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Obamas Umgang mit der Presse

Der neue Präsident und seine Anhänger sind keine Freunde der freien Presse. Kein Wunder, dass auch in Deutschland Presse und Rundfunk Barack Obama so manche Träne nachweinen. Der ehemalige Präsident ist eben smarter und gebildeter als sein Nachfolger. Dabei hatten die Medien auch unter Obama wenig zu lachen.

Von Sören Brinkmann | 21.01.2017
    US-Präsident Barack Obama bei seiner letzten Pressekonferenz im Weißen Haus.
    US-Präsident Barack Obama bei seiner letzten Pressekonferenz im Weißen Haus. (AFP - Yuri Gripas.)
    "I have enjoyed working with all of you."
    Ob er es wirklich immer so sehr genossen hat, mit den Journalisten umzugehen, darf doch ein bisschen bezweifelt werden. Auch, wenn sich gerade in Deutschland – aber nicht nur hier – zum Abschied noch manche Schlagzeilen überschlagen.
    "Ein Bild von einem Präsidenten", "Mr. Cool" und "Der beliebteste Präsident der Promis", heißt es da. Und immer schwingt die Botschaft mit, dass ein Großer das Weiße Haus verlässt, bevor nun der Horror einzieht. Es kommt Einiges auf uns zu mit dem Neuen an der Spitze der US-Politik – und wie sehr werden wir uns zurücksehnen nach einem Präsidenten Barack Obama.
    Das liegt an einer einfachen menschlichen Logik: dass nämlich im Rückblick vieles positiv verklärt wird. Und bei Barack Obama begann diese Verklärung schon während seiner acht Jahre im Weißen Haus. Das gilt auch und vor allem mit Blick auf seine Medienpolitik:
    "The freedom of the press. America needs you and the democracy needs you. Essential to that is a free press."
    Viele Anklagen gegen Whistleblower
    Man sollte sich erinnern, dass es in Obamas Amtszeit mehrere Anklagen und Urteile gegen Whistleblower gab. Mehr als unter allen seinen Vorgängern.
    "The freedom of the press. America needs you and the democracy needs you. Essential to that is a free press."
    Der bekannteste Fall: Chelsea Manning:
    "Let's be clear. Chelsea Manning has served a tough prison sentence."
    Das ursprüngliche Strafmaß von 35 Jahren Haft sei im Vergleich zu anderen Urteilen gegen Whistleblower nicht verhältnismäßig gewesen, sagte Obama bei seiner letzten Pressekonferenz. Er hat es verkürzt. Doch er sei überzeugt, dass trotzdem ein Zeichen gesetzt wurde.
    "I feel very comfortable, that justice had been served and a message has been sent when it comes to our national security."
    Es fiel auch in Obamas Amtszeit, dass Edward Snowden ein weitreichendes und umfassendes Überwachungsprogramm der US-Geheimdienste öffentlich gemacht hat – und er deshalb seine Heimat verlassen musste.
    Der "New York Times"-Reporter und Pulitzer-Preisträger James Risen jedenfalls macht sich Sorgen. Er selbst stand vor Gericht, weil er beharrlich seine Quellen geschützt und nicht offengelegt hat. Eine journalistische Selbstverständlichkeit und notwendig, um die wichtigen Fragen zu stellen.
    "You're supposed to ask me tough questions."
    Doch ohne allzu viele Fragen zu beantworten, setzten die USA ihre Kämpfe in Krisenländern wie Afghanistan, Pakistan oder dem Jemen fort. Und die Zahl der Drohnen-Einsätze dort hat sich nach Informationen der "New York Times" in der Amtszeit Obamas verzehnfacht.
    "The freedom of the press. America needs you and the democracy needs you. Essential to that is a free press."
    Gerade jetzt kommt James Risen zu der Einschätzung, dass die Obama-Regierung einen soliden Grundstein gelegt habe für mögliche weitere Repressionen: sei es, dass Informanten ins Gefängnis geworfen werden, weil sie Kontakt zu Reportern suchen oder dass Journalisten ausspioniert werden.
    "The freedom of the press. America needs you and the democracy needs you. Essential to that is a free press."
    Schwarz-Weiß-Malerei stimmt nicht
    Natürlich: Barack Obama hat sich fast immer besonnen, eloquent und smart gezeigt und kann sich Erfolge zuschreiben lassen. Der Umgang mit der Finanzkrise, die Entspannungspolitik gegenüber Kuba, das Atomabkommen mit dem Iran oder die Gesundheitsreform, durch die Millionen von Amerikanern erstmals eine Krankenversicherung haben. Natürlich erinnert er bei seiner letzten Pressekonferenz an alle diese Punkte.
    Nun folgen Sorgen um eine NATO, die instabiler werden könnte, die Angst vor neuen Handelsschranken - insbesondere in der Exportnation Deutschland -, Unberechenbarkeit.
    Aber war alles gut? Und wird nun alles schlecht? Es ist doch gerade diese Schwarz-Weiß-Malerei, die Populisten – zu Recht – so oft vorgeworfen wird. Die amerikanischen Interessen wurden auch schon unter Präsident Obama hochgehängt.
    Und zum positiven Obama-Bild trägt wohl auch bei, dass sowohl sein Vorgänger als auch sein Nachfolger im Ansehen so schlecht dastanden und –stehen. Während der Friedensnobelpreisträger die Welt doch nur besser machen wollte:
    "I think that the world gets a little better each time. And that is what this presidency is all about."
    Die Presse hat ein gutes Stück weit daran mitgearbeitet, dieses positive Bild zu zeichnen. Vielleicht galt dafür der Dank.
    "Thank you very much, press corps. Good luck!"