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Beus: SMS hat ungefähr den Sicherheitsstandard einer Postkarte

Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesinnenministerium und zuständig für die Informationstechnologie und den Datenschutz, hat Investitionen im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets zum Ausbau einer sichereren Kommunikation begrüßt. Auch der elektronische Personalausweis mit Fingerabdruck diene einer größeren Sicherheit. Den Bürgerinnen und Bürgern stehe es aber jeder Zeit frei, darauf zu verzichten, betonte Beus.

Bernhard Beus im Gespräch mit Mario Dobovisek |
    Mario Dobovisek: Seine alten Handys und BlackBerrys, also die kleinen Handcomputer für mobile Kommunikation, darf Barack Obama wohl nicht behalten. Doch es gibt Hoffnungen für den bekennenden Kommunikationsabhängigen im Weißen Haus: das BarackBerry nämlich – eine Sonderanfertigung, unverwüstlich und vor allem abhörsicher. Sich E-Mails und SMS zugunsten der nationalen Sicherheit verbieten lassen, das wollte der neue US-Präsident nicht – ganz anders als seine Vorgänger Bill Clinton und George W. Bush. Und auch in Deutschland spielt die mobile Kommunikation eine wichtige Rolle: Angela Merkel gilt nicht umsonst als die SMS-Kanzlerin. Oft sieht man sie wild auf die kleinen Tasten ihres Telefons tippen. In Berlin begrüße ich Bernhard Beus, er ist Staatssekretär im Bundesinnenministerium und zuständig für die Informationstechnologie und den Datenschutz. Guten Morgen, Herr Beus!

    Bernhard Beus: Guten Morgen, Herr Dobovisek!

    Dobovisek: Wird es auch für die deutsche Regierung abhörsichere Handys geben?

    Beus: Es gibt jetzt schon abhörsichere Handys, die auch in Deutschland produziert werden, aber es wird ein neues Angebot geben in dieser Sache, und wir arbeiten daran, dass wir die bald ausliefern können.

    Dobovisek: Was heißt das, abhörsicher und noch abhörsicherer?

    Beus: Ja, es gibt ja Vorschriften, die eingehalten werden müssen, wenn man Gespräche führt mit vertraulichem Inhalt. Wir nennen das "eingestufte Gespräche". Und dafür gibt es eine Technologie, die wird vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik geprüft. Und wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, dann werden die Handys für solche Gespräche zugelassen.

    Dobovisek: Heißt das, dass Angela Merkels Kurzmitteilungen im Moment unsicher sind und es unerwünschte Mitleser geben könnte?

    Beus: Nein, das heißt das nicht. Aber die Technik entwickelt sich weiter, und ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch dieser technischen Entwicklung folgen und dann auch neue Angebote machen.

    Dobovisek: Welche Risiken bestehen?

    Beus: Ja, es bestehen im Handyverkehr generelle Risiken. Jeder, der eine SMS schreibt auf einem normalen Handy, weiß, dass das ungefähr den Sicherheitsstandard einer Postkarte hat, dass also er nicht davor geschützt ist, dass mitgelesen wird, dass möglicherweise auch das SMS verändert wird. Daraus wird dann auch deutlich, dass es sinnvoll ist, für Gespräche besonders vertraulicher Art – das gilt für die Bundesverwaltung, das gilt natürlich aber auch für große Unternehmen – eine besser geschützte Technologie einzusetzen.

    Dobovisek: Diese neuen, abhörsicheren Geräte sollen aus dem zweiten Konjunkturpaket mitbezahlt werden mit zusätzlichen 500 Millionen Euro, die der Bund in Informationstechnik investiert. Und zu diesen Investitionen zählt auch die Förderung des elektronischen Personalausweises, der 2010 eingeführt werden soll. Was ist da geplant, Herr Beus?

    Beus: Das ist richtig. Aus diesen 500 Millionen werden zunächst mal Maßnahmen für eine sichere Kommunikation finanziert, dazu gehören auch diese Handys, die Sie genannt haben. Aber wir werden auch Maßnahmen finanzieren, die dazu dienen, den Personalausweis zu produzieren und dann auch den Personalausweis ausgeben zu können. Dazu bedarf es einer Reihe vorbereitender Maßnahmen. Wir beginnen jetzt ja im Sommer mit Tests in dem Bereich, und auch das wird aus den 500 Millionen finanziert.

    Dobovisek: Kritiker bemängeln, der elektronische Personalausweis gefährde den Datenschutz – der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland und Constanze Kurz vom Chaos Computer Club zum Beispiel:

    Constanze Kurz: Es geht natürlich um die Förderung der Biometrieindustrie.

    Wolfgang Wieland: Ein uralter Traum der Kriminalisten.

    Kurz: Das ist ja auch ein legitimes Ziel, aber zu welchen Kosten? Weil diese Biometrie wird schleichend in den Alltag wachsen.

    Wieland: Dann wäre eben jeder Bundesbürger als potenziell Krimineller behandelt.

    Kurz: Die Problematik besteht natürlich darin, dass, wenn der Fingerabdruck in einer guten Qualität als digitale Information aufgenommen wird, dass er dann natürlich eventuell missbraucht werden kann.

    Wieland: Für uns Bürgerrechtler doch eher ein Alptraum.

