es kamen schwerwiegende Sachen vom Gericht auch, mit Mahnungen und Pfändungen. Meine Wohnung hing da auch mit dran. Also ich war total neben der Spur. So nach dem Motto: Keine Post ist gute Post. Alles was dazu gehört..."
Die Einsicht, dass etwas passieren muss, damit er wieder auf die Beine kommen würde, kam spät, aber nicht zu spät, erzählt Achim Wenzel - unter seinem richtigen Namen, denn das ist wichtig für seine Geschichte. Anlässlich der jährlichen Untersuchung beim Betriebsarzt zog der Mitarbeiter beim Werkschutz die Notbremse und erzählte frank und frei, wie es um ihn stand: "War ein großer Schritt in meinem Leben. Ich wollte keinen andern mehr belügen, und noch weniger mich selber, und von daher..."
...kam der 49-Jährige zunächst in eine Langzeittherapie zur Behandlung seiner Sucht, und auch zu einer Kooperation, die sein Leben verändern und seinen Schuldenberg abtragen sollte. Ein gesetzlicher Betreuer - Frank Nixdorf - steht ihm seit nun drei Jahren zur Seite.
"Was haben wir gemacht? Er hat die im Einzelnen angeschrieben, die Gläubiger. Genau. Und das halt dann so geregelt, dass man in Raten abzahlen kann. Das hat zum Beispiel bei einigen Verträgen mir geholfen, da rauszukommen, zum Beispiel waren da zwei oder drei Handyverträge. Und ich denke, Herr Wenzel hat sehr schnell Vertrauen gefasst, und deswegen lief das hier sehr gut."
Rechtsreform 1992: Betreuung statt "Entmündigung"
Ohne Vertrauen geht gesetzliche Betreuung nicht. Es geht um Geld, oft um die Wohnung. Es geht durchaus um erhebliche Eingriffe in die eigenen Entscheidungen, hält Nixdorf fest. Er gehört der Generation von gesetzlichen Betreuern an, deren Berufsleben mit der großen Rechtsreform 1992 startete. Damals, vor 25 Jahren, wurde aus dem alten Vormundschaftsrecht das heutig Betreuungsrecht. Sein Professor an der Uni - erinnert sich Nixdorf - kommentierte die neue Gesetzeslage damals mit den Worten: "Seit heute ist Entmündigung in Deutschland abgeschafft". Den gesetzlichen Auftrag setzt Nixdorf zum Beispiel so um:
"Ich lass die Leute sehr eigenständig. Er hebt weiterhin sein Geld ab. Und ich hab dann den Überblick durch die Kontovollmacht, was auf dem Konto läuft. So besprechen wir das auch immer. Wir erarbeiten einen Haushaltsplan und ich aktualisiere das jeden Monat. Und gebe immer so Hinweise: Halt, diesen Monat müssen Sie aufpassen. Aber ich verbiete ihm nicht, mehr Geld abzuheben. Das muss er selbst entscheiden."
"Betreuer ist verpflichtet, die Selbstbestimmung zu wahren und zu fördern"
"Ja, Selbstbestimmung ist ein ganz zentrales Prinzip im Betreuungsrecht, und das ist dann auch ein wesentlicher Unterschied zum früheren Vormundschafts- und Entmündigungsrecht", erklärt Dagmar Brosey, Professorin für Familienrecht an der Technischen Hochschule in Köln. 1,3 Millionen Betreuungsverfahren werden in Deutschland jährlich entschieden, und ganz gleich, in welcher Lage der Betreute ist: Über seinen Kopf hinweg darf nicht gehandelt werden, so Dagmar Brosey:
"Das heißt, der Betreuer ist verpflichtet, die Selbstbestimmung zu wahren und zu fördern: mit dem Betreuten zu kommunizieren, ihn bei seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen. Und wenn sie eben im Koma liegen oder hochgradig dement sind, wenn eben da eine Kommunikation nicht mehr möglich ist, dann hat der Mensch seinen Selbstbestimmung nicht verloren, sondern dann muss man nach dem suchen, was diese Person mutmaßlich entscheiden würde. Das heißt, dass es nicht nur darum geht, eine Entscheidung zu treffen, die vielleicht irgendwie die Beste ist, sondern die für die Person, um die es geht, die beste ist, weil sie sie selber getroffen hätte."
