Donnerstag, 18. April 2024

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Betrug mit Plagiaten
Schmähpreis für die dreistesten Fälschungen

Haushaltsgeräte, Accessoires oder Medikamente - gefälscht wird alles, was erfolgreich ist. Und das überall auf der Welt. Die dreistesten Fälschungen zeichnet jährlich die Aktion "Plagiarius" aus. Und macht damit auch auf den enormen Schaden von Produktpiraterie für die deutsche Wirtschaft aufmerksam.

Von Brigitte Scholtes | 09.02.2018
    Eine Hand hält eine plagiierte Uhr der Marke Chopard in die Kamera, darunter sind in einer Auslage zahlreiche weiterer nachgemachte Uhren zu sehen
    Nachgemachte Marken-Uhren - hier ein Plagiat der Marke Chopard - an einem Stand in Costa Calma auf Fuerteventura. (dpa / Soeren Stache )
    Die ersten drei Preise für die dreistesten Fälschungen werden nach China vergeben: der unrühmliche erste Preis geht an ein Küchen-Schneidgerät, sagt Christine Lacroix, Sprecherin der Aktion "Plagiarius", die unrühmlichen Auszeichnungen vergibt.
    "Das ist von Produktnamen, Markennamen und eins zu eins nachgemacht worden, aber leider mit billigem Kunststoff, der eben auch teilweise gesundheitsschädigende Substanzen enthält, und einfach billig ist. D.h. die Schneidwerkzeuge sind einfach sehr stumpf und brechen auch sehr leicht."
    Gefälscht wird überall auf der Welt
    Es sind aber nicht nur kleine Haushaltsgeräte, die den Schmähpreis erhalten. Denn der zweite Preis geht an einen aufblasbaren Wasserspielpark, der wohl eine sechsstellige Summe kosten dürfte: Hier wurden selbst das Werbevideo und die zugehörige Musik eins zu eins übernommen. Gefälscht werde aber überall auf der Welt, erklärt Volker Bartels, Vorsitzender des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie, da gebe es inzwischen eine Spezialisierung.
    "Wir finden zum Beispiel elektronische Artikel, Accessoires vorwiegend aus China, Kleidung auch aus der Türkei, alkoholische Getränke aus Mexiko, Medikamente oftmals aus Indien. Es gibt sozusagen einen gewissen Trend zur Spezialisierung bei den Fälschungen.
    Selbst auf der Messe "Ambiente" tauchen solche Plagiate auf. Der Zoll wird morgen wieder über die Messe gehen und dürfte weitere Artikel sicherstellen.
    Schaden von jährlich 30 bis 50 Millionen Euro
    Der Zoll hat im Jahr 2016 - das ist die letzte verfügbare Statistik - insgesamt Plagiate im Wert von 180 Millionen Euro sichergestellt. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn gefälscht werde mittlerweile alles, was erfolgreich ist, sagt Bartels.
    "Besonders kriminell, würde ich sagen, sicherheitsrelevante Bauteile wie Airbags, Bremsen, Motorsägen, Medikamente zum Beispiel, was wirklich fürchterlich ist. Da werden Medikamente verkauft, die wirklich keinen Wirkstoff oder den falschen oder zu wenig oder zu viel haben, mit Auswirkungen die ich mir gar nicht vorstellen möchte."
    Bei den Originalherstellern gehen zudem Arbeitsplätze verloren, die Bartels etwa im Bereich Bekleidung und Schuhe auf 360.000 schätzt. Der Schaden, der der deutschen Wirtschaft entsteht, wird auf 30 bis 50 Milliarden Euro jährlich taxiert, seriös lässt sich das jedoch nicht beziffern. Denn die Fälschungen aufzuspüren wird im Zeitalter des Online-Handels immer schwieriger. Denn schnell klicken Schnäppchenjäger auf Kaufen, wenn ihnen ein Angebot besonders günstig erscheint.
    "Einfach nicht blind und blauäugig einkaufen"
    Die Fälscher könne man nur in einer gemeinsamen Anstrengung zurückdrängen, glaubt Christine Lacroix von der Aktion Plagiarius.
    "An die Unternehmer der Appell, auch gewerbliche Schutzrechte anzumelden. Das heißt, wenn ich ein tolles, innovatives Produkt habe, auch die Möglichkeiten ausschöpfen. Denn wenn ich eben gewerbliche Schutzrechte habe, dann kann ich auch mit dem Zoll zusammen arbeiten, dann habe ich überhaupt eine juristische Grundlage, um die Plagiatoren zur Rechenschaft zu ziehen. Bei den Verbrauchern ganz klar einfach beim Einkaufen so ein bisschen den gesunden Menschenverstand einschalten und vor allem auch genau hinsehen. Einfach nicht blind und blauäugig einkaufen, sondern schauen: Ist der Preis realistisch? Und auch überlegen: Wen unterstütze ich denn, wenn ich so billige Fälschungen kaufe. Wo kommt der günstige Preis her? Das sind ja teilweise auch menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, die dahinter stecken."
    Und auch die Politik müsse die Handelsplattformen stärker zur Rechenschaft ziehen und sie zwingen, rechtsverletzende Angebote zu löschen.