    Dobovisek: Ist der elektronische Personalausweis auch ein Alptraum für Datenschützer, Herr Beus?

    Beus: Nein, ich denke, das ist er in keiner Weise. Man muss ja zunächst sagen, der Fingerabdruck ist optional. Das heißt, die Bürgerinnen und der Bürger entscheiden selbst, ob sie einen Personalausweis mit Fingerabdruck haben wollen oder nicht. Und ich glaube, deshalb sind schon diese Sorgen, die eben dort zum Ausdruck gebracht wurden, nicht begründet. Aber ich glaube, es ist richtig, dass wir moderne Technik auch in diesem Bereich der Ausweise anwenden und damit die Ausweise sicherer machen. Denn es ist ja so, Biometrie wird auf Dauer Bestandteil nicht nur der deutschen, sondern aller internationalen Ausweise sein. Und deshalb können und sollen wir uns dieser Entwicklung auch nicht entziehen.

    Dobovisek: Warum sollte ich mich jetzt als Bürger, wenn ich einen elektronischen Personalausweis beantrage, mich für den Fingerabdruck auf dem Personalausweis entscheiden, welchen Mehrwert hat das für mich?

    Beus: Unser Personalausweis ist ja technisch gesprochen auch ein sogenanntes Passersatzpapier. Das heißt, Sie können in viele Länder, mit denen wir Abkommen geschlossen haben, wo Sie normalerweise einen Pass benötigen würden, mit unserem Personalausweis reisen. Und das wird auf Dauer nur dann möglich sein, wenn sich diese internationale Entwicklung fortsetzt und in den internationalen Passpapieren ein biometrisches Datum erforderlich ist. Und wenn Sie dann einen Personalausweis haben, der dieses schon aufweist, werden Sie den auch weiterhin für Reisen in diese Länder verwenden können. Insofern glaube ich, ist eben ein Ausweis mit Fingerabdruck auf jeden Fall zukunftssicherer.

    Dobovisek: Wenn wir überall unsere elektronische Signatur beziehungsweise auch diese Fingerabdrücke hinterlassen – beim Einkauf im Internet, beim Arzt, bei der Bank, an der Grenze – , wer kann das am Ende noch kontrollieren?

    Beus: Ich will zum Personalausweis noch einmal sagen, der Abdruck ist ja nur in dem Ausweis selbst vorhanden. Er wird sonst nirgendwo, nachdem der Ausweis produziert worden ist, gespeichert. Das heißt, Sie selbst sind, wenn Sie diese Ausweiskarte haben, Inhaber Ihres Fingerabdrucks und Sie entscheiden auch, wo Sie Ihren Ausweis vorlegen oder nicht. Und der Fingerabdruck kann nur von öffentlichen Stellen ausgelesen werden, nicht im privaten Bereich. Ich glaube, das muss man immer wieder betonen. Und der Fingerabdruck ist in der Tat – das haben Sie ja eben selbst gesagt – etwas, was man überall hinterlässt. Also wenn jemand an den Fingerabdruck kommen will, dann nimmt er das Glas, aus dem Sie getrunken haben, und dann hat der Ihren Fingerabdruck. Es bedarf da nicht der Mühe, sich um den Ausweis zu kümmern, sondern der Fingerabdruck ist etwas, was wir im täglichen Leben ja ständig sozusagen von uns geben.

    Dobovisek: Aber welche Daten werden noch auf diesem Mikrochip sein, der sich auf dem Ausweis befindet?

    Beus: Sie können – auch nur dann, wenn Sie das wünschen –, Sie können den Ausweis in Zukunft einsetzen, um sich im Netz, im Internet zu authentifizieren, das heißt als derjenige auszuweisen, der die Daten hat, die auf dem Ausweis stehen. Das heißt, Sie können damit zukünftig viele Anwendungen im Bereich E-Commerce – also Einkaufen im Netz –, aber auch im Bereich E-Government machen, die Sie heute nicht machen können. Und ich glaube, auch das ist ein neues, wichtiges Merkmal dieses Ausweis, das aber auch nur auf Wunsch des Inhabers dort enthalten ist.

    Dobovisek: Das heißt, das klingt jetzt für mich danach, dass im Prinzip alles optional ist für mich auf diesem Ausweis. Was passiert mit denjenigen, die eigentlich alles ablehnen, da bleibt doch alles beim Alten?

    Beus: Diejenigen, die das ablehnen, haben eben einen Ausweis, der diese Möglichkeiten nicht eröffnet. Es ist so: Den Fingerabdruck können Sie später auch nicht hinzufügen, wenn Sie sich einmal dagegen entschieden haben; bei der elektronischen Identifizierung im Netz ist das jederzeit möglich, das zu ändern. Das heißt, Sie können dann sagen, ich möchte das jetzt auch nutzen, dann wird das entsprechend auf den Ausweis aufgebracht. Oder Sie können sich auch, wenn Sie es haben, entscheiden und sagen, ich benötige das nicht mehr, dann kann es wieder abgeschaltet werden.

    Dobovisek: Bernhard Beus, der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik und Staatssekretär im Bundesinnenministerium, vielen Dank für das Gespräch!

    Beus: Ja, vielen Dank auch!