Damit der große Auftrag in der Praxis gelingt, braucht gesetzliche Betreuung vor allem Zeit. Doch die ist knapp bemessen. Die Justizkasse des jeweiligen Landes zahlt anfangs viereinhalb, später bei Heimbewohnern noch zwei Stunden monatlich pauschal. Das muss reichen, um mit Gläubigern zu verhandeln, Konten zu prüfen, die Betreuten dort, wo sie leben, in der Psychiatrie oder im Altenheim, zu besuchen, oder um sehr rasch eine Lösung zum Beispiel für das Leben in einer vermüllten Wohnung zu finden.
"Da ist immer die Gefahr, durch diese Arbeitsverdichtung, dass die loslaufen und dass die eben zu wenig im Bereich der unterstützten Entscheidungsfindung unterwegs sind, einfach aus Arbeitsstress heraus, "das hat man schneller selbst gemacht" als sich mit dem Betreuten da noch groß abzustimmen", befürchtet Barbara Dannhäuser. Bei der Arbeitsstelle für rechtliche Betreuung ist sie für die Betreuungsvereine beim Deutschen Caritasverband und den Sozialdiensten katholischer Frauen und Männer zuständig. Ehrenamtliche sind laut Gesetz den Berufsbetreuern vorzuziehen. Betreuungsvereine haben deshalb - neben den Betreuungen, die sie selbst führen - die Aufgabe, Ehrenamtliche zu gewinnen und zu unterstützen. Das Zeitkontingent reiche dafür schon lange nicht mehr aus. Und dass seit 2005 die Stundensätze für die beruflich tätigen Betreuer nicht mehr angehoben wurden, macht aktuell die Situation brisant.
"Die Vereinsbetreuer, das sind alles Sozialarbeiter, Sozialpädagogen. Die werden mit der Stunde 44 Euro vergütet. Und für 44 Euro kriegen Sie kein Auto mehr repariert und auch keine Waschmaschine mehr angeschlossen. Das ist einfach ein Stundensatz, der den Ausgaben, die ein Verein hat, an Personalkosten nicht entspricht. Die sind in den letzten zehn Jahren um nahezu 20 Prozent angestiegen, und das ist einfach nicht mehr abgedeckt. Und insofern pfeifen da einige aus dem letzten Loch."
820 Betreuungsvereine gibt es noch. Doch die Rechnung geht bei einigen schon nicht mehr auf. 50 Vereine stehen aktuell vor der Schließung oder mussten bereits aufgeben. Mancherorts wird schon mit Kirchensteuermitteln querfinanziert...
"Eine Zeitlang versucht man das auszugleichen: Mehrarbeit, Überstunden. Verdichtung. Mehr Fälle. Also die Mitarbeiter haben dann einfach mehr Betreuungen übernommen. Erst waren es 35, dann waren es 40, dann 45. Das ist irgendwann ausgereizt. Das geht zu Lasten der Betreuten, für die man dann deutlich weniger Zeit hat."
Berufsbetreuer fordern bessere Bedingungen
Betreuungsfachleute im sogenannten Kasseler Forum, darunter die Verbände der Berufsbetreuer sowie der bundesweit aktive Betreuungsgerichtstag, fordern schon seit Jahren bessere Rahmenbedingungen, damit Betreute nicht aus Zeitnot am Ende doch bevormundet werden. Eine zur Zeit laufende Studie zur Betreuungspraxis im Auftrag des Bundesjustizministeriums dürfte ihre Argumente stärken. Die Bundestagsabgeordnete Sabine Sütterlin-Waack von der CDU kennt die ersten Ergebnisse:
"Also ich habe daraus gelesen, dass als erstes Betreuer mehr arbeiten, als sie bezahlt bekommen. Das hilft uns natürlich, weil wir ja in einer etwas schwierigen Situation sind. Wir sind Gesetzgeber für das Gesetz, aber die Länder müssen das bezahlen, um es mal ganz platt zu sagen. Das ist natürlich eine etwas schwierige Gemengelage, und insofern hilft die Studie sehr, als dass wir jetzt repräsentative Grundlagen dafür haben, dass eben Betreuer nicht ausreichend für ihre Zeit vergütet werden."
Der politische Wille dazu sei innerhalb der Koalition da. Ein Gesetz soll in Arbeit sein. Es wäre dann zustimmungspflichtig im Bundesrat. Denn zahlen müssen die Länder, wenn die Stundesätze von derzeit 44 auf zunächst 54 Euro angehoben werden sollen.
"Darüber wird gesprochen. Das ist genau dieses Delta, was sich ergibt, hinsichtlich der Zeiten: Wenn man davon ausgeht, dass ein Berufsbetreuer pro Betreuung vier Stunden braucht und 3,3 nur vergütet werden , so dass alle davon ausgehen, dass da noch was passieren muss."
