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Bildungsetat
"Insgesamt ein gutes Ergebnis für die Bildung"

Stärkung der Forschung, Ausbau des Studienplatzangebotes - der höhere Bildungsetat freut den bildungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst-Dieter Rossmann. Im Deutschlandfunk kritisierte er jedoch, dass der Bund 2016 aus der Finanzierung der Ganztagsschulen aussteigen wird.

Ernst-Dieter Rossmann im Gespräch mit Sandra Pfister |
    In der Dorfschule in Görzig nahe Beeskow schreibt ein Mädchen im Unterricht das Wort "Schule" in ihr Heft.
    In der Dorfschule in Görzig nahe Beeskow schreibt ein Mädchen im Unterricht das Wort "Schule" in ihr Heft. (ure alliance / dpa)
    Sandra Pfister: Neun Milliarden für die Bildung kann das Bundesbildungsministerium bis 2018 ausgeben. Das kann Johanna Wanka, die Bundesbildungsministerin, als Triumph verkaufen, und sie tut es auch. Zwar geht ein großer Teil des Geldes dafür drauf, dass der Bund den Ländern das BAföG abnimmt, aber trotzdem bleibt unterm Strich ein höherer Bildungsetat. Dieses Geld war genau Thema heute im Bundestag, und deshalb sind wir jetzt mit Ernst-Dieter Rossmann verbunden, dem bildungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion. Guten Tag, Herr Rossmann!
    Ernst-Dieter Rossmann: Schönen guten Tag!
    Pfister: Herr Rossmann, der Bildungsetat wird im kommenden Jahr steigen, um achteinhalb Prozent, das sind so die Zahlen, die man schon vorher wusste. Ist das jetzt viel oder wenig Geld?
    Rossmann: Das ist natürlich viel Geld. Es wird der Etat für Bildung und Forschung steigen, das müssen wir immer beides zusammen sehen. Er steigt vor allen Dingen darüber, dass wir als Bund uns ja bereit erklärt haben, die BAföG-Mittel, die bisher auch in Teilen, nämlich zu einem Drittel von den Ländern finanziert worden sind, in Zukunft alleine mit zu übernehmen, und darüber den Ländern einen gehörigen Spielraum zu öffnen, ihrerseits mehr dann für Bildung zu tun. Und so ist es insgesamt ein gutes Ergebnis für die Bildung. Wirklich mehr Geld auch zum freien Ausgeben für Bildung und Forschung im Bundeshaushalt bekommen wir vor allen Dingen in den Haushaltsjahren 2016, -17, -18.
    Pfister: Bleiben wir mal kurz bei 2015. Sind die Schwerpunkte inhaltlich so gesetzt, wie Sie es gut finden, wofür der Bund das Geld ausgeben möchte?
    "Kleine Neuentwicklungen eingeleitet"
    Rossmann: Wir finden es gut, dass ein klarer Schwerpunkt neben der Stärkung unserer Forschung auch über die sogenannte Hightech-Strategie, also die Strategie, die Wissenschaft und auch die gesellschaftlichen Bedürfnisse und die wirtschaftlichen Erfordernisse zusammenzubringen, sich vor allen Dingen wiederfindet in einer Priorität für berufliche Bildung, bei der die ganze Regierung sich engagiert, aber wir eben im Bildungsbereich vor allen Dingen mit den sogenannten Bildungsketten oder Bildungsbrücken von der Aufstiegsfortbildung bis hin zur assistierten Ausbildung, die wir verstärken wollen. Wir finden es gut, dass auch Akzente neu gesetzt werden im Bereich der Grundbildung, wo wir die Mittel jetzt auf fast 20 Millionen erhöhen konnten. Es werden auch kleine Neuentwicklungen eingeleitet, die aber in Zukunft große Bedeutung bekommen werden, wie in der ganzen digitalen Bildung und der Entwicklung von offenen Lehr- und Lernmitteln. Von daher haben wir sowohl im Bildungsbereich wie im Forschungsbereich wichtige Akzente setzen können. Besonders wirksam ist natürlich das, was jetzt noch gar nicht kurzfristig im Haushalt sich niederschlägt, nämlich der weitere Ausbau der Studienplatzangebote. Die Ministerin hat mit Recht darauf hingewiesen, dass wir dort jetzt aber auch schon für 200 Millionen zusätzlich etwas finanzieren, weil wir aktuell die großen zusätzlichen Studienanfängerzahlen haben. Aber das wächst sich bis 2023 auf ein Gesamtvolumen von 25 Milliarden zusätzlich aus, und das sind natürlich wirklich historische Entscheidungen, die noch im Dezember zwischen dem Ministerpräsidenten und der Kanzlerin ganz förmlich auch abschließend beschlossen wurden.
