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Bewegung in der Asse

Rund 126.000 Fässer mit radioaktiven Abfällen wurden unter Tage im maroden Salzbergwerk Asse abgekippt. Die Bergung des Atommülls gestaltet sich schwierig. Jetzt wird der Bau eines zweiten Schachts in Angriff genommen. Susanne Schrammar über den Schachtbau an der Asse.

Susanne Schrammar im Gespräch mit Benjamin Hammer |
    Benjamin Hammer: Möglichst billig und schnell wollte die Atomwirtschaft in den 60er- und 70er-Jahren ihren Müll loswerden: Also wurden rund 126.000 Fässer mit radioaktiven Abfällen einfach unter Tage im maroden Salzbergwerk Asse abgekippt.

    Und das, obwohl schon damals bekannt war, dass die Grube einsturzgefährdet ist und eines Tages "absaufen" könnte, wie Bergmänner es nennen. Alles andere als billig, unkompliziert und schnell gestaltet sich nun die mögliche Bergung des Atommülls.

    Immer wieder gibt es Verzögerungen, aber auch kleine Fortschritte. Und darüber sprechen wir nun mit Susanne Schrammar, sie ist unsere Landeskorrespondentin in Niedersachsen und beschäftigt sich seit Jahren mit der Asse.

    Frau Schrammar, Experten gingen bislang davon aus, dass erst im Jahr 2036 mit der Räumung der Asse begonnen werden könne. Viele Schritte seien bis dahin noch nötig, unter anderem auch der Bau eines zweiten Schachts. Das wird jetzt in Angriff genommen - inwiefern kann der Schachtbau die Räumung beschleunigen?

    Susanne Schrammar: Der zweite Schacht ist nötig, weil der bislang vorhandene Schacht einfach zu klein ist, um darüber den Atommüll wieder an die Erdoberfläche zu bringen. Die Errichtung des Schachtes wird vermutlich acht bis zehn Jahre dauern, und der eigentliche Zeitfresser ist nicht der Bau, sondern das Genehmigungsverfahren.

    Ursprünglich war geplant, erst andere Vorarbeiten für die Räumung durchzuführen, bevor dieses Verfahren eingeleitet wird. Aber um die Rückholung zu beschleunigen, wurde beschlossen, einige vorbereitende Arbeiten für den Schachtbau schon jetzt parallel in Gang zu bringen, bevor die Genehmigungen alle da sind.

    Die Asse GmbH hat jetzt damit begonnen, den Zufahrtsweg und den Bohrplatz für die Erkundungsbohrung des neuen Schachtes herzurichten – mit dem Segen der Genehmigungsbehörden. Um etliche Jahre könnte der Zeitbedarf bis zur Räumung damit vielleicht verringert werden. Den Vertretern von Bürgerinitiativen geht es dennoch nicht schnell genug, sie sagen, damit hätte man auch schon vor einem Dreivierteljahr beginnen können.
    Hammer: Immer wieder verzögert hatte sich ja auch das erste Anbohren einer Einlagerungskammer, um die Lagerungsbedingungen und den Zustand der Abfälle näher zu untersuchen. Was ist denn da eigentlich Stand der Dinge?

    Schrammar: Der Startschuss, um die Kammer 7 in 750 Metern Tiefe anzubohren, der war ja schon im Juni gefallen, knapp 28 Meter weit sollte durch den verschlossenen Kammerzugang in den Einlagerungsraum hinein gebohrt werden. Aber dann gab es erst Probleme, weil der Bohrer sich nicht so einfach durch die Kammerwände durchfressen konnte, weil die zum Teil aus sehr weichem Material, aus Bitumen, bestehen, das den Bohrer immer wieder verklebt hatte.

    Dieses Problem wurde zwar gelöst, aber selbst als die Bohrmannschaft schon fast 30 Metern vorgedrungen war, war der Hohlraum, den man dort eigentlich erwartet hatte, nichts zu finden. Das liegt vermutlich daran, dass die Kammerdecke abgesackt ist. Das Asse-Bergwerk unterliegt ja einem so hohen Gebirgsdruck, dass es dort Absenkungen von bis zu 10 Zentimetern im Jahr gibt. Und gestern haben die Asse-Experten mit einer Radarsonde nach dem Hohlraum gesucht, und jetzt werden die Aufnahmen ausgewertet, um dann erneut zu bohren.
    Hammer: Seit gestern treffen sich in Braunschweig rund 130 Asse-Experten zu einem Workshop. Dabei geht es unter anderem um die Notfallkonzepte für das marode Grubengebäude - was ist da im Ernstfall geplant?

    Schrammar: Das marode Bergwerk ist möglicherweise nur noch wenige Jahrzehnte stabil, und es besteht ja ständig die Gefahr, dass dort große Mengen von Wasser unkontrollierbar eindringen. Um zu verhindern, dass Radionuklide aus der Asse in die Umgebung geraten können, das wäre der Notfall, der Worst Case, gibt es Vorsorgemaßnahmen.

    Unter anderem sollen um die Einlagerungskammern Abdichtungsbauwerke gebaut werden, also eine Art Kammer um die Kammer oder das Topfprinzip, wie es die Experten nennen. Außerdem sollen nicht benötigte Hohlräume verfüllt werden. Heute zum Beispiel diskutieren die Endlagerexperten auch darüber, ob man nicht auch die Einlagerungskammern mit dem Atommüll darin komplett mit Beton verfüllen sollte.

    Bislang hat sich die Bürgerinitiative immer strikt dagegen ausgesprochen, weil sie befürchtet, dass dann die Abfälle nicht mehr geborgen werden können. Was am Ende bei diesem Workshop herauskommt, die Empfehlungen der Experten, wird am Freitagabend der Öffentlichkeit in einer Informationsveranstaltung vorgestellt, möglicherweise wird dann auch Bundesumweltminister Peter Altmaier dabei sein. Er hat zumindest angekündigt, noch in dieser Woche die Asse zu besuchen.

    Hammer: Und wir werden das weiter begleiten. Einschätzungen waren das zum neusten Stand in der Asse von unserer Korrespondentin Susanne Schrammar.