1,3 Millionen Betroffene - doch wenig politisches Interesse
Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Im September wird gewählt. Das Thema Betreuungsrecht, das 1,3 Millionen Menschen betrifft, ist kein Wahlkampfschlager. Oft bekommt rechtliche Betreuung erst Aufmerksamkeit, wenn es Probleme gibt oder Betreute gar um ihr Vermögen betrogen werden.
"Wir sind an unserem Beratungstelefon immer wieder mit Fragen des Betreuungsrechts konfrontiert. Meistens ist es dann so, wenn es denn zum Problem wird, dass ein Familienangehöriger die Betreuung innehat und allzu sehr aus der Sicht des Heimes kritische Fragen stellt und renitent wird", sagt Manfred Stegger von der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen BIVA. Ein anderer Konflikt: Die Angehörigen sind mit der gesetzlichen Betreuung unzufrieden:
"Eine typische Beanstandung ist zum Beispiel: Der Betreuer handelt eigenmächtig, stimmt sich überhaupt nicht mit uns ab. Oder: Der Betreuer hilft meiner Mutter gar nicht, sondern der hat sich mit dem Heim irgendwie geeinigt. Ein typischer Konflikt ist zum Beispiel auch, wenn ein Berufsbetreuer ein Besuchsverbot gegen einem Angehörigen ausspricht."
Stegger nennt außerdem den Fall eines Berufsbetreuers, der annähernd 100 Betreuungen geführt habe – nur noch vom Schreibtisch aus. Ihm seien die Betreuungen schließlich entzogen worden, doch zeige sich an diesem Fall, so der BIVA-Geschäftsführer, eine bedenkliche Tendenz:
"Es sind Einzelmeldungen, aber es entsteht schon ein Bild von rechtlicher Betreuung. Das spiegelt eine Verrechtlichung der menschlichen Beziehungen."
Welches Betreuungsrecht ist gewünscht? Ein reines Berufsbetreuungsrecht – nur Profis, sozusagen - oder eines, in dem Familien, Bürgerschaft und Ehrenamtliche eine Rolle spielen? Bei dieser Schlüsselfrage sehen beide, die Kritiker der Praxis und die engagierten Fachleute, dieselbe bedenkliche Tendenz Richtung einer gesetzlichen Betreuung durch Profis. Fast jede zweite gesetzliche Betreuung wird heute schon beruflich geführt. Nur noch 55 Prozent der Betreuungen werden in der eigenen Familie oder von Ehrenamtlichen übernommen.
Barbara Dannhäuser vom Betreuungsgerichtstag:"Das geht einfach nicht mehr so von alleine. Auch Familienangehörige sind einfach sehr eingebunden. Das sind oft einfach Leute in der mittleren Generation. Die haben alte Eltern und haben Kinder, wo sie noch was tun müssen. Und da kann man sich nicht drauf verlassen, dass das sozusagen so ein Alleingänger ist. "
Wenn mehr Ehrenamt und Familienbeteiligung gewollt sei, müsse auch die Arbeit auf der Hinterbühne, z.B. in den Betreuungsvereinen, gestärkt und gefördert werden.
"Betreuungsvereine stehen wirklich dafür, Familienangehörige zu unterstützen, Ehrenamtliche zu finden, die sich im Stadtteil engagieren, vor Ort mit den Menschen, da wo sie leben. Das ist bürgerschaftliches Engagement, das ist Zivilgesellschaft. Und da ist schon die Frage, was will man für ein Betreuungswesen: Will man Dienstleistungsbetreuungswesen, in dem man sich Dienstleitungen bei Fachleuten einkauft, oder will man eben, dass die Menschen vor Ort sich selbst organisieren?"
Bereits 2014 eine "kleine" Reform des Betreuungsrechts
Thorsten Steinbach legt sorgfältig Jacke und Schal ab. Das Gehen macht ihm aufgrund einer Körperbehinderung Mühe. Beim Sehen ist er auf eine sehr starke Brille angewiesen. In der Wohnküche in seiner Wohngemeinschaft nimmt er schließlich Platz und erzählt:
"Ja, ich komme grade von der Arbeit. Von den gemeinnützigen Werkstätten Rodenkirchen. Ich verpacke Dämmungen für Autos oder sortiere Kleiderbügel. Im Moment machen wir Schalldämmungen für Staubsauger. Ist eine bessere Arbeit als die Kleiderbügel zu sortieren."
Viel Geld verdient der 38-Jährige damit nicht. Seine Wohngemeinschaft wird von der Stadt Köln finanziert. Etwa jeder zweite in der WG hat einen gesetzlichen Betreuer. Thorsten Steinbach hat darüber gründlich nachgedacht - und wollte lieber keinen:
"Nein, dann kann ich selber entscheiden, was ich zum Beispiel mit meinem Geld mache. Ob ich jetzt eine Urlaubsreise damit mache, zum Beispiel nach Mallorca, oder ich war letztes Jahr auf einer Freizeit. Oder ich mir was kaufe und dann nicht erst den gesetzlichen Betreuer fragen muss."
Wann immer er Unterstützung braucht, sind die Mitarbeiter da. Selbstbestimmt leben - das ist möglich, wenn das Hilfenetz trägt. Eine ganze Generation von Menschen mit Behinderung ist anders - selbstständiger - groß geworden.
"Ich bin auch froh, dass ich das selber entscheiden kann, dass mir so keiner reinredet. Da bin ich auch froh, dass mir da keiner so reinredet, zum Beispiel wie: "Das würde dir gut passen". Dass derjenige quasi für mich entscheidet."
Gestärkt wird dieser Wunsch nach Selbstständigkeit durch eine "kleine" Reform des Betreuungsrechts. Sie wurde 2014, also in dieser Legislatur, vereinbart. In so genannten Sozialberichten muss seitdem vorab geklärt werden, ob das persönliche und öffentliche Hilfenetz nicht andere Hilfen bietet, Pflegeleistungen etwa oder ambulant betreutes Wohnen. Solche Sozialberichte sind verbindlich vorgeschrieben. Professor Dagmar Brosey:
Gesetzliche Betreuung als letztes Mittel der Wahl
Das heißt: Das Gericht muss diesen Bericht einfordern und die Betreuungsbehörde anhören. Da geht es ja eben auch um die Frage der Erforderlichkeit der Betreuung. Braucht man eine rechtliche Betreuung oder gibt es nicht auch andere Hilfen, die im Sozialsystem zur Verfügung stehen, um eine gerichtlich angeordnete rechtliche Betreuung zu vermeiden.
"Also wir haben das bei einem Fall erlebt", erläutert Bettina Seiler. Sie ist Projektleiterin bei Miteinander leben, dem Verein, der hinter der WG von Thorsten Steinbach steht. Eine gesetzliche Betreuung wurde früher bei Menschen mit Behinderungen oft fast selbstverständlich von den eigenen Eltern übernommen. Doch auch in diesen Fällen wird heute amtlich hinterfragt, ob das überhaupt nötig ist:
"Eine junge Frau bei uns hat keine gesetzliche Betreuung. Der Vater meinte aber, sie müsse eine haben, er wollte die haben. Und dann wurde ein Amtspfleger bestellt. Der kam zu uns in die Wohneinrichtung. Hat sich dann mit ihr unterhalten. Und hat danach entschieden: Nein, es ist richtig. Sie braucht keine gesetzliche Betreuung. Das fand ich sehr gut, dass dieser Schritt von Amtsseite so gemacht wurde. Ich bin damals auch noch befragt worden, auch Mitarbeiter aus der Wohneinrichtung. Also man hat sich da sehr engagiert von Amtsseite gezeigt. Und das ist für mich auch der richtige Weg. So muss es auch funktionieren."
Gesetzliche Betreuung soll das letzte Mittel der Wahl sein. Sie ist grundsätzlich nur auf Zeit eingerichtet, also befristet etwa für die Behandlungsdauer bei einem Schlaganfall, bis der Betreute wieder für sich selbst entscheiden kann. So steht es im Gesetz.
"Inwieweit das in der Praxis gelingt, ist erstmal ein Fragezeichen. Weil wir im Moment noch nicht so viele empirische Daten vorliegen haben. Und ein erhebliches Defizit an Daten haben, was die rechtliche Betreuung anbelangt", erläutert Dagmar Brosey. Als juristische Sachverständige hat sie an dem Qualitätskonzept der zurzeit laufenden Studie des Bundesjustizministeriums mitgearbeitet. Darin soll zum Beispiel geklärt werden: Wie werden die Bestimmungen in der Praxis eingelöst, und welche Fachkenntnisse haben Betreuerinnen und Betreuer aktuell: Kennen sie sich aus im Sozialrecht und Sozialsystem? Haben sie medizinische Kenntnisse oder in der Gesprächsführung, wenn die Kommunikation mit dem Betreuten schwierig ist? Die Abgeordnete Sabine Sütterlin-Waack:
"Es sind immer Grundrechtseingriffe. Das muss man immer berücksichtigen. Es sind Grundrechtseingriffe, die da vorgenommen werden und deshalb müssen wir auch eine hohe Messlatte anlegen."