    Pfister: Wie sehr ärgern Sie sich, Herr Rossmann – das war das eine, das Positive –, wie sehr ärgern Sie sich, dass ausgerechnet das Bildungsministerium aus seinem Etat 100 Millionen abheben muss für das Betreuungsgeld?
    Rossmann: Darüber ärgern wir uns so, dass ja nicht zuletzt durch massive Intervention der SPD, unseres Vizekanzlers Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel erreicht worden ist, dass dieses in Zukunft so nicht mehr geschehen wird. Weil die sogenannte, technisch gesprochen, globale Minderausgabe die Belastung durch das Betreuungsgeld in Zukunft vom Finanzministerium getragen wird und nicht mehr auf die einzelnen Ressorts heruntergebrochen wird, sodass wir dort auch noch einen zusätzlichen Spielraum in den Haushalten 2016, -17, -18 bekommen und die Bildung nicht mehr mit dem aus unserer Sicht nicht glücklichen Betreuungsgeld belastet wird.
    Pfister: Gucken wir noch mal eben aufs Ganztagsschulprogramm. Dafür gibt es im kommenden Jahr noch Geld vom Bund, 2016 aber gar nichts mehr. Bislang gab es ja zumindest noch viereinhalb Millionen Euro für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, die viele Ganztagsschulprogramme koordiniert. Finden Sie es nicht falsch, dass der Bund die Länder damit jetzt völlig alleine lässt?
    Wenn der Esel nicht will, dann will er nicht
    Rossmann: Das finden wir falsch. Aber, wie unser Sprecher, der Christian Schultz gesagt hat, wenn die SPD eine absolute Mehrheit hätte und ein weiteres 16 Prozent dazu von den Grünen gekommen wären, dann hätten wir mit einer Zweidrittelmehrheit die Verfassung im Bundestag und hoffentlich auch im Bundesrat so ändern können, dass auch der Bund die schulische Bildung mit fördern darf. Das darf er aktuell nicht, da konnten wir uns leider nicht durchsetzen, und das Ministerium hat jetzt, wie wir finden, leider, gesagt, sie wollen dort noch eine Übergangsfinanzierung mit zulassen. Die Übergangsfinanzierung haben wir durch den parlamentarischen Einfluss zusammen mit unseren Partnern von der CDU/CSU noch mal verbessern können. Aber in Zukunft gibt es nur noch Begleitforschung. Es gibt keine Unterstützung mehr der sogenannten Servicestellen, es gibt keinen vom Bund aus wesentlich mit geförderten Kongress dazu. Wir finden, das ist bitter, das ist eine tragische Geschichte, die sich in Sachen Ganztagsschulunterstützung leider entwickelt hat, aber ich darf jetzt mal sehr einfach mit den Worten einer guten alten Tante von mir: Wenn der Esel nicht will, dann will er nicht. Und wir müssen das einfach hinnehmen, dass wir dieses noch erreichen konnten, und mehr war nicht da, weil speziell die CSU schon in den Koalitionsverhandlungen gesagt hat, dass sie das nicht mitmachen will.
    Pfister: Es war Teil Ihres Gesamtkonzeptes in den Koalitionsverhandlungen, dass Sie gesagt haben, Sie wollen unbedingt einen Masterplan für gute Ganztagsschulen. Hat nicht funktioniert. Ernst-Dieter Rossmann haben Sie gerade gehört, den bildungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion. Für das Ganztagsschulprogramm gibt der Bund ab 2016 kein Geld mehr. Wir haben auch über den Bildungsetat im Allgemeinen gesprochen. Danke Ihnen, Herr Rossmann!
    Rossmann: Okay.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.