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BGH-Urteil
Erben dürfen auf Facebook-Konten zugreifen

Facebook-Konten sind Teil des Erbes. Angehörige von Verstorbenen haben grundsätzlich Zugriffsrecht, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Es gebe keinen Grund, digitale Inhalte erbrechtlich anders zu beurteilen als persönliche Briefe. Ein Elternpaar hatte auf Zugriff geklagt.

Von Gigi Deppe | 12.07.2018
    BGH-Richter bei der Urteilsverkündung zu Facebook-Accounts als Teil des Erbes
    Die BGH-Richter haben geurteilt: Eltern dürfen auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter zugreifen (Uli Deck/dpa)
    Wer sich bei Facebook anmeldet, schließt mit Facebook einen Vertrag. Und dieser Vertrag wird, so wie Gegenstände und andere Verträge, ganz schlicht vererbt. Also müssen Eltern Zugang zum Facebook-Account ihrer verstorbenen Tochter bekommen. Zwar könnte in einem Vertrag ausgeschlossen werden, dass so ein Account vererbt wird, sagen die Bundesrichter. Das sei aber hier nicht geschehen. Das Kleingedruckte von Facebook habe dazu nichts enthalten. Und Facebooks Regeln, nach denen ein Konto in den so genannten Gedenkzustand versetzt wird, mit denen das Konto also quasi eingefroren wird - die seien schlich unwirksam.
    Aus dem Wesen des Vertrags ergäbe sich auch nicht, so der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann, dass zum Schutz der anderen, der Chat-Partner, unbedingt nur eine bestimmte Person Zugang haben darf. Denn wenn jemand schreibt, gehe das an ein Konto. Damit sei immer noch nicht sicher, dass wirklich nur der Inhaber des Kontos die Sache liest: "Zu Lebzeiten des Berechtigten muss etwa mit dem Missbrauch des Zugangs durch Dritte gerechnet werden. Oder aber damit, dass der Kontoinhaber Dritten den Zugriff auf den Kontoinhalt gestattet oder aber auch anderweitig offenbart."
    Parallele zu Dokumenten auf Papier
    Soll heißen: Entweder klaut jemand das Passwort, oder die Facebook-Kundin erlaubt anderen, bei ihr mitzulesen. Oder sie leitet die Nachricht sogar an einen Dritten weiter. Die Richter ziehen die Parallele zu Dokumenten auf Papier: "So werden analoge Dokumente wie Tagebücher und persönliche Briefe ohne weiteres vererbt. Es besteht aus erbrechtlicher Sicht kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln."
    Im konkreten Fall hat es sich für die Eltern des Mädchens, das 2012 auf einem Berliner U-Bahnhof ums Leben kam, gelohnt, bis zum obersten deutschen Zivilgericht zu ziehen. Sie können jetzt überprüfen, ob ihr Kind gemobbt wurde oder ob es in ihrem Facebook-Account sonst irgendwelche Hinweise auf Selbstmord gab. Sie können diese Erkenntnisse auch verwenden in einem anderen Prozess. Der Fahrer der U-Bahn hat sie nämlich als Erben der Tochter auf Schmerzensgeld verklagt: Das Mädchen habe ihren Tod bewusst herbeigeführt und ihn damit geschädigt. Gibt es bei Facebook keine Anhaltspunkte dafür, könnten die Eltern diese Klage immerhin etwas leichter abwehren.
    Bedeutung auch für E-Mail-Konten
    Bedeutung hat das Urteil aber nicht nur für Facebook, sondern auch für ganz reguläre E-Mail-Konten. Damit ist gesichert, dass Erben an die E-Mail-Konten des Verstorbenen herankommen dürfen. So die Fachanwältin für Erbrecht, Stephanie Herzog: "Man muss einfach damit rechnen, dass das nach dem Tod an die Erben geht. Das kann ja im Digitalen nicht anders gelten als sonst auch."
    Angehörige müssten bei der Abwicklung eines Erbfalls an die notwendigen Informationen kommen. Und die gäbe es zunehmend nur auf irgendwelchen E-Mail-Konten. Die müssten daher unbedingt vererbt werden können.