Wer soll den Betreuerberuf ausüben dürfen?
Das Arbeitsfeld braucht stabile Schutz-Netze. Das betrifft auch diese Frage: Wer soll den Betreuerberuf ausüben dürfen? Zurzeit ist der Berufszugang nahezu frei. Das ist kaum zufriedenstellend.
"Wer soll das machen? Das ist jetzt die große Frage. Da gibt’s ja verschiedene Vorstellungen auch von den Verbänden. Die sagen, man muss eine Berufsausbildung haben, die mit dem ganzen Thema in Zusammenhang ist, und dann sollten da Module draufgesattelt werden. Der überwiegende Teil der Berufsbetreuer sind Sozialpädagogen. Das sind also ausgebildete Fachleute und das würde sich sicherlich anbieten."
Doch ob und wie der Zugang beispielsweise über eine Berufskammer geregelt werden könnte, wird zumindest in naher Zukunft nicht auf der politischen Tagesordnung stehen. Dabei könnten Betreuer, die ihre Aufgaben fachlich voll und ganz beherrschen, weniger anfällig sein für Betrug und kriminelle Energie, die es auch in diesem so schutzbedürftigen Arbeitsfeld gibt. Helfen würde außerdem, als Sofortmaßnahme, wenn einmal aufgefallene Betrüger oder unsauber arbeitende Betreuer nicht einfach weitermachen könnten. Bisher ist es nämlich noch so: Wer etwa in Thüringen oder Bayern von einem Gericht nicht länger als Betreuer bestellt wird, kann in einen anderen Bezirk umziehen und dort bei Gericht als Betreuer weitermachen. Ein bundesweites Register, ähnlich einer Schufa-Auskunft, gibt es für kriminelle Berufsbetreuerinnen und -betreuer nicht.
"Da fehlt natürlich das überregionale Register. Das muss gewährleistet sein, dass wir zumindest deutschlandweit so ein Register haben, dass man sagt, das geht so nicht, da werden die Leute eingetragen, die irgendwo mal aufgefallen sind."
Qualitätsfragen wie diese werden seit langem vor allem in Fachkreisen diskutiert. Und die Verbände sehen in der verbleibenden Legislatur noch Chancen für die zeitnahe politische Umsetzung.
Unterdessen haben Frank Nixdorf, der Vereinsbetreuer aus Gymnich und Achim Wenzel, der Betreute, Schritt für Schritt ganze Arbeit geleistet:
"Wir haben es hier geschafft, von einem Riesenschuldenberg zu einem Plusguthaben. Wir haben so viel erkämpfen können, durch Nachzahlung von Krankengeld, da war die Lohnsteuerklasse nicht richtig zugeordnet. Also das waren so Dinge, da konnten wir alle Schulden, fast alle zurückzahlen. Habe ich also mit ihm erarbeitet. Der Schuldenberg hat sich sehr minimiert und dadurch auch der Problemberg."
Der Mitarbeiter im Werkschutz hat seine Wohnung und seine Arbeit gehalten. Und der Abbau der Schulden führte dazu, dass Achim Wenzel heute nicht mehr bedürftig ist und für seine Betreuung sogar selbst zahlen muss. Er will ihn trotzdem noch eine Weile behalten, seinen gesetzlichen Betreuer.
"Es ist ja immer so, nach einem bestimmten Zeitpunkt muss er sagen, ob die Hilfe noch benötigt wird oder nicht. Und ich habe mir einfach nur gedacht, es kann nicht schaden, wenn ich ihn noch eine Zeitlang behalte. Weil er mir halt geholfen hat. Und auch durch die Gespräche eigentlich auch Halt gegeben hat. Ich weiß nicht, wenn ich aus der Klinik gekommen wäre und hätte ihn nicht gehabt. Und ich bin mittlerweile eigentlich, ist ja ein komisches Wort, eigentlich auf dem Weg, wo ich ihn nicht mehr bräuchte, aber – ich hab mich an ihn gewöhnt, sagen wir mal so. Ich kanns nicht anders sagen. Er weiß glaub ich selber, wie ich das meine. Ja."