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Bietergefecht um Alstom
Hitziger Wettkampf um die Gunst des Élysée

Im Bieterkampf um den französischen Technik-Konzern Alstom lassen weder der US-Riese General Electric noch die Allianz aus Siemens und Mitsubishi locker. Bis Montag will GE eine Antwort auf sein neues Angebot. Doch die französische Regierung, die ein Veto-Recht hat, lässt sich Zeit mit ihrer Entscheidung. Das Spiel könnte in die Verlängerung gehen.

Von Michael Watzke | 20.06.2014
    Ein Mann in einer Industriehalle ist von hinten zu sehen. Auf seinem T-Shirt steht der Aufdruck "Alstom".
    Die Produktionsstätte des TGV und anderer Bahnen von Alstom in La Rochelles. (picture alliance / dpa / Paul Boursier)
    Bei der Fußball-WM in Brasilien spielt Deutschland nächste Woche gegen die USA. Wenn sich diese Partie so entwickelt wie die Alstom-Übernahme-Schlacht zwischen Siemens und General Electric, dann wird es eine Partie mit schnellen Kontern, überraschenden Spielzügen und spannend bis zum Schlusspfiff.
    Erst gestern besserte General Electric sein Angebot für die Übernahme des französischen Technik-Konzerns Alstom deutlich nach – als Reaktion auf die letzte Siemens-Offerte. Die Amerikaner boten plötzlich an, – ähnlich wie Siemens - ihre Bahnsignaltechnik an Alstom abzugeben, um dessen Schienengeschäft zu stärken. Außerdem will GE mit Alstom drei Gemeinschaftsunternehmen im Energiesektor gründen, bei denen beide Konzerne jeweils die Hälfte der Anteile halten. Die Hauptquartiere in den Bereichen Energienetze, Offshore-Windanlagen, Wasserkraft und Dampfturbinen sollten in Frankreich angesiedelt sein. Und GE–Chef Jeff Immelt räumt der französischen Regierung sogar eine Art "Veto-Recht" im Atomsektor ein.
    Doch auf den massierten Flügel-Angriff des US-Teams reagiert die deutsche Siemens-Mannschaft unter Teamchef Joe Kaeser mit einem klassischen Konter.
    Die Deutschen, die sich durch den japanischen Mittelfeldspieler Mitsubishi Heavy Industries verstärkt haben, zeigen einen erstaunlichen Drang zum Tor. Siemens erhöht den Bar-Anteil seiner Offerte um 1,2 Milliarden auf 8,2 Milliarden Euro. Die Gesamtbewertung des Energiegeschäfts von Alstom steigt damit um 400 Millionen Euro auf insgesamt 14,6 Milliarden, teilte Siemens mit. GE bewertet Alstoms Energiegeschäft weiterhin mit 12,35 Milliarden Euro. Zwar ist es schwierig, die beiden Offerten direkt zu vergleichen, weil sie unterschiedlich ausgestaltet sind – oder, um im Fußball-Bild zu bleiben, weil die Amerikaner ganz anders aufgestellt sind als die Deutschen.
    Die GE-Offerte steht bis Montag
    Und doch zeigt der schnelle Tempo-Gegenstoß der Siemens-Mannschaft, dass Joe Kaeser in der Alstom-Übernahme-Schlacht nicht mehr mauert, sondern offensiv auf Sieg spielt. Denn Kaeser weiß, dass er noch einen Joker-Spieler auf der Bank hat: die französische Regierung. Schon heute Nachmittag trifft der Siemens-Chef erneut mit François Hollande zusammen. Der französische Präsident habe zu dem Treffen eingeladen, um über die neue Situation zu sprechen, sagte Kaeser heute Morgen in einer Telefon-Konferenz. Zwar ist Mitsubishi-Chef Shunichi Miyanaga schon wieder zurück in Japan, doch Kaeser werde die Interessen des deutsch-japanischen Konsortiums vertreten.
    Das Match Siemens gegen General Electric dürfte an diesem Wochenende in die entscheidende Phase gehen. Die GE-Offerte steht bis zum Montag. Die Bieter müssen aber nicht nur den Verwaltungsrat von Alstom für sich gewinnen, der bisher eher zu General Electric tendiert, sondern auch die Regierung in Paris. Die hatte sich kurz vor der heißen Phase des Bieter-Wettbewerbs noch ein Vetorecht bei Übernahmen gesichert.
    Das WM-Vorrunden-Spiel Deutschland gegen USA findet nächsten Donnerstag statt, dauert maximal 90 Minuten und kann auch unentschieden ausgehen. Das Spiel Siemens gegen General Electric dagegen wird einen Sieger haben. Es könnte aber in die Verlängerung